Julia Extra Band 371
her?“
„Man hat ihm ein Angebot gemacht“, erklärte Rakhal weiter. „Alle seine Schulden werden bezahlt, einschließlich deiner, dafür arbeitet er sechs Monate in unseren Minen.“
„Minen?!“ Was für ein Land war das hier?! Was würden sie Mark hier antun?!
„Er wird als reicher Mann von hier abreisen. Sechs Monate harte Arbeit, in denen er anstatt eines Schuldenbergs nur Muskelmasse aufbauen wird. Er ist kein Sklave, sondern er erhält die Chance, sich ein neues Leben aufzubauen. Du wirst bald mit ihm reden können.“ Und es gab noch einen anderen Grund. „Solltest du nicht schwanger sein, bleiben dir damit sechs Monate in London, um dein Leben wieder in Ordnung zu bringen.“
Er verstummte, und Natasha versuchte, die Dinge zu verarbeiten, die er ihr gesagt hatte. Trotz ihrer Angst, trotz ihrer Verwirrung glühte da auch ein Hoffnungsfunke auf. Endlich hatte ihr Bruder eine neue Chance.
„Ich würde dir niemals wehtun“, hob Rakhal jetzt wieder leise an. „Das alles hätte ich dir erklärt, wenn man dich gleich zu mir gebracht hätte.“
Zum ersten Mal, seit sie aus dem Flugzeug gestiegen war, konnte sie ihn ansehen. Und sie erkannte in ihm plötzlich den Mann wieder, den sie in London kennengelernt hatte. Erst jetzt war ihr klargeworden, über wie viel Macht Rakhal verfügte – und dass sie selbst sich nicht gerade vernünftig verhalten hatte. Ja, sie war noch Jungfrau gewesen, aber sie hatte der gemeinsamen Nacht mit Rakhal von ganzem Herzen zugestimmt. Also würde sie jetzt auch für die Konsequenzen einstehen.
„Rakhal, ich akzeptiere meine Verantwortung für unsere gemeinsame Nacht.“ Sie schluckte bemüht. „Mir ist klar, dass eine Menge Entscheidungen getroffen werden müssen, falls ich schwanger sein sollte. Aber ich kann jetzt nicht auch noch bewusst versuchen, schwanger zu werden. Und darum geht es doch heute Nacht …“
„Das verstehe ich“, warf er sofort ein. Er glaubte an die Tradition, er glaubte an die Wüste, doch er war auch ein moderner Mann. Und in diesem speziellen Fall würde er sich gegen den Willen seines Vaters wenden und die Regeln der Wüste ignorieren. „Wir …“ Dieses Mal war er es, der zögerte. „… wir hätten heute Nacht nicht miteinander geschlafen. Auch ich bin bereit, meine Verantwortung für unsere gemeinsame Nacht zu tragen.“
Er sah ihr in die Augen, und sie nickte langsam, fing sie doch an zu glauben, dass er noch immer der Mann war, den sie kennengelernt hatte.
„Als ich dich herbrachte, ging ich davon aus, dass du im Palast leben würdest. Doch mein Vater beharrte darauf, dass die Regeln befolgt werden. Hier kann niemand sich vorstellen, dass es nicht dein Wunsch ist, dem zukünftigen Thronerben das Leben zu schenken. Die Leute hier würden es niemals verstehen, dass wir beide darauf hoffen, dass du nicht schwanger bist. Und deshalb werden wir sie denken lassen müssen, dass wir alles dafür versuchen.“
„Das heißt also, wir müssen in einem Bett schlafen“, schlussfolgerte sie.
„Ganz so einfach ist das nicht. Sie müssen wirklich überzeugt sein, dass …“ Es war ihm unendlich peinlich. „Sie müssen uns hören können. Die Dienerinnen werden draußen vor dem Abteil warten.“
„Wir müssen Geräusche machen, als würden wir …?“
Er nickte.
„Aber die Schatten …“ Sie dachte an ihr Bad zurück und wie sein Schatten an der Zeltwand sie gelockt hatte.
„Sie werden unsere Schatten zu sehen bekommen, und für sie wird es wirken, als würden wir miteinander schlafen. Aber ich gebe dir mein Wort, Natasha, dass es nur Schein sein wird.“
Sie glaubte ihm, denn als sie in seine Augen blickte, hatten sie die gleiche Farbe wie der Nachthimmel.
„Manche Menschen verurteilen unsere Gebräuche, weil sie nicht genug darüber wissen. Aber solltest du mit meinem Kind schwanger sein, bist du die am höchsten angesehene und kostbarste Person in diesem Land.“
Rufe erklangen in der Ferne, in der Dunkelheit bewegten sich Schemen auf sie zu.
„Wenn das hier vorüber ist und du nicht schwanger bist, werde ich mich dennoch um dich kümmern. Du erhältst einen Stempel in deinen Pass, den nur der Kronprinz ausgeben kann. Dieser Stempel bewirkt mehr als alle Worte. Deinem Bruder wird es hier gut ergehen. Ich werde auf ihn achten, und du kannst ihn besuchen, wann immer du willst. Ich weiß, ich habe nichts getan, um es zu verdienen, aber … ich bitte dich um dein Vertrauen.“
Ganz konnte Natasha ihm ihr Vertrauen nicht
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