Julia Extra Band 371
benommen und schrecklich kränkende Dinge gesagt hatte, die er gar nicht meinte.
Dabei hatte er nur vermeiden wollen, dass Callie ihm zu nahe kam. Lieber sich auf niemand verlassen, als irgendwann verlassen zu werden!
Was hatte er nicht alles Dummes gesagt! Sie hätte zu viel in einen Urlaubsflirt gedeutet. Es wäre doch nur um den Spaß gegangen. Sie solle mal ein bisschen entspannter werden und weniger klammern, sonst würde sie noch mehr Männer vergraulen.
Aber morgen mache ich alles wieder gut und sage das, was sie hören möchte, nahm Archer sich vor.
„Ich war ein Mistkerl“, tadelte er sich selbst.
„Aber du hattest recht“, meinte sie ausdruckslos.
„Ich bin echt verblüfft, dass du die Delfine all die Jahre aufbewahrt hast, Callie.“
Sie seufzte leise. „Tatsächlich hatte ich vergessen, dass ich sie habe. Erst als du mich dazu gedrängt hast, den Weihnachtsabend hier zu verbringen, fielen sie mir wieder ein. Und ich habe gedacht, sie wären als kleines Geschenk ganz okay.“
„Als kleines Geschenk okay?“, wiederholte Archer ungläubig.
Tat sie nur so gleichgültig oder bedeutete ihr das alles tatsächlich nichts? Sie hatte ihm etwas geschenkt, das er sich seit Jahren gewünscht hatte, und sie tat so, als wäre es nichts Aufregenderes als ein Paar Wollsocken!
„Es ist doch nur ein typisches Souvenir“, erklärte Callie beiläufig. „Damals war ich noch sehr naiv. Dieses Mal wusste ich ebenso gut wie du von Anfang an, dass es nur eine kurze Affäre wird. Keine großen Erwartungen, also auch keine Enttäuschungen oder verletzte Gefühle.“
Sie lachte kurz und verschränkte die Finger mit seinen.
„Wie hast du damals so treffend gesagt, Archer: Es war eine kurze, aber schöne Zeit. Dieses Mal war es das ebenfalls. Betrachte das Geschenk also auch als kleinen Dank für die angenehmen Stunden.“
Völlig sprachlos sah er ihr zu, wie sie die Delfine nahm und auf den Couchtisch stellte. Dann spürte er ihre Arme um den Nacken, ihre Lippen auf seinen – und die brennende Leidenschaft, die Callie zu ihm drängte.
Dahinter war noch etwas zu ahnen: etwas wie Verzweiflung und Furcht.
Hatte Callie Angst vor der Zukunft? Angst vor dem Abschied?
Das alles würde er sie fragen.
Morgen.
Jetzt wollte er Callie nur zeigen, wie viel sie ihm bedeutete.
Seine unreifen Abschiedsworte von damals konnte er nicht wieder zurücknehmen. Aber seine Taten würden mehr sagen als alle Worte.
9. KAPITEL
Callie war nicht stolz auf das, was sie getan hatte. Sie hätte Archer letzte Nacht die Wahrheit sagen sollen. Sie hätte sich nicht im Morgengrauen wie eine Diebin davonstehlen dürfen. Oder Tom als Fluchthelfer einspannen.
Der hatte netterweise ihr Geheimnis nicht verraten, nachdem sie ihn bei der Hochzeitsfeier um Hilfe gebeten hatte.
Archer hatte keinen Verdacht geschöpft.
Sie hatte ihre Chance gehabt, sich zu verabschieden, und sie hatte sie ausgiebig genutzt. Mehrere Male. Und jedes Mal war es noch leidenschaftlicher, inniger und erotischer gewesen.
Jedes zärtliche Wort hatte sich ihr ins Gedächtnis geprägt, sie hatte jede Liebkosung genossen und jede Berührung wie eine Kostbarkeit empfunden.
Falls Archer von ihrer fordernden Wildheit überrascht gewesen war, hatte er sich nichts anmerken lassen. Er hatte sich vielmehr von ihr mitreißen lassen und sie zu unvorstellbaren Höhen der Ekstase geführt, von denen sie bisher nur in Liebesromanen gelesen hatte.
Nun saß Callie in Toms Auto, Izzy lag schlafend auf der Rückbank. Tom hatte aufgehört nachzubohren, was eigentlich los war. Zum Glück!
Außerdem hatte er nichts gegen seinen Bruder gesagt, außer, dass der dumm wäre, eine so tolle Frau gehen zu lassen. Und das sogar zum zweiten Mal.
Callie hatte ihm die halbe Wahrheit gestanden und behauptet, sie und Archer hätten sich bereits ausgiebig verabschiedet. Und dass sie beide sich darauf freuten, wieder zum normalen Alltagsleben zurückzukehren. Und dass sie am ersten Weihnachtstag so früh wie möglich ihre Mutter im Heim besuchen musste.
Ja, das waren viele einleuchtende, vernünftige Gründe … für eine kopflose Flucht.
In Wahrheit hätte sie die lange Rückfahrt mit Archer nicht ertragen. Und schon gar nicht den dann notwendigen Abschied, der nur zu Verlegenheit geführt hätte.
Nun konnten sie aber die alte Arbeitsbeziehung nahtlos wieder aufnehmen und sich E-Mails schicken, wenn das Geschäft es erforderte.
Archer würde ohnehin heute noch Australien verlassen. Da hatte
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