Julia Extra Band 356 - Ebook
beherrscht gewesen – weg! Weg von der bevorstehenden Hochzeit, die sich in ihre persönliche Hölle verwandelt hatte. Und jetzt … auch weg von diesem Mann, diesem Fremden?
Hatte er überhaupt vor, ihr zu helfen?
Erleichterung und Trost, die sie soeben noch verspürt hatte, zerplatzten in diesem Moment wie eine Seifenblase, stattdessen schlugen Trauer und Trostlosigkeit über ihr zusammen. Sie zog die Jacke noch enger um sich, so als könnte sie sich damit schützen. Und gleichzeitig wollte sie sie wegschleudern, weil sie Symbol für uneinschätzbare Gefahren war.
Plötzlich kopflos wich Martha hastig ein paar Schritte zurück und schrie erschreckt auf, als sie auf dem unebenen Grünstreifen mit den Pumps umknickte.
„He …“
Die behandschuhte Hand des Mannes schoss vor, packte sie mit kräftigem Griff, bevor sie zu Boden stürzen konnte. Er hielt sie, stützte sie, dann schüttelte er den Kopf.
„Sehen Sie mich nicht so verängstigt an. Ich tue Ihnen nichts.“
Da war dieser fremde Akzent wieder … nahezu exotisch. Dieses Mal war sie sicher, dass sie sich nicht täuschte. Und war gleichzeitig schockiert, wie gut er in ihren Ohren klang.
„Hier sehen Sie …“
Mit der freien Hand zog er sich den Helm vom Kopf. Halblanges, rabenschwarzes Haar kam zum Vorschein. Der Wind verfing sich sofort darin und wehte es ihm ums Gesicht. Er schüttelte den Kopf, warf es zurück, um die Augen freizuhaben.
Und was für Augen! Martha wusste nicht wirklich, was sie erwartet hatte. Sie hatte nicht viel von ihm sehen können, nur schwarzes Leder, ausgewaschene Jeans und dieser silberne Helm. Ein wenig Haut schon, an den Handgelenken – golden getönte Haut, nicht die übliche Blässe der Engländer am Ende eines langen Winters. Ihr wurde klar, dass sich braune Haut und fremder Akzent in ihrem Kopf zu dem Bild von dunklen Augen zusammengefügt hatten, braun, vielleicht sogar schwarz. Stattdessen schaute sie in ein Paar moosgrüner Augen, die wie geschliffene Edelsteine aus einem Gesicht mit hohen Wangenknochen blitzten und von schwarzen, verboten langen Wimpern umrandet waren. Bei jedem anderen Mann hätte das feminin ausgesehen, doch in diesem markanten Gesicht wirkte es einfach … unglaublich sexy.
Und irgendwie gefährlich, geheimnisvoll. Weil es so sehr mit dem Rest des Gesichts, dem harten Kinn, dem kompromisslosen Mund, den hervorstechenden Wangenknochen kontrastierte. Diese wunderschönen Augen verwirrten.
Wer war dieser Mann, der zu ihrer Rettung gekommen war? Der Ritter in schimmernder Rüstung … oder Luzifer persönlich?
„Sie können mir wirklich glauben, ich habe nicht vor, Ihnen irgendetwas anzutun.“
Er wiederholte seine Worte mit mehr Nachdruck – und erreichte bei ihr damit nur das Gegenteil. Sein exotischer Akzent bekräftigte, dass er nicht zu der Welt gehörte, die sie kannte. „Wie kann ich da sicher sein?“
Seufzend schob er sich eine lange Strähne aus der Stirn, die der Wind ihm ins Gesicht zurückgeweht hatte. Seine Lippen zuckten. War er amüsiert? Oder bedeutete das etwa, dass sie zu Recht besorgt war? Das seltsame Flattern in ihrem Magen hatte weder mit dem einen noch dem anderen zu tun, es war eine rein weibliche Reaktion. Die Reaktion einer Frau, die sich dem faszinierenden Paradebeispiel eines Mannes gegenübersah.
Das Problem war nur … sie reagierte normalerweise nicht so auf Männer. Nicht einmal bei Gavin war es so gewesen. Plötzlich wurde ihr klar, wie sehr sie sich selbst mit der geplanten Heirat belogen hatte.
„Ich gebe Ihnen mein Wort.“
„Und was genau sollte mir das bedeuten?“
Mit der neuen Erkenntnis war auch der instinktive Selbstschutz zurückgekehrt – doppelt so stark wie zuvor. Wenn sie es vielleicht bisher auch nicht verstanden hatte, warum sich jeder, nachdem ihr Leben sich von Grund auf geändert hatte, ihr gegenüber anders benahm, hatte die Szene mit Gavin dort auf Haskell Hall ihr eines sehr schnell klargemacht: Von jetzt an würde sie mit sehr viel mehr Vorsicht an die Beziehungen mit anderen Menschen herangehen müssen.
Die seltsamsten Dinge liefen in ihr ab, als sie jetzt an das Bild dachte, das sich ihr beim Betreten von Gavins Zimmer geboten hatte. Instinktiv wollte sie einfach alles hinter sich lassen, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen. Ihr ganzes Leben lang war sie die Vernünftige gewesen.
Ein Leben, das gänzlich auf den Kopf gestellt worden war. Sie stand vor den Scherben ihres vermeintlich größten Glücks und würde
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