Julia Extra Band 357
nächsten Moment vermochte sie keinen klaren Gedanken mehr zu fassen, weil er ein erotisches Spiel mit der Zunge begann.
„Ich liebe dich so sehr“, gestand er eine Weile später, als sie ihr Verlangen gestillt hatten und erschöpft nebeneinanderlagen.
„Ich liebe dich auch, aber was sind schon Worte? Du hast mir weder Gedichte vorgelesen noch Händchen mit mir gehalten“, beschwerte Ruby sich mit funkelnden Augen.
„Keine Lyrik, bitte!“ Er stöhnte. „Das passt überhaupt nicht zu mir.“
Zärtlich drückte sie seine Hand und küsste ihn auf das raue Kinn. Sie liebte seinen herben, maskulinen Duft. Glücklich, wie sie war, würde sie sich mit Händchenhalten begnügen.
EPILOG
Knapp zwei Jahre später beobachtete Ruby lächelnd, wie die fünfjährige Leyla ihren Bruder Hamid anwies, seine Spielsachen wegzulegen, und es ihm dann zeigte.
Die Kleine hatte sich zu einem lebhaften Mädchen entwickelt, das seinen jüngeren Bruder beschützte, aber auch gern herumkommandierte. Um des lieben Friedens willen ging dieser nun zu der großen Kiste und warf ein Spielzeugauto hinein, ließ die anderen jedoch liegen. Selbst in seinem zarten Alter war er es schon gewohnt, dass die Angestellten für ihn aufräumten und sich überschlugen, um all seine Wünsche zu erfüllen.
Hamid, der Thronerbe von Najar und Ashur, wurde in beiden Palästen wie das achte Weltwunder behandelt. Und er wäre wohl verzogen gewesen, wenn Raja das Problem nicht erkannt hätte und weniger streng mit ihm gewesen wäre. Mit dem lockigen schwarzen Haar und den großen braunen Augen war er das Ebenbild seines Vaters und ein ebenso temperamentvolles wie dickköpfiges Kind. Ruby unterdrückte ein Lachen, als seine große Schwester ihn dazu drängte, noch mehr Autos einzusammeln, und er sich in stummem Protest auf den Teppich setzte.
Noch immer konnte sie kaum glauben, dass sie zwei Kinder hatte und Raja und sie heute ihren zweiten Hochzeitstag feierten. Die beiden Jahre waren sehr ereignisreich gewesen und nur so verflogen. Leylas Adoption hatte eines der einschneidendsten Erlebnisse dargestellt. Noch immer erinnerte Ruby sich genau an jenen Tag, als Raja und sie die Kleine im Waisenhaus abgeholt und ihr erklärt hatten, dass sie von nun an ihre Mutter und ihr Vater wären. Per Erlass hatte man Leyla zur Prinzessin ehrenhalber erklärt, damit sie dieselbe Stellung hatte wie ihre zukünftigen Geschwister. Und zu Rubys großer Freude hatten seitdem auch viele andere Kinder aus der Einrichtung ein neues Zuhause gefunden.
Wenige Monate später hatte man in beiden Ländern Hamids Geburt gefeiert. Der Thronfolger kennzeichnete die neue Generation der Königsfamilie und symbolisierte das neue Verhältnis zwischen beiden Ländern. Ashur erholte sich langsam von den Folgen des Krieges. Es verfügte nun über eine bessere Infrastruktur, die Arbeitslosenzahlen sanken stetig, und liberalere Gesetze hatten einen wirtschaftlichen Aufschwung zur Folge. Durch den höheren Lebensstandard waren die Bewohner von Ashuri zufriedener geworden, und es hatte sich ein reger Tourismus zwischen den beiden Ländern entwickelt.
Raja und Ruby waren bei beiden Völkern sehr beliebt. Ruby hatte nie Gelegenheit gehabt, sich aktiv in der Politik zu engagieren, denn seit König Ahmeds Tod im vergangenen Jahr war die Staatsform eine konstitutionelle Monarchie, und es hatten zum ersten Mal Wahlen stattgefunden. Der Tod seines Vaters war ein schwerer Verlust für Raja gewesen, und durch seine Trauer waren er und Ruby sich noch näher gekommen.
Sie hätte sich niemals träumen lassen, dass sie einmal eine so glückliche Ehe führen würde. Doch bei Raja fühlte sie sich wunderbar geborgen. Er unterstützte sie nach Kräften und war liebevoll und geduldig mit den Kindern. Außerdem vermittelte er ihr das Gefühl, unwiderstehlich zu sein und über alles geliebt zu werden.
Als hätte sie ihn mit ihren Gedanken heraufbeschworen, erschien er nun an der Tür zum Kinderzimmer und lächelte sie an. „Wir müssen aufbrechen.“
Sofort stürmten die Kinder zu ihrem Vater und warfen sich ihm in die Arme. Nachdem dieser sie gedrückt hatte, setzte er sie ab und nickte dem Kindermädchen zu, das bereits auf die beiden wartete. Dann führte er Ruby aus dem Zimmer.
„Warum willst du mir nicht sagen, wohin wir fliegen?“, drängte sie, als er sie zu dem Hubschrauberlandeplatz führte.
„Es ist eine Überraschung zu unserem Jahrestag“, sagte er wieder.
Als sie kurz darauf feststellte,
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