Julia Extra Band 359
geeignete Person für deine Zwecke?“
„Wie uncharmant formuliert“, wehrte Sergej lächelnd ab.
Ihm schien eine Last von den Schultern zu fallen, weil sich die Atmosphäre zwischen ihnen entspannte. Plötzlich sah Clementine einen Ausweg aus ihrem Dilemma. Wenn sie bei der Kampagne mitmachte, wäre das eine Möglichkeit, ihre Beziehung in die richtigen Bahnen zu lenken. „Vielleicht solltest du einfach mal ein paar normale Männersachen machen – mit einer Frau an deiner Seite.“
„Wo könnte ich die wohl herkriegen, dieses Muster an weiblicher Tugend mit vorbildlichen Manieren und unglaublichem Sex-Appeal?“
Er zieht mich auf. Das ist gut, dann lässt er sich darauf ein. „Keine Ahnung, Champ, aber ich vertraue auf deinen Erfindungsgeist.“
„Du bist wirklich wild entschlossen?“
„Ich möchte dir einfach helfen.“ Plötzlich fühlte sie sich befangen. Sieht er denn nicht, wie viel er mir bedeutet, fragte sie sich. Sag es ihm, riet ihr eine innere Stimme, die sie geflissentlich unterdrückte. Stattdessen tätschelte sie einen seiner Arme. „Das ist mein Job, Champ. Lass mich nur machen.“
Sergej zog sie an sich. „Warum nicht?“, meinte er leichthin, doch in seinem Blick lag Skepsis.
„Das Gesicht der Marinov Corporation.“ Clementine holte tief Luft. „Daran muss ich mich erst gewöhnen. Ich habe natürlich schon Werbekampagnen dieser Art organisiert, aber noch nie mit mir selbst als Marketingprodukt.“
Sergej betrat zusammen mit Mick Forster den Raum, der sich die Baseballkappe vom Kopf riss, als er sie erblickte.
„Ich habe gehört, Sie haben es geschafft, Alex zu begeistern. Meinen Sie, das wird Ihnen auch vor laufender Kamera mit den Journalisten gelingen?“, fragte Mick.
„Wenn ich daran denke, den Kaugummi aus dem Mund zu nehmen“, scherzte Clementine, sah dabei aber Sergej an.
Er verzog keine Miene. „Sie muss nur ihr Gesicht zeigen – keine Interviews geben. Die Pressekonferenz halte ich. Zugelassen ist nur die seriöse Presse, keine Paparazzi.“
„Hört mal, Jungs. Mir ist schon klar, worauf ich mich eingelassen habe. Ich bin nur Dekoration.“
Die Männer sahen sie schweigend an. Schließlich sagte Mick: „Eigentlich sollen Sie schon was sagen. Wir wollen ja nicht, dass die Leute glauben, Sie seien eine von Sergejs üblichen hirnlosen Blondinen.“ Er verstummte abrupt.
Clementine wusste vor Verlegenheit nicht, wo sie hinschauen sollte. Erst jetzt traf sie die Erkenntnis mit voller Wucht, was diese Aktion für sie bedeuten konnte. Ich muss verrückt geworden sein, dachte sie. Sie warf sich den Haifischen zum Fraß vor. Jeder würde sie für eines dieser Betthäschen halten, mit denen Sergej sonst auftauchte.
Sie verschränkte die Hände im Schoß und atmete tief durch. Ich bin aber kein Betthäschen, deshalb werde ich auch nicht so wirken. Ich werde den morgigen Tag mit hoch erhobenem Kopf durchstehen.
Als sie am Abend unter der Dusche stand, um sich zum Dinner zurechtzumachen, durchzuckte sie ein schrecklicher Gedanke. Sie hatte etwas außer Acht gelassen. Es ging bei der Aktion nicht darum, was Sergej für sie empfand, sondern wie sie seinem Unternehmen helfen konnte. Sie hatte vergessen, was die Erfahrungen ihrer Kindheit sie gelehrt hatten: Die Menschen wollen dich, solange du unterhaltsam oder nützlich bist.
Dabei sollte es doch diesmal anders sein. Sie wollte nicht lediglich die Frau an seiner Seite sein, bis die Medienkampagne vorüber wäre. Sie wünschte sich eine echte Beziehung.
Zum ersten Mal, seit sie in Amerika war, fragte sie sich, ob Sergej das alles wert war. Es sah allmählich so aus, als würde sie ihm nachlaufen – und das war kein gutes Gefühl.
Als sie aus dem Bad kam, klingelte ihr Handy. „Hallo, Luke“, meldete sie sich nach einem Blick auf das Display und seufzte tief.
Sergej, der sich gerade im Ankleidezimmer nebenan befand, hörte Clementines Stimme. Er hatte sich den ganzen Tag schon Sorgen um sie gemacht, deshalb war er froh, dass ihr Freund sie anrief. Die Promotionaktion missfiel ihm zunehmend. Clementine fühlte sich ihm dadurch nur noch enger verbunden. Er wollte sie nicht ausnutzen. Die Trennung würde dann nur umso grausamer sein.
Er musste ihr endlich sagen, dass ihre Romanze sich dem Ende näherte. Die Nacht zuvor hatte ihn davon überzeugt. Er hätte blind und taub sein müssen, um nicht zu merken, dass die Sache für sie nicht nur eine Bettgeschichte war.
„Nein, ich habe bisher keine Wohnung
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