Julia Extra Band 359
ein sinnloser Tod … verunglückt bei einem Autorennen als Beifahrer von Alim, seinem jüngeren Bruder. Ein Rennspektakel, das in Abbas al-Din jede Menge Aufsehen erregt hatte, ebenso wie die bevorstehende Hochzeit zwischen Amber und Fadi.
Und dann war alles vorbei gewesen, von einem Moment auf den anderen. Auch jetzt noch kam es Amber völlig unwirklich vor. Wie konnte ihr Verlobter tot sein? Und sie sollte im nächsten Monat seinen Bruder Alim heiraten, der mit schweren Verbrennungen im Krankenhaus lag und um sein Leben kämpfte …
„Es … es erscheint mir nicht angemessen.“ Amber versuchte, stark zu klingen, entschlossen. Aber wie immer versagte bei einer Konfrontation mit ihrem Vater ihr Selbstvertrauen.
Wie sehr sie seinen geduldigen, leidgeprüften Blick hasste! Sie kam sich dann immer schrecklich egoistisch vor oder, schlimmer noch, wie ein dummes kleines Mädchen. „Es gibt Wichtigeres als das Gerede der Leute, Amber. Das verstehst du doch sicher.“
Oh ja, sie verstand – natürlich. Scheich Fadis plötzlicher Tod hatte nicht nur sein, sondern auch ihr Land schwer erschüttert. Der von allen verehrte Herrscher von Abbas al-Din war auf tragische Weise ums Leben gekommen, bevor er heiraten und einen Erben zeugen konnte. Ambers Volk betrauerte die gescheiterte Allianz mit einem Land, das so viel stärker und wohlhabender war als das eigene. In dieser kritischen Situation war es überaus wichtig, beiden Völkern Stabilität zu bieten.
Fadi, dieser Dummkopf! Eine Woche vor der geplanten Hochzeit hatte er für dieses lächerliche Autorennen sein Leben riskiert – in dem Bewusstsein, dass er sie nicht wollte und sie ihn auch nicht. Amber strich sich über die rot geschwollenen Augen. Immerhin hatten sie einander respektiert und sich gemocht. Keine schlechte Ausgangsbasis für eine arrangierte Ehe. Tausende von Paaren waren mit weniger angetreten.
Sie hätten es geschafft, dass ihre Ehe funktionierte. Doch jetzt … Es kursierten bereits die ersten Gerüchte. Und sie verursachten Amber quälende Albträume. Hatte Fadi tatsächlich absichtlich sein Leben aufs Spiel gesetzt, um einer Ehe mit ihr zu entkommen?
„Amber?“ Die Stimme ihres Vaters klang erschöpft, sogar verunsichert. „Die Dynastie muss fortgesetzt werden, das weißt du.“
„Dann lass eine andere sie fortsetzen“, konterte sie unwirsch. „Habe ich nicht schon genug getan?“
„Wen schlägst du vor? Deine Schwestern Maya, Nafisah und Amal sind noch zu jung, ebenso wie deine Cousinen. Du bist die Älteste und bereits mit der Familie al-Kanar verbunden. Die Tradition sieht vor, dass sie einen neuen Ehemann innerhalb des Familienclans für dich finden. Und du wirst ihr Angebot annehmen, das bist du der Ehre und dem Wohlergehen unserer Familie schuldig.“
Scham mischte sich mit Zorn, aber Amber presste die Lippen zusammen und schwieg, während es in ihr brodelte. Warum wurde ihr eine so schwere Last auferlegt? Ich bin doch erst neunzehn! wollte sie herausschreien.
Es war so furchtbar ungerecht … Einige hatten den ganzen Spaß, die anderen durften sich mit lebenslangen Verpflichtungen herumplagen. Alim zum Beispiel – er hatte die Verantwortung schon vor Jahren gegen eine Karriere als Rennfahrer eingetauscht. Während seinem jüngsten Bruder – wie hieß er noch gleich? – die ganze Arbeit aufgebürdet worden war. Gut, Alim hatte sich nicht nur als Rennfahrer einen Namen gemacht, sondern auch als Geologe. Er hatte auf diese Weise zum Ruhm und Wohlstand seines Landes beigetragen.
In diesem Moment wurde Amber bewusst, wer der nächste Heiratskandidat sein könnte – ein Gedanke, den sie alles andere als abschreckend fand.
Sie spürte die Hand ihres Vaters schwer auf ihrer Schulter und musste sich beherrschen, nicht zurückzuzucken. Die Geste war nicht tröstlich gemeint, wie Amber sehr wohl wusste, sondern sollte ihr bedeuten, dass es sinnlos war, sich gegen ihr Schicksal aufzulehnen. Frauen ihres Standes fügten sich ohne zu klagen in ihr Los, Tränen waren nicht erlaubt. Höchstens in der Abgeschiedenheit ihrer Privaträume.
„Du weißt doch, Amber, diese Heirat ist unausweichlich. Ein Bruder oder der andere, was macht das schon für einen Unterschied für dich? Du bist erst zwei Monate vor seinem Tod hergekommen und kanntest Fadi ja kaum. Und in den zwei Monaten hat er entweder gearbeitet, oder er ging aus.“
Ihre Wangen brannten, sie senkte den Kopf. Natürlich wusste sie genau, wohin Fadi immer gegangen war: zu
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