Julia Extra Band 356 - Ebook
für ihn ein rotes Tuch.
Plötzlich wurde ihr nochmals bewusst, wie unterschiedlich ihre Wege in den letzten zehn Jahren verlaufen waren. Während er sich klare berufliche Ziele gesetzt und sich damit immer weiter von seiner Familie entfernt hatte, war sie in der Heimat geblieben und hatte sich um ihre Familie gekümmert.
Und jetzt befanden sie sich beide an einem Scheideweg.
Damon war nach Hause zurückgekehrt, wollte sich aber immer noch nicht der eigenen Vergangenheit stellen. Sie hingegen hatte ein Eheversprechen zurückgenommen und hatte jede Freiheit, die sie sich wünschen konnte. Doch ihr fehlte das Ziel vor Augen.
Vor ihnen tauchte die Polizeistation auf, in der sie festgehalten worden waren. Gott sei Dank lag wenigstens dieser Albtraum hinter ihnen!
Um die Stimmung ein wenig aufzuheitern, sagte sie: „Wir sollten unserem Polizistenfreund einen Guten Morgen wünschen.“
Damon schmunzelte. „Gute Idee. Das machen wir.“
Sein Gesicht erhellte sich, und sie sah das freche Jungengrinsen, an das sie sich so gut erinnerte. Flink kurbelte er die Scheibe herunter. Auch Bella öffnete ihr Fenster, und als sie auf der Höhe des Gebäudes waren, winkten sie wie wild und riefen Grüße hinaus.
Es fühlte sich gut an, ihren Gefühlen Luft zu machen und sie kicherten wie Schulkinder nach einem Streich. Danach lächelten sie sich verlegen an.
„Jetzt fühle ich mich viel besser“, erklärte Damon.
„Ich auch“, erwiderte Bella mit einem breiten Lächeln.
Sie holte tief Luft und blickte voller Dankbarkeit in den blauen Himmel und auf die weite Graslandschaft, die sich zu beiden Seiten des schnurgeraden Highways ausdehnte. Liebevoll dachte sie an all den Spaß zurück, den sie miteinander gehabt hatten, voller Lebensfreude und Abenteuerlust. „Erinnerst du dich noch an die verrückten Sachen, die wir damals gemacht haben?“
Damon kicherte. „Allerdings. Zum Beispiel damals, als wir eine Immobilienanzeige im Willara Chronicle aufgegeben haben und fast die ganze Schule verkauft hätten.“
„Oh mein Gott, ja.“ Bella schüttelte lachend den Kopf. „Ich habe immer noch eine Kopie von der Anzeige.“
„Es ist ein Aprilscherz gewesen.“
„Komisch, Mr Brady hat nicht gemerkt, dass es ein Scherz war. Er ließ die ganze Klasse zusammenkommen und sagte, dass er alle bestrafen würde, wenn sich die Verantwortlichen nicht meldeten. Und natürlich bist du sofort aufgestanden.“
„Wirklich?“
„Klar. Du warst doch immer derjenige, der die Schuld auf sich genommen hat.“
„Irgendjemand muss es ja tun.“ Damon zuckte mit den Schultern und sah sie lächelnd an. „Woran ich mich am besten erinnere, sind unsere Küsse.“
Bella schoss die Röte ins Gesicht. Mit aller Willenskraft versuchte sie, gelassen zu klingen. „Ich dachte, wir hatten beschlossen, nicht über diese Dinge zu sprechen.“
„Tut mir leid, aber du hast mit all diesen Erinnerungen angefangen“, gab er immer noch lächelnd zurück.
Aber Bella war gar nicht zum Lächeln zumute.
Mittags versuchte sie, ihre Großeltern in Port Douglas anzurufen. Es nahm jedoch niemand ab, und es gab auch keinen Anrufbeantworter, um eine Nachricht zu hinterlassen.
„Wahrscheinlich sind sie mit ihren Freunden unterwegs und amüsieren sich“, meinte Damon.
„Das bezweifele ich, immerhin sind sie wegen eines Notfalls hergekommen.“ Bella runzelte die Stirn. „Vielleicht mussten sie ins Krankenhaus fahren.“
„Es sei denn, das Ganze ist nur eine Tarnung.“
„Wie meinst du das?“
„Vielleicht hatten sie Lust auf ein Abenteuer oder eine Romanze. Es sind immerhin unsere Großeltern …“
„Damon, sei realistisch. Paddy und Violet sind über achtzig! Du hast dir doch auch große Sorgen um Violet gemacht.“
„Das stimmt“, gab er zu. „Und ich werde mich auch weiter um sie sorgen! Bis ich weiß, dass es ihr gut geht. Aber bevor wir nicht in Port Douglas sind, können wir nicht viel tun. Ich denke lieber positiv!“
„Damon, sie sind alte Freunde und kennen sich seit Jahren. Sie werden in ihrem Alter doch nicht noch eine Affäre beginnen.“
„Ich bin sicher, dass sie sich innerlich noch sehr jung fühlen.“
Bella stellte sich vor, Damon wiederzutreffen, wenn sie beide über achtzig wären, was ihr einen schmerzhaft süßen Stich versetzte. Sie seufzte tief. Es war sinnlos, über eine Romanze mit Damon im hohen Alter nachzudenken. Ach, das Leben war kompliziert! Zu schade, dass man die eigenen Gefühle nicht fein säuberlich
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