Julia Extra Band 0350
ich bereits in Heathrow bin.
Immer wieder ermahne ich mich, ruhig zu bleiben, doch es fällt mir schwer. Ich war jetzt schon zweimal im Waschraum, um meinen Puls und mein Gesicht zu kühlen und (ja, ich gebe es offen zu!) meinen neuen Haarschnitt zu bewundern. Edgar’s in Soho haben wirklich ein Wunder vollbracht. Statt der dicken, widerspenstigen Korkenzieher habe ich jetzt weiche, seidige Locken, die bei jeder Bewegung sanft auf und ab wippen.
„Es ist alles eine Frage der richtigen Pflegeprodukte“, hat Edgar mir verraten. Also kehre ich mit einer Wagenladung vitaminhaltiger Shampoos, Intensivkuren und Sprays nach Australien zurück.
Gerade zeigt die Ankunftstafel an, dass Patricks Maschine gelandet ist. Allein der Gedanke lässt mir fast das Herz zerspringen, aber ich werde nicht kneifen. Dafür ist es mir zu wichtig, Patrick noch einige Dinge zu sagen, und zwar von Angesicht zu Angesicht.
30 Minuten später
Ich hatte nie die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass ich Patrick übersehen könnte, aber wie es scheint, ist genau das passiert. Vorhin habe ich einen Passagier mit australischem Akzent gefragt, mit welchem Flug er gekommen sei, und es stellte sich heraus, dass es derselbe war, den Patrick gebucht hatte. Aber wo ist er???
Eine Stunde später
Ich muss jetzt zu meinem Gate, wenn ich meinen Flug nicht verpassen will.
Mein Plan ist gescheitert und mein Herz so schwer wie Blei.
11. KAPITEL
Die Fähre stieß gegen die Kaimauer der Nelly-Bucht und weckte Molly aus ihrem Schlummer.
Verwirrt setzte sie sich auf und erblickte die vertraute Anlegebrücke und die Reihe von Palmen davor. Dahinter ragten die mit Eukalyptusbäumen und riesigen Felsbrocken gesprenkelten Berge in den strahlend blauen Himmel, der sich am Horizont bereits zartrosa verfärbte.
Sie war zu Hause.
Unter anderen Umständen hätte die Wiedersehensfreude Mollys Herz höher schlagen lassen, aber dazu war sie einfach zu bedrückt. Es war das erste Mal, dass sie auf die Insel zurückkehrte, ohne dass ihre Großmutter oder Karli da waren, um sie abzuholen. Und sie hatte England verlassen müssen, ohne Patrick noch einmal gesehen zu haben. Von Brisbane aus hatte sie bei ihm in London angerufen, aber es war nur der Anrufbeantworter angesprungen, sodass sie immer noch nicht wusste, ob er seinen Flug verpasst hatte, auf dem Weg vom Flughafen nach Chelsea im Stau steckte oder krank geworden war.
Als Molly den Steg betrat, fühlten sich ihre Beine wie Watte an. Außerdem fiel sie fast um vor Müdigkeit. Mit ihren beiden Rollkoffern im Schlepptau ging sie zum Parkplatz, wo ihre kleine Rostlaube in der Sonne stand und wie ein treues Hündchen auf sie wartete. Wie sie es mit Patrick verabredete hatte, steckte der Schlüssel im Auspuff.
Nachdem sie das Gepäck eingeladen hatte, ließ sie sich gähnend hinters Steuer fallen und startete den Motor, der wie durch ein Wunder gleich beim ersten Versuch ansprang, und zwar ohne Keuchen und Stottern. Ein wenig aufgemuntert durch dieses Erfolgserlebnis, drehte Molly das Fenster herunter und fuhr los. Der Wind spielte mit ihrem Haar, während sie gemächlich über den Hügel nach Geoffrey Bay zuckelte, dann weiter durch Arcadia und über den nächsten Hügel zu der dahinter liegenden Bucht.
Endlich kam ihr kleines weißes Cottage zwischen den Bäumen in Sicht. Vorsichtig lenkte Molly den Wagen über die holprige, gewundene Auffahrt und fuhr ihn direkt in die Garage. Mit letzter Kraft lud sie ihr Gepäck aus dem Kofferraum und brachte es vor die Haustür. Dann zog sie den Schlüssel unter dem Blumentopf hervor und schloss die Haustür auf, die sich überraschenderweise ganz leicht und ohne das geringste Quietschen öffnen ließ.
Molly atmete tief durch und trat ein.
Das Haus war tadellos aufgeräumt, und es lag noch der Zitronengeruch ihres Putzmittels in der Luft. Für einen Moment glaubte sie sogar, einen Hauch von Patricks ganz speziellem Duft zu erkennen, was ihr wieder einmal bewies, wie sehr starkes Wunschdenken die Wahrnehmung beeinflusst.
Weiterhin stellte Molly fest, dass Patrick jeden Gegenstand an seinen ursprünglichen Platz zurückgestellt hatte, sodass alles exakt so aussah wie bei ihrer Abreise vor drei Monaten. Es klebten sogar kleine Nachrichten an den Stellen, an denen sie welche hinterlassen hatte.
Die Erste, die Molly las, befand sich an dem Blumentopf in der Mitte des Esstisches:
Ich habe die Pflanze nach deinen Anweisungen gegossen, und wie du siehst, lebt sie immer noch.
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