Julia Extra Band 356 - Ebook
ein wenig so an, als würden Spinnweben von ihr fortgepustet.
„Ich dachte, wir fahren die Hügel hinunter über Kingaroy bis zur Küste.“ Damon steckte eine zusammengefaltete Karte ins Ablagefach der Autotür. „Ich glaube zwar nicht, dass wir sie brauchen werden. Aber sicher ist sicher.“
„Das sieht dir gar nicht ähnlich.“
Er sah sie mit festem, kühlem Blick an. „Ich habe mich verändert. Du nicht auch?“
„Doch, natürlich.“ Das Sicherheitsdenken war ihr in den letzten Jahren zur Gewohnheit geworden. So sehr, dass ihr Leben fast zum Stillstand gekommen war. Aber über ihr neues Leben würde sie sich erst Gedanken machen, wenn sie Paddy und Violet gefunden hatten!
„Ich habe ein Foto von den beiden mitgenommen.“ Bella kramte in ihrer Tasche. „Es ist vom letzten Weihnachtsfest. Immerhin kann man unsere Gesichter gut erkennen!“
Damon wurde ganz warm ums Herz, als er das glückliche Trio vor dem Weihnachtsbaum betrachtete. „Das wird uns auf jeden Fall bei der Suche helfen. Gute Idee von dir!“
Bella freute sich glühend über dieses kleine Lob. Um Himmels willen! Sie musste sich beruhigen. Ärgerlich über sich selbst schaute sie auf die andere Seite.
Damon wirkte ruhig und geschäftsmäßig. „Ich denke, wir können jetzt fahren. Die Leute von Greenacres haben unsere Nummern, falls es Neuigkeiten gibt.“ Damit startete er den Wagen.
Bella beobachtete heimlich, fast gegen ihren Willen, Damons Hände. Ihre Stärke und Geschicklichkeit hatte sie schon immer fasziniert. Der Motor brummte auf und der Wagen setzte sich in Bewegung. Innerhalb von Augenblicken blitzten abwechselnd Weizenfelder und Buschland neben ihnen auf und Bella beschloss, sich von nun an auf die vorbeiziehende Landschaft zu konzentrieren – und nicht auf den Fahrer.
Auch Damon versuchte, seine Aufmerksamkeit auf die Straße vor sich zu lenken und möglichst unbefangen auf Bellas Anwesenheit zu reagieren.
Doch aus den Augenwinkeln nahm er ständig ihre Hände war, die unruhig in ihrem Schoß lagen. Es waren helle zarte Hände – die gepflegten Hände eines Stadtmädchens. Er sah silbernen Nagellack aufblitzen und ab und zu rieb sie nervös an ihrem Ringfinger die Stelle, an der noch gestern ihr Verlobungsring gewesen war.
Was wohl in ihr vorging?
Gerne hätte er gewusst, was sie empfand angesichts der abgesagten Hochzeit. Hatte es ihr das Herz gebrochen? War sie erleichtert? Er hatte keine Ahnung.
Außerdem ging es ihn nichts an! Statt solchen Gedanken nachzuhängen, sollte er sich besser überlegen, worüber er mit ihr reden könnte. Doch es war nur die Vergangenheit, die sie miteinander verband, und die war gefährliches Terrain.
„Wie geht es deinem Vater?“, fragte Bella plötzlich.
Damon hätte fast laut aufgestöhnt. Ein unangenehmeres Thema hätte sie nicht wählen können.
Ein kurzer Blick in sein Gesicht schien Bella zu reichen, um ihren Fehler zu erkennen, und sie fügte vorsichtig hinzu: „Ist er immer noch so schwierig?“
„Nein. Wir halten uns einfach voneinander fern.“
Er wusste, dass Bella sich an die immer schlimmer werdenden Auseinandersetzungen zwischen ihm und seinem Vater erinnerte. Sein Vater hatte fünf Jahre als Polizist Dienst in Willara gemacht. Ihr schlimmster Streit hatte damals zur Absage seiner Party zum achtzehnten Geburtstag geführt – und zum Ende ihrer Highschool-Romanze.
„Jedenfalls hast du alles unternommen, um weit weg zu sein“, sagte sie.
Damon versteifte sich. Über seinen Vater zu sprechen, war ein Reizthema. „Ich habe Australien nicht einfach verlassen, um zu flüchten.“
„Ach nein?“
Die leichte Kritik in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Über die Probleme anderer Menschen zu berichten, hatte ihm tatsächlich dabei geholfen, seine eigenen zu verdrängen. Aber Damon wollte nicht zugeben, dass sie einen wunden Punkt getroffen hatte.
„Ich wollte die Welt sehen“, behauptete er schnell. „Meinen Horizont erweitern und andere Kulturen kennenlernen, weißt du?“
„Das hört sich sehr verlockend an.“
Ein wehmütiger Ton lag in ihrer Stimme. Er sah sie von der Seite an, konnte jedoch ihren Ausdruck hinter der Sonnenbrille und der Schirmmütze nicht erkennen.
Wie unterschiedlich doch die letzten zehn Jahre für sie beide verlaufen waren. Während er den verlorenen Sohn gegeben hatte, war sie in Queensland geblieben und hatte sich pflichtschuldig um ihre Eltern gekümmert. Der Tod ihrer Mutter war sicher ein schlimmer Einschnitt
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