Julia Extra Band 357
geht es doch gar nicht.“
„Worum geht es dann? Bist du etwa der Meinung, dass ich unbedingt Klavier spielen lernen sollte?“
„Ehrlich gesagt, ja. Selbst wenn dich dein Arzt beim letzten Gesundheitscheck nicht gewarnt hätte … Ich hätte dir auch sagen können, dass du kürzertreten musst. Bei deinem Stress muss man kein Arzt sein, um zu sehen, dass du der optimale Kandidat für einen Herzinfarkt bist.“
„Ich treibe regelmäßig Sport, gehe sechsmal die Woche ins Fitnessstudio. Meine Haushälterin bereitet meine Mahlzeiten nach einem genauen Diätplan vor, ich esse regelmäßiger und gesünder als du. Mein Körper ist in Topform.“
„Du schläfst keine sechs Stunden pro Nacht, und du hast absolut kein Stressventil.“
„So? Was ist dann mein Training?“
„Ein weiterer Beweis für deinen Ehrgeiz. Du treibst dich immer zu Höchstleistungen an, egal was du tust.“
Zephyr musste es wissen, schließlich war er beim Training dabei und stachelte Neos Ehrgeiz erst recht an. Na schön, seit ein paar Jahren verließ Zephyr das Büro immer um sechs, anstatt noch bis spät in den Abend zu arbeiten. Und vielleicht hatte er sich auch ein Hobby zugelegt, das nichts mit Immobilien zu tun hatte. Aber deswegen war sein Leben nicht besser als Neos, es war nur ein wenig anders.
„Du brauchst dringend Abwechslung, mein Freund. Du hast mehr Elan als jeder andere, den ich kenne, aber es wird Zeit, dass du einen Ausgleich findest.“
Da redete ja genau der Richtige! „Und Klavierstunden werden meinem Leben einen neuen Sinn geben?“ Vielleicht war Zephyr selbst reif für eine Pause. Der Mann verlor allmählich den Bezug zur Realität!
„Das nicht. Es gibt dir nur eine Stunde pro Woche, in der du einfach Neo Stamos sein kannst und nicht der griechische Tycoon, der Unternehmen mitsamt Mitarbeitern aufkaufen und wieder verkaufen könnte.“
„Ich handle nicht mit Menschen.“
„Nein, wir kaufen Immobilien und Land, entwickeln und verkaufen wieder. Und wir sind verdammt gut darin, es mit Profit zu tun. Aber wann ist genug genug?“
„Ich bin zufrieden mit meinem Leben, so wie es ist.“
„Nur bist du nie zufrieden mit deinem Erfolg.“
„Sag nicht, du wärst anders.“
Zephyr zuckte mit einer Schulter, sein maßgeschneidertes Anzug jackett machte die lässige Bewegung anstandslos mit. „Wir reden hier über dich.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Wann hast du das letzte Mal mit einer Frau geschlafen, Neo?“
„Sind wir nicht längst über diese Art von Strichlisten hinweg, Zee?“
Zephyr grinste. „Ich will nicht die Zahl deiner Eroberungen wissen. Ich weiß, du hast Sex“, er wurde wieder ernst, „aber du hast noch nie wirklich liebevoll mit einer Frau geschlafen.“
„Wo liegt da der Unterschied?“
„Du hast Angst vor Intimität.“
„Erklär mir, wie wir von Klavierstunden auf dieses blödsinnige Psychogeschwätz kommen. Seit wann bist du unter die Amateurpsychiater gegangen?“
Zephyr wirkte tatsächlich gekränkt! „Ich stelle lediglich fest, dass dein Leben nicht genügend Facetten aufweist. Du musst neue Erfahrungen machen, aufbrechen zu neuen Horizonten.“
„Jetzt klingst du wie die Werbung einer Reisegesellschaft.“ Wie eine schlechte!
„Ich klinge wie der Freund, der sich Sorgen macht. Ich möchte nicht, dass du vor deinem vierzigsten Geburtstag ins Gras beißt, weil der Stress zu viel wird.“
„Woher hast du eigentlich diese Informationen über meinen Gesundheitszustand?“
„Gregor hat mich neulich auf dem Golfplatz beiseite genommen und mir gesagt, dass du dich noch totarbeiten wirst.“
„Er hat die Schweigepflicht verletzt. Ich werde ihn verklagen.“
„Nein, wirst du nicht. Er ist unser Freund.“
„Er ist dein Freund und mein Arzt.“
„Genau davon rede ich, Neo. Du musst ein Gegengewicht finden. Dein Leben besteht nur aus Arbeit.“
„Wenn deiner Meinung nach Beziehungen so wichtig sind, warum hast du dann keine?“
„Ich gehe mit Frauen aus, Neo. Und bevor du jetzt anführst, dass du das auch tust … sich mit einer Frau zu verabreden und schon vorher zu planen, Sex mit ihr zu haben und sie dann nie wiederzusehen, ist keine Beziehung.“
„In welchem Jahrhundert lebst du eigentlich?“
„In diesem, genau wie du, mein Freund. Also hör auf, dich wie ein Idiot zu benehmen, und nimm das Geschenk an. Du wolltest doch immer Klavier spielen lernen.“
„Immer? Wann?“
„Als wir uns als Jungs auf den Straßen Athens herumgetrieben
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