Julia Extra Band 374
Emma Geary in seiner Familie nie willkommen geheißen werden würde.
Wortlos zog er einen Stapel Fotos aus einem Umschlag und breitete sie auf dem Schreibtisch aus. Emma erblasste erneut. Es waren alte Fotos, sehr alte Fotos … dennoch erkannte sie sie sofort.
„Haben Sie die schon einmal gesehen?“, fragte Zak mitleidlos.
Sie konzentrierte sich auf das erste Foto in der Reihe. Es zeigte sie und Louis an ihrer Hochzeit. Für die Regenbogenpresse war es das Ereignis gewesen. Eine neunzehnjährige Unbekannte heiratete einen alternden Rockstar, der mehr als doppelt so alt war wie sie. Ungläubig betrachtete Emma ihr Gesicht auf dem Foto. Wie jung sie damals gewesen war! In dem weißen Kleid aus fließendem Seidenchiffon und einer Wildblumengirlande im blonden Haar, das ihr fast bis zur Taille reichte, hatte sie wie eine zarte Blumenfee ausgesehen, die sich in die Großstadt verirrt hatte. Das waren zumindest Louis’ Worte gewesen, und in ihren Flitterwochen hatte er einen Song dazu geschrieben … zwischen kräftigen Schlucken aus der Whiskyflasche, die immer in seiner Reichweite war.
„Natürlich kenne ich die Fotos“, antwortete sie ehrlich.
Aber sie hatte Angst … vor dem Schmerz, den die Beschwörung der Vergangenheit immer noch auslöste. Sie betrachtete die vertrauten Schnappschüsse, wie sie mit Louis aus bekannten Promilokalen kam und ihren Mann stützte in dem verzweifelten Versuch, die wartende Pressemeute nicht sehen zu lassen, wie betrunken er wieder einmal war. Einige Fotos stammten aus verschiedenen Nachtclubs, die damals Kult gewesen waren – und inzwischen längst Geschichte. Das blonde Mädchen, das dort in einem superkurzen Minikleid selbstvergessen auf der Bühne tanzte, kam Emma heute wie eine Fremde vor. Wie sehr sie sich bemüht hatte, Louis zu gefallen! So zu sein, wie er sie sich wünschte. Das sei es, was die Männer wollten, hatte ihre Mutter ihr beigebracht. Erst viel später, nach dem schmutzigen Ende ihrer traurigen Ehe, hatte Emma begriffen, dass ihre Mutter in Bezug auf Männer das denkbar schlechteste Vorbild gewesen war.
„Es muss Sie ganz schön Mühe gekostet haben, die aufzutreiben“, bemerkte sie so ruhig wie möglich. „Immerhin ist das fast zehn Jahre her.“
„Was sind schon zehn Jahre? Man muss nur wissen, wo man suchen muss.“ Ein Foto zeigte die blutjunge Emma, wie sie in einem kurzen Perlenröckchen mit ihrem sexy Po zur Musik wackelte. Ein Anblick, bei dem es Zak ungebeten heiß durchzuckte. Unwillig schob er das Foto beiseite. „Aber Sie verstehen sicher, dass Sie als zukünftige Schwägerin nicht meine erste Wahl sind.“
„Rechnen Sie immer gleich mit einer Heirat, wenn Ihr Bruder mit einer Frau ausgeht?“, fragte sie, entschlossen, sich nicht einschüchtern zu lassen. „Ist das nicht etwas voreilig?“
„Ich gründe meine Annahmen auf Erfahrung“, erwiderte er schroff. „Und ich kenne die Frauen gut genug, um zu wissen, welche außerordentliche Anziehungskraft ein großes Vermögen ausübt. Der Name Constantinides sichert einem für gewöhnlich die ungeteilte Hingabe des weiblichen Geschlechts.“
„Sogar in Ihrem Fall?“, konnte sie sich nicht verkneifen zu fragen.
„Sogar in meinem Fall.“
Sein sarkastischer Ton veranlasste sie fast, ihm die Wahrheit ins Gesicht zu schleudern und ihn darüber aufzuklären, dass er alles komplett missverstanden hatte und sie und sein Bruder nur gute Freunde waren. Aber etwas hinderte sie daran … und bei genauem Hinsehen erkannte sie, dass es der Wunsch war, ihm ebenfalls so wehzutun, wie er ihr mit dem Aufwühlen ihrer Vergangenheit wehgetan hatte. Der Gedanke, dass sie eine Beziehung mit seinem kleinen Bruder haben könnte, quälte ihn? Umso besser! Sollte er sich ruhig noch etwas länger sorgen, bis sie die Gelegenheit hatte, mit Nat persönlich darüber zu sprechen.
„Ich tue mich schwer damit, Ihnen deutlich zu sagen, was ich von Ihren ungeheuerlichen Anschuldigungen halte, weil Sie mein Arbeitgeber sind“, erklärte sie deshalb ruhig. „Ich traue Ihnen durchaus zu, mich zu feuern, wenn ich kein Blatt vor den Mund nehme.“
„Im Gegenteil“, widersprach er. „Das englische Arbeitsrecht ist sehr arbeitnehmerfreundlich. Weshalb ich unglücklicherweise keine Möglichkeit sehe, Sie zu feuern, es sei denn, Sie würden sich etwas so Ungeheuerliches zuschulden kommen lassen, dass ich keine andere Wahl habe.“
Flüchtig fragte sie sich, ob es in diesem Sinne wohl ungeheuerlich genug wäre, ihm
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