Julia Extra Band 359
Ihr Mann.
„Wehe, jemand wagt es, uns zu belauschen oder herumzuspionieren“, rief er streng in Richtung Tür. Schlurfende Schritte entfernten sich eilig, dann war alles still.
Respektvoll neigte Amber den Kopf. „Harun …“ Sie stockte, wusste nicht, was sie sagen sollte. Doch bestimmt verstand er sie auch so, oder?
Gelassen schloss er die Tür hinter sich und lächelte Amber an. „Setz dich doch bitte.“
Dankbar ließ sie sich aufs Bett sinken.
Ein langer, nachdenklicher Blick streifte sie, der sie verlegen machte. Ihr Herz klopfte wild, während sie darauf wartete, dass er zu ihr kam, um sie zu küssen.
„Und?“ Stolz hob sie den Kopf, ganz hoheitsvolle Prinzessin. Harun musste ja nicht merken, dass sie vor Nervosität förmlich verging. „Finde ich Gnade vor deinen Augen?“
Einen Moment lang glaubte sie fast, er würde lachen. Tatsächlich hatte sie ihn seit seiner heldenhaften Rückkehr nicht mehr lachen sehen. Nur manchmal, in einem seltenen entspannten Moment, stahl sich ein verräterisches Blitzen in seine grünen Augen.
„Du weißt sicher selbst, wie schön du bist, Amber. Außerordentlich schön sogar.“
„Danke“, erwiderte sie leise, plötzlich noch mehr verunsichert. Er fand sie schön? Der Eisberg in ihr begann zu schmelzen …
Harun wandte sich ab, zog einen Stapel Papiere aus den Falten seines Gewands und setzte sich an den kleinen Schreibtisch, der in einer Ecke des Raumes stand. „Oh, ich habe meinen Stift vergessen. Hast du vielleicht einen griffbereit?“
Amber stutzte. Er hatte sich für die Hochzeitsnacht Arbeit mitgebracht? „In der mittleren Schublade müsste einer liegen“, erwiderte sie. Was für eine absurde Situation …
„Danke.“ Er klang geistesabwesend, mit den Gedanken schon bei der Arbeit. Dann begann er konzentriert zu lesen, blätterte Seite für Seite durch, wobei er den Rand hin und wieder mit Notizen versah.
Sie blinzelte, unfähig zu begreifen, was sie da sah. „Harun …“
Zehn Sekunden vergingen, mindestens, ehe er den Kopf hob, um sie zerstreut anzusehen. „Was …? Hast du etwas gesagt, Liebes?“ Sein unterkühlter Ton machte deutlich, dass er nicht gestört werden wollte.
„Ja, das habe ich“, fauchte sie wütend. Bittere Worte brannten ihr auf der Zunge:
Das ist unsere Hochzeitsnacht! Wieso arbeitest du?
Was ist los mit euch al-Kanar-Männern?
Willst du mich nicht?
Worte, die sie tapfer herunterschluckte. Ihr Stolz bewahrte sie davor, sich völlig lächerlich zu machen, indem sie vor Harun in Tränen ausbrach. Jener perfekt einstudierte Stolz, ihre einzige Waffe in einem zwar luxuriösen, aber fremdbestimmten Dasein. Frostig brachte sie hervor: „Morgen früh erwarten alle, einen Blutfleck im Laken zu finden, sonst gibt es Gerede. Es wird heißen, ich sei keine Jungfrau mehr gewesen, eine Schande für dein und mein Land. Willst du mir das wirklich antun?“
Er versteifte sich, schien etwas sagen zu wollen, besann sich dann offensichtlich anders und meinte nach einer Weile gelassen: „Du hast recht, das hatte ich nicht bedacht.“ In einer einzigen fließenden Bewegung streifte er sich den Kaftan ab und entblößte seinen nackten Körper vor ihr.
Und was für einen Körper! Wieder fing ihr Herz wild an zu pochen. Selbst die tiefen Narben über seinem Bauch und auf seinem Rücken konnten ihn nicht entstellen. Diesen schlanken, stahlharten Körper, den Körper eines Kriegers, die Haut schimmernd wie geschmolzene Bronze. Atemlos sah sie ihm entgegen, als er jetzt auf sie zukam.
Doch dann ging er um das Bett herum, ohne sie auch nur eines Blicks zu würdigen. Er tat so, als sei sie gar nicht vorhanden, legte etwas auf die Bettdecke und wischte die vielen Rosenblüten beiseite, die den schweren Brokatstoff übersäten. „Ich mag den Geruch nicht. Er widert mich an.“
„Mir gefällt er“, erwiderte sie und kam sich im selben Moment wie eine alberne Gans vor.
Achselzuckend hielt er inne. „Wie du willst, es ist dein Bett.“
Plötzlich bemerkte sie den Dolch in seiner Hand, ein kunstvoll gearbeitetes Stück mit einem fein ziselierten, goldenen Griff. Amber schnappte nach Luft. „Was …“
Schon setzte Harun zu einem kleinen Schnitt tief in seiner Armbeuge an und fing die Blutstropfen mit der hohlen Hand auf. „Ich rette deinen Ruf, meine Liebe.“ Ein spöttisches Lächeln um die Lippen, fügte er hinzu: „Rasch, zieh die Überdecke weg, bevor das Blut auf den kostbaren Brokat tropft. Stell dir vor, das wäre ein
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