Julia Extra Band 0349
Gesicht.“
„Das brauche ich nicht zu beweisen. Ich habe sowohl ein erfolgreich abgeschlossenes Studium als auch einen Job!“ Sie klang triumphierend.
„Einen so gut bezahlten Job, dass Sie in der Businessclass nach New York fliegen können? Ich bin beeindruckt.“
Verlegen wandte sie den Blick ab. „Die Reise war ein Geschenk meiner Eltern.“
„Der Job auch?“, fragte Rafael boshaft.
„Nein!“
„Ach, Sie haben das übliche Bewerbungsverfahren absolviert.“
Libby wurde rot. „Der Herausgeber der Zeitung, für die ich arbeite …“
„Ich wusste nicht, dass ich mit einer Journalistin rede“, unterbrach er sie spöttisch.
„Na ja, es ist nur ein regionales Gratismagazin“, gab sie kleinlaut zu. „Ich schreibe über so weltbewegende Themen wir Gemeindefeste, Schultheater und Fußballturniere der Knirpse. Mein Großvater hat die Zeitschrift gegründet. Er wollte etwas für seine Heimatgemeinde tun.“
„Wie löblich! Aber Sie hatten gegenüber Ihren Mitbewerbern einen unverdienten Vorteil, weil Sie ja …“
„Schon gut, Sie brauchen nicht darauf herumzuhacken! Es gab keine Konkurrenz, und ich musste natürlich kein Bewerbungsverfahren durchlaufen, wie Sie ganz richtig vermutet haben.“ Libby funkelte ihn an. „Mike, der Herausgeber, kennt mich seit meiner Kindheit. Er wusste also auch, dass ich Englische Literatur studiert habe und den Job mit links erledigen kann.“
„Habe ich recht mit der Annahme, dass Mike mit Ihrem Vater Golf spielt?“, vermutete Rafael freundlich.
„Woher wissen Sie das?“, fragte sie verblüfft.
Er lachte herzlich. „Ich habe einfach geraten. Haben Sie sich jemals um irgendetwas bemüht?“, fragte er dann. „Sich ohne Netz und doppelten Boden bewegt und eine Herausforderung angenommen?“
„Schon oft!“, rief sie, empört über den herablassend amüsierten Ton.
„Zum Beispiel mit einem Job, den Sie mit links erledigen?“
Dass er ihre eigenen Worte gegen sie verwendete, machte sie noch wütender, aber sie konnte sich nicht wehren, denn schon wieder hatte er recht.
„Das habe ich doch nicht wörtlich gemeint“, erklärte sie lahm.
„Wird Ihnen nie langweilig, Miss Marchant?“
Nun reichte es ihr. „Na schön, ich wohne also noch zu Hause“, rief sie unbeherrscht. „Und ich habe keinen weltbewegenden Job. Aber es gibt Wichtigeres im Leben als Geld, und soviel ich weiß, ist ein Mangel an Ehrgeiz nicht strafbar.“
„Sie mussten noch nie für etwas arbeiten, oder?“, fragte Rafael kühl. „Ihnen wurde alles von Ihren Eltern …“
„Sie können sich über mich lustig machen, soviel Sie wollen“, unterbrach Libby ihn. „Aber lassen Sie gefälligst meine Eltern aus dem Spiel. Es ist doch verständlich, dass sie sich besonders um einen sorgen, wenn man als Kind beinah mehr Zeit im Krankenhaus als zu Hause verbracht hat.“
Warum nur habe ich ihm das jetzt erzählt? fragte sie sich sofort. Es ging ihn doch überhaupt nichts an.
„Sie waren als Kind krank?“
„Ja. Ich hatte schlimmes Asthma, das schwer zu behandeln war. Seit der Pubertät leide ich zum Glück nicht mehr daran. Es hat sich sozusagen ausgewachsen.“
„Das freut mich für Sie“, meinte er und kam auf das eigentliche Thema zurück. „Wenn Sie mein Angebot annehmen, hier zu arbeiten, und wenn Sie Potenzial zeigen und mir beweisen, dass Sie Fähigkeiten als Geschäftsfrau besitzen, dann bin ich bereit, Ihrem Vater fürs Erste den Kredit zu stunden und später eventuell in den Betrieb zu investieren.“
„Aber warum?“
„Ich habe ab und zu Anwandlungen von Großzügigkeit“, erklärte er ironisch.
„Ja, Sie sind ein wahrer Menschenfreund!“ Auch sie konnte ironisch sein.
„Sie unterstellen mir also eigennützige Motive, Miss Marchant?“
„Ich würde sogar sagen, Eigennutz ist Ihr zweiter Vorname“, konterte sie schnippisch. „Oder wie immer das auf Spanisch heißt.“
Zu ihrer Überraschung lachte er schallend. Wenn seine Augen vor echtem Vergnügen funkelten, sah er sogar noch attraktiver aus.
Leider!
Libby wartete, bis Rafael sich beruhigt hatte – und sie sich auch. Dann fragte sie: „Habe ich das richtig verstanden: Sie bieten mir einen Job an?“
Das war das Letzte, womit sie gerechnet hatte, als sie in sein Büro stürmte.
„Keinen Job, ein Praktikum“, korrigierte er sie.
Am liebsten hätte sie „ja bitte“ gerufen, bevor er es sich anders überlegen konnte, aber sie wollte nicht übereifrig erscheinen.
Und sie wollte nicht
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