Julia Extra Band 0345
Lärm blieb draußen. Zoe war vor ihm zurückgewichen und starrte ihn an wie ein verängstigter Vogel. Sie hatte die faszinierendsten blauen Augen, die er je gesehen hatte, und volle erdbeerrote Lippen. Ein dumpfes Pochen setzte sich in seinem Unterleib in Gang, doch er ignorierte es – er ärgerte sich sogar, dass er in einer solchen Situation sexuelle Erregung verspürte.
„Entschuldigung, dass ich mich uneingeladen in Ihr Haus dränge“, sagte er ernst, „aber ich halte es für besser, die Angelegenheit ohne Zeugen zu besprechen.“
Zoe sagte nichts, sah Anton nur an mit diesen unglaublichen Augen und blinzelte. Unverschämt lange goldbraune Wimpern senkten und hoben sich. Und sie hielt dieses seltsame rote Kleidungsstück über der Brust zusammen, als wäre es das Einzige, was sie noch aufrecht hielt.
„Erlauben Sie mir, mich vorzustellen. Ich bin …“
„Ich weiß, wer Sie sind“, wisperte sie bebend.
Er war der Mann, über den die Medien ebenso hergefallen waren wie über sie und den Theo Kanellis auf den Platz gehoben hatte, der ihrem Vater Leander zugestanden hatte.
„Sie sind Anton Pallis.“ Theo Kanellis’ Adoptivsohn und Erbe.
2. KAPITEL
Anton konnte die Verachtung in ihren Zügen sehen. Er versuchte es mit einem Lächeln.
„Sie haben also schon von mir gehört.“
Ihr vernichtender Blick würgte sein Lächeln sofort ab. „Ich müsste sowohl taub als auch blind sein, wenn mir Ihr Name nicht geläufig wäre, Mr Pallis.“ Sie drehte sich abrupt um und ging weiter ins Haus hinein. Dabei überließ sie es ihm, ob er ihr folgen wollte.
Theo, hierfür bist du mir was schuldig, dachte Anton grimmig und sah sich genauer um. Das Haus war wie das typische viktorianische Reihenhaus klein und schmal und, so weit er sehen konnte, behaglich eingerichtet. Dennoch, hätte er sich je gefragt, wie Leander Kanellis nach der Flucht aus Griechenland wohl leben mochte – das hier hätte er sich niemals vorstellen können.
Zoe war durch die Tür am Ende des Korridors verschwunden. Er ging ihr nach und fand sie in der überraschend großen Küche, die scheinbar gleichzeitig als Wohnraum diente – in einer Ecke standen ein Sofa, mehrere Sessel und ein Fernsehgerät. Auf dem Couchtisch lagen verschiedene Zeitungen und Zeitschriften, und daneben stand eine Wiege, in der aber kein Baby lag.
„Er schläft oben.“
Sie hatte seinen Blick also bemerkt. Anton drehte sich zu ihr um und wollte sie fragen, ob mit dem Jungen alles in Ordnung sei, doch sie kam ihm zuvor.
„Der Zirkus, den die Medien da draußen veranstalten, stört ihn, wenn er hier unten schläft, vor allem, wenn ständig die Hausklingel läutet. Deshalb habe ich ihn oben für den Vormittagsschlaf hingelegt. Im Zimmer auf der Hinterseite des Hauses hat er mehr Ruhe.“
„Warum rufen Sie nicht die Polizei, um die Leute von Ihrer Tür entfernen zu lassen?“
Sie starrte ihn an, als wäre er soeben von einem fremden Planeten gelandet. „Wir sind nicht die königliche Familie, Mr Pallis! Die Polizei sagt, sie kann nichts tun. Entschuldigen Sie mich einen Moment.“
Mit dem Gefühl, für eine extrem dumme Frage zurechtgewiesen worden zu sein, sah er ihr nach, wie sie zur Hintertür hinaus verschwand. Einen Moment lang glaubte er, sie würde sich absetzen und ihn hier einfach stehen lassen. Durch das Fenster beobachtete er, wie sie durch den kleinen Garten auf ein hölzernes Gartentor zuging und es verriegelte.
Vielleicht hatte er den Rüffel sogar verdient, denn wie es aussah, musste sie sich tatsächlich verbarrikadieren. Allerdings drängte sich ihm sofort die Frage auf, wer noch schnell zum Hinterausgang hinausgeschlüpft war, während Zoe ihn vorn eingelassen hatte. Etwa ein Mann?
Aus einem unerfindlichen Grund wollte er nicht genauer darüber nachdenken. Die Vorstellung, wie Zoe Kanellis noch zehn Minuten vor seiner Ankunft in den Armen ihres Liebhabers gelegen hatte, stieß ihm seltsam auf. In den Plänen, die er für sie hatte, war nicht vorgesehen, einen Lover loswerden zu müssen.
Zoe nutzte die Zeit draußen, um sich zu sammeln. Der Schock, ausgerechnet Anton Pallis vor der Türschwelle stehen zu sehen, war schlimm genug gewesen, aber dass seine Stimme genau wie die ihres Vaters klang, hatte ihr die Tränen in die Augen getrieben. Reichte es nicht, dass er in die Schuhe ihres Vaters geschlüpft war?
Sie ließ sich Zeit und nahm noch die Wäsche ab, die sie am Morgen zum Trocknen auf die Leine gehängt hatte. Vor Anton Pallis
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