Julia Extra Band 371
er anderes zu tun, als sich den Kopf über ihre frühe Abreise zu zerbrechen.
In seinem Leben würde weiterhin kein Platz für sie sein.
Die gläsernen Delfine waren ihr Abschiedsgeschenk gewesen. Sie hatte gelogen mit der Behauptung, sie hätte diese Andenken in der Zwischenzeit völlig vergessen gehabt.
Manchmal, wenn sie wegen ihrer kranken Mutter besonders traurig gewesen war, hatte sie die gläserne Skulptur aus ihrem Karton geholt, sie in den Händen gehalten und sich an die schönen Tage auf Capri erinnert.
Und sich dabei gewünscht, wenigstens noch einmal für wenige Stunden so unbeschwert und glücklich zu sein wie damals.
Ihr Wunsch war in Erfüllung gegangen. Und was hatte sie jetzt davon? Sie war schlimmer dran als vorher, denn sie hatte sich ernsthaft in einen Mann verliebt, der keine Ahnung davon hatte.
Wenigstens hatte er sich über das Geschenk gefreut und es auch gezeigt. Tatsächlich war er richtig gerührt gewesen.
Da hatte sie sich umso inständiger gewünscht, dass alles anders sein könnte.
Stattdessen würde Callie sich weiterhin um seine Kampagnen kümmern und Geld für die Pflege ihrer Mutter verdienen. Und Archer würde durch die Welt gondeln und an den herrlichsten Stränden surfen, weit weg von Melbourne.
Weit weg von all den Erinnerungen – die ihr nun ein ganzes Leben lang genügen mussten.
Ja, ich muss mit meinem Leben wie bisher weitermachen, sagte Callie sich, nachdem Tom sie vor ihrem Apartmenthaus abgesetzt hatte. Das hieß, sie würde als Erstes ins Rivera gehen, um Artie frohe Weihnachten zu wünschen, und sich anschließend um ihre Mutter kümmern.
In dem Lokal ging es schon hoch her, dabei schenkte Artie an Weihnachten eine spezielle Sangria ganz ohne Alkohol aus. Viele Leute kamen nach der Weihnachtsmesse, um ein Glas zu trinken, dann wurde mit der Familie weiter gefeiert.
Callie hatte diese Tradition immer genossen, weil es ihr einen Eindruck verschaffte, wie wirklich fröhliche Weihnachten aussahen. Die kannte sie weder aus ihrer Kinderzeit, in der ihr Dad meist durch Abwesenheit geglänzt hatte, noch jetzt, da der hoffnungslose Zustand ihrer Mutter einen Schatten auf alles warf.
Sie bahnte sich einen Weg durch die Menge der Feiernden, von denen viele Weihnachtsmannmützen oder blinkende rote Nasen trugen. Als sie Artie hinter dem Tresen entdeckte, hob sich ihre Laune spürbar.
Ihr alter Freund war dieses Jahr ausgefallener denn je kostümiert: mit einem riesigen Rentiergeweih, einer tennisballgroßen roten Nase und einem bis zum Gürtel reichenden, wallenden weißen Bart.
Es freute Callie, dass Artie das Leben wieder genießen und sich freuen konnte. Nach dem Tod seiner Frau war er lange wie am Boden zerstört gewesen.
Er winkte heftig. „Callie! Hallo, querida . Komm her und lass dich umarmen.“
Sie tat ihm den Gefallen und wurde von ihm fast erdrückt.
„Frohe Weihnachten“, rief er dröhnend. „Komm, trink ein Glas Sangria. Und dann erzähl mir alles über die vergangene Woche.“ Er füllte ein Glas und schob es ihr hin. „Wie ist es mit der Arbeit gelaufen? Und was war mit deiner alten Liebe?“
Letztes Mal hatte sie abgestritten, dass sie einmal in Archer verliebt gewesen wäre, diesmal hatte sie nicht die Energie zu lügen.
„Die Arbeit war ausgesprochen interessant.“ Sie schilderte Einzelheiten.
„Klingt beeindruckend. Und wie war die Freizeit?“
Callie wurde rot. Rasch trank sie einen Schluck, um nicht antworten zu müssen.
Artie strich ihr über die Wange. „Du bist verliebt, Kleines. Das sehe ich deutlich. Du hast diesen gewissen Blick: Er funkelt, und trotzdem ist auch Traurigkeit dabei. Hat deine alte Liebe dir das Herz gebrochen?“
„Nein, nein, nichts dergleichen“, wehrte sie ab.
An ihrem Herzschmerz war sie selbst schuld! Warum hatte sie sich verliebt, obwohl sie wusste, dass die Affäre nur von kurzer Dauer sein würde?
„Wenn du darüber reden möchtest, Callie, ich bin ganz Ohr“, bot Artie ihr an.
Sie wusste, dass er wunderbar zuhören konnte. Wie oft hatte sie ihm ihre schwersten Ängste und ärgsten Schuldgefühle gestanden! Aber nicht einmal mit ihm wollte sie über Archer reden. Es gab nichts zu sagen.
Ihre Wege hatten sich getrennt und würden nie mehr zusammenlaufen.
Artie schnippte mit den Fingern. „Aha. Ich merke, du willst mit einem alten Mann nicht über deine Herzensangelegenheiten sprechen. Das verstehe ich. Wenn du es dir aber anders überlegst, weißt du, wo du mich findest.“
„Danke,
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