Julia Extra Band 0345
durfte sie keinesfalls verwundbar erscheinen. Sie musste die Kraft finden, um jegliches Angebot eiskalt abschmettern zu können.
Oh Dad, dachte sie verzweifelt. Sie wünschte, er wäre jetzt hier, um ihr zu helfen. Ihr wunderbarer Vater mit seiner gütigen Art und seinem stillen Stolz. Er hätte gewusst, wie man mit Typen wie Anton Pallis umging, und ihre Mutter hätte ihm zur Seite gestanden.
Als sie in die Küche zurückkehrte, stand Anton Pallis noch immer an derselben Stelle und ließ gerade ein Handy in seine Jacketttasche gleiten. Alles an Anton Pallis war vollendet bis zur Perfektion: Der anthrazitfarbene Maßanzug betonte seine Statur, seine markanten Züge ergänzten sich vortrefflich mit dem glänzenden schwarzen Haar und dem glatt rasierten Kinn, das wie gemeißelt wirkte.
Er sah auf und ertappte Zoe dabei, wie sie ihn musterte, und sie fühlte ein seltsames Prickeln auf ihrer Haut.
„Ich habe Sicherheitsleute für Sie engagiert, um die Reporter auf Abstand zu halten.“
„Oh, gut.“ Sie legte die Wäsche auf dem Küchentisch ab. „Dann werden Toby und ich also bei unserem nächsten Spaziergang von bulligen Schlägertypen begleitet statt von der Presse. Toll!“
Ihr Ton reizte ihn, das konnte sie merken. Sie begann damit, die Wäsche zusammenzulegen.
„Kann ich noch etwas für Sie tun?“
Es war eine ernst gemeinte Frage, auch das entging ihr nicht. „Ich wüsste nicht, was Sie bereits für mich getan hätten, aber“, sie zuckte mit den Schultern, „ich habe ja auch nicht darum gebeten. Möchten Sie vielleicht einen Kaffee, bevor Sie loslegen?“
Anton kniff leicht die Augen zusammen. Offenbar hatte er sich mit seinem Urteil über sie geirrt. Die Trauer mochte körperliche Spuren hinterlassen haben, aber Zoe Kanellis war alles andere als zerbrechlich. Wahrscheinlich mochte sie ihren Großvater ebenso wenig wie ihn. Wenn sie wirklich so intelligent war, wie die Gerüchte besagten, dann wusste sie vermutlich längst, weshalb er gekommen war und bereitete sich für die Schlacht vor.
„Ihr Großvater …“
„Stopp!“ Sie legte den blauen Strampler wieder zurück und schickte einen vernichtenden Blick in Antons Richtung. „Erst sollten wir eines klarstellen, Mr Pallis. Die Person, die Sie als meinen Großvater bezeichnen, bedeutet mir nicht das Geringste. Wenn Sie diesen Mann dann bitte nur beim Namen nennen würden …? Oder am besten erwähnen Sie ihn gar nicht!“
„Nun, damit wäre dann der Anlass für unser Gespräch von vornherein hinfällig“, meinte er ironisch.
Mit einem gleichgültigen Schulterzucken wandte sie sich wieder dem Wäschezusammenlegen zu. Anton studierte Zoe eine Weile und überlegte seine weitere Vorgehensweise. Natürlich hatte er damit gerechnet, dass es nicht einfach werden würde.
„Ich hatte eigentlich einen Anwalt erwartet.“
„Ich bin Anwalt.“ Er war froh, dass sie ihm eine Möglichkeit geboten hatte zu antworten. „Obwohl ich selten Gelegenheit habe zu praktizieren.“
„Zu beschäftigt, den mächtigen Tycoon zu spielen?“
Er entspannte sich so weit, dass er lächeln konnte.“ Ich bin nie lange genug an einem Ort, um die notwendige Zeit aufzubringen. Sie haben sich der Astrophysik verschrieben, wie ich gehört habe. Das ist sehr viel beeindruckender.“
„Hatte“, korrigierte sie ihn, „und bevor Sie mir erzählen, dass es die perfekte Lösung gibt, damit ich mein Studium wieder aufnehmen kann … Meinen Bruder überlasse ich niemandem, auch nicht für einen Koffer voller Gold!“
„Das hatte ich gar nicht vor. Ich wollte auch nichts erklären, was Sie sicherlich bereits wissen.“
„Nämlich?“
„Dass Sie auf Unterstützung durch staatliche Stellen Anspruch haben, um für Ihren Bruder sorgen zu können und das Studium fortzusetzen. Der Anwalt in mir weiß auch, dass Sie nicht mit Ihrem Bruder hier in diesem Haus wohnen bleiben können. Es ist noch mit einer Hypothek belastet.“
Sie sah zu ihm hin. Erstaunlich, er stand da und redete völlig gelassen über ihr Leben, als ginge es ihn etwas an. „Hat Ihr Boss Ihnen gesagt, dass Sie das erwähnen sollen?“
„Mein Boss?“
„Theo Kanellis – der Mann, der Ihnen den großartigen Start ermöglicht hat, damit er Sie jetzt als Laufbursche benutzen kann.“
Immerhin konnte sie den kleinen Triumph auskosten, seine Nasenflügel aufblähen zu sehen. „Ihr Großvater ist ein alter kranker Mann, der nicht mehr reisen kann.“„Aber nicht zu alt und nicht zu krank, um seinen
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