Julia Extra Band 356 - Ebook
auf diesen, der sie schon einmal verletzt hatte.
Außerdem hatte Damon sich verändert und war nicht mehr der charmante Verführer von damals. Heute lebte er wie ein Nomade und sein Dasein als Einzelgänger hatte er fast schon zur Kunstform erhoben. Er hatte im Laufe der Jahre etwas Verschlossenes und Unnahbares bekommen.
Jetzt sah Damon sie nachdenklich an. „Mit Violet kann ich umgehen, wenn ich sie finde. Aber bei Paddy bin ich mir nicht so sicher.“
Ein weiterer triftiger Grund. Sie wussten beide nicht, warum ihre Großeltern so überstürzt weggefahren waren, und zu zweit waren sie besser gewappnet, wenn es daran ging, ein vernünftiges Gespräch mit den beiden alten Leuten zu führen.
„Ich glaube, es ist sinnvoll, zusammen zu fahren.“ Bella warf ihm ein nervöses Lächeln zu. „Aber du musst zugeben, dass es eine merkwürdige Situation ist.“
„Sogar ziemlich verrückt“, räumte er ein.
Und damit war ihre gemeinsame Fahrt auf einmal beschlossene Sache.
„Ich muss aber erst noch mit meinem Vater reden, Damon. Er weiß noch nicht einmal, dass wir die Hochzeit abgesagt haben.“
„Wird er ohne dich klarkommen? Ich habe gehört, dass es ihm nicht so gut geht.“
„Er war ziemlich krank, aber inzwischen ist er wieder wohlauf. Er wird zurechtkommen. Außerdem gibt es ein paar Nachbarn, die ein Auge auf ihn haben.“
Damon ließ den Motor an, und sie fuhren den sandigen Weg weiter, der sie schließlich zu dem alten Farmhaus führte, an dem die Farbe abblätterte und dessen verwilderter Garten ein trostloses Bild bot.
„Wie du siehst, ist es hier seit Moms Krankheit etwas bergab gegangen.“
„Es hat mir sehr leidgetan, als ich von ihrem Tod hörte.“
Bella nickte. „Du hast mir eine wunderschöne Karte aus Dubrovnik geschickt.“ Seine Nachricht hatte sie zu Tränen gerührt, und die Erinnerung daran weckte jetzt dieselben Emotionen in ihr.
„Entschuldigung, ich würde dich gerne hereinbitten, aber ich glaube nicht, dass Dad schon wieder in der Lage ist, den Gastgeber zu spielen.“
„Das macht nichts, Bella. Ich warte im Wagen auf dich.“
„Prima. Ich beeile mich.“ Sie stieg aus und spürte erst jetzt, wie ihre Knie zitterten. Doch das war ja auch kein Wunder. Ihr Leben hatte soeben eine 180-Grad-Wandlung vollzogen.
2. KAPITEL
Damon war froh, dass er eine Weile alleine im Auto sitzen konnte. Er musste erst einmal verarbeiten, was gerade passiert war. Kaum zu glauben! Soeben hatte er sich damit einverstanden erklärt, mit Bella Shaw auf eine gemeinsame Reise zu gehen – er hatte es sogar selbst vorgeschlagen.
Dabei war er so fest entschlossen gewesen, sich von ihr fernzuhalten.
Verdammt!
Er hatte gedacht, in den letzten Jahren weiser geworden zu sein. So oft war er in gefährliche Situationen verwickelt worden, hatte Katastrophen und Gewalttätigkeiten miterlebt. Er hatte sogar schon mehrmals in die Mündung eines Gewehrs geblickt.
Und doch … hier an diesem Ort, an dem er fünf Jahre die Highschool besucht hatte … in diesem verschlafenen Provinzstädtchen, umgeben von goldenen Weizenfeldern und staubigen Viehkoppeln … hier fand er sich plötzlich ganz anderen Gefahren ausgesetzt: Er musste sich seinen Gefühlen stellen.
Da war seine süße Großmutter Violet, die einzige Person aus seiner Familie, mit der er regelmäßig Kontakt hatte – die einzige Person in dieser Welt, die er rückhaltlos liebte.
Und Bella Shaw …
Bella … mit hellem seidigem Haar, weiten grünen Augen und einem Körper voll natürlicher Anmut.
Damon stieß einen tiefen Seufzer aus, lehnte einen Arm über den Türrahmen des Wagens und massierte seine schmerzende Stirn. Insekten summten in der ländlichen Stille und von weither erklang der Ruf eines Vogels.
Aus freien Stücken hatte er sich die letzten zehn Jahre ins Exil begeben. Zunächst als Journalist in Singapur und Hongkong, bevor er als Auslandskorrespondent aus den verschiedensten Krisengebieten dieser Welt berichtete. Es war ein sehr intensives, ein ausgefülltes Leben gewesen und nie hätte er gedacht, dass Bella Shaw noch so viel Einfluss auf ihn haben könnte.
Meine Güte, sie war vor vielen Jahren seine Highschool-Flamme gewesen, mehr nicht.
Er hatte sich mit vielen Frauen eingelassen, nachdem er Willara verlassen hatte. Es waren schöne Frauen gewesen. Emanzipierte, starke und weltgewandte Frauen. Und er hatte in jeder von ihnen irgendetwas gefunden, das er bewundern konnte. Doch seine wahre Berufung war die des
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