Julia Extra Band 0349
mehr Wirkung als bei seinen Söhnen und Töchtern.
„Und weshalb nicht?“, entgegnete sie kühl.
„Ich kenne ihn. Und was ich von ihm weiß, gefällt mir nicht. Deshalb steht es völlig außer Frage, dass du dich zu seiner Dienstbotin machst.“
Wenn die Art, wie sie ihren Lebensunterhalt verdiente, nicht ein ewiger Streitpunkt zwischen ihnen wäre, hätte Isabella gelacht. „Ich bin kein Dienstbote, sondern Gartenbauarchitektin mit Universitätsabschluss.“
„Du bist Gärtnerin.“
„Richtig. Und selbst wenn du es als Dienstbote bezeichnest … es ist nichts Unehrenhaftes daran, Koch oder Haushälterin zu sein.“
„Die Orsinis verbeugen sich vor niemandem, Isabella. Ist das klar?“
Nichts war klar, vor allem nicht, wie ihr Vater erfahren hatte, dass sie von einem Milliardär, von dem sie bis vor zwei Wochen noch nie gehört hatte, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Und dass Cesare sich tatsächlich einbildete, sie würde seine Anordnungen befolgen …
Falls überhaupt, hatte Cesares Kommentar sie erst dazu gebracht, das Angebot in Erwägung zu ziehen. Und so stand sie also nun hier in Southampton, das ihr vorkam wie ein fremder Planet, Stunden zu spät für ein wichtiges Bewerbungsgespräch. Ihr Auto lag irgendwo eine halbe Ewigkeit von hier entfernt im Graben, und ihr Aufzug war eine einzige Katastrophe. Wunderte es da, wenn sie ernsthaft überlegte, ob sie mit einem halb nackten Mann – einem umwerfend aussehenden halb nackten Mann – in ein Haus von der Größe eines Flugzeughangars eintreten sollte?
„Was ist nun? Kommen Sie herein, oder sind Sie sich nicht mehr sicher, ob Mr D’Aquila Sie erwartet?“
Der Verwalter – oder was immer er war – musterte sie amüsiert. Von wegen amüsiert … es war die pure Häme! Wie schön, wenn ich zur allgemeinen Erheiterung beitragen kann, dachte Isabella und richtete sich zu ihrer vollen Größe von leider gerade mal einem Meter fünfundsechzig auf.
„Ich bin mir eigentlich immer sicher.“ Hatte sie das tatsächlich gerade gesagt?
Wie von allein setzten sich ihre Füße in Bewegung und führten sie an dem Mann vorbei ins Haus. Als die schwere Holztür hinter ihr ins Schloss geschlagen wurde, zuckte Isabella leicht zusammen.
Großer Gott, das Foyer ist riesig!
„Ja, das ist es, nicht wahr?“
Sie schwang herum. Mr Halbnackt stand direkt hinter ihr, die Arme vor der Brust verschränkt. Es war eine sehr beeindruckende Brust. Wie von selbst ging ihr Blick auf Wanderschaft …
„Sie meinten doch das Foyer, oder?“ Ein spöttisches Lächeln zuckte um seine Lippen.
Habe ich etwa laut gedacht? Offenbar. Alles? Sie kniff die Augen zusammen. Der Mann amüsierte sich auf ihre Kosten!
Wirklich verübeln konnte sie es ihm nicht. Er mochte vielleicht nur halb angezogen sein, aber sie … sie war das wandelnde Desaster.
Alles an ihr war entweder zerrissen, voller Flecke oder mit Straßenstaub bedeckt. Dabei hatte sie vor ein paar Stunden noch absolut perfekt ausgesehen. Zumindest so perfekt wie möglich. Sie hatte mehr Zeit darauf verwandt, sich für das Gespräch zurechtzumachen, als sie je für irgendeine Verabredung gebraucht hatte.
So stimmte das nicht ganz. Ihre Schwester Anna hatte das Regiment übernommen und entschieden, dass Kostüm und Seidenbluse statt Jeans und T-Shirt für ein solches Treffen angebracht waren. Beides hatte sie sofort aus ihrem Kleiderschrank geholt und Izzy zur Verfügung gestellt.
Außerdem trug Isabella keine flachen Schuhe wie üblich, sondern Pumps – mit so hohen Absätzen, dass sie kaum darauf laufen konnte. Vor allem nicht die Meilen, die sie hinter sich hatte bringen müssen, nachdem das dumme Kaninchen auf die Straße gehüpft und Isabella beim Ausweichen im Graben gelandet war.
Oh Gott, der Wagen!
Daran durfte sie jetzt nicht denken. Nein, sie würde sich ganz auf die Möglichkeit konzentrieren, die sich ihr auftat. Endlich bekam sie die Chance, aus „Growing Wild“ – einem winzigen Laden, nicht mehr als ein Schaufenster auf einer Straße in einer keineswegs gehobenen Gegend – ein elegantes Gartencenter in SoHo oder Greenwich Village zu machen. Vielleicht sogar in der Upper East Side …
Doch so weit würde sie wohl nie kommen. Außerdem mochte sie ihre Nachbarschaft. Aber wenn sie mit ihrem kleinen Gartenbaubetrieb weiterkommen wollte, brauchte sie ein paar große Kunden. Das war ein weiterer Grund, weshalb sie zu dem Gespräch mit Rio D’Aquila gekommen war, einem Mann,
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