JULIA FESTIVAL Band 89
verbergen, das kann sie wirklich gut, dachte Mac. Mir soll’s recht sein. Ich will nämlich gar nichts Näheres darüber wissen.
Doch sie blickte immer wieder zu ihm hinüber, und Mac konnte gar nicht anders, er ging langsam auf sie zu. Er fühlte sich wie an einem Bungee-Sprungseil, das an Taylor befestigt war. Und das, obwohl er sich gerade eben erst vorgenommen hatte, von hier zu verschwinden?
Als er Taylor erreicht hatte, wich seine Benommenheit langsam, und er nahm seine Umgebung wieder wahr. Er spürte die kühle Luft und hörte die aufgetakelte rothaarige Frau links von Taylor sagen: „Es überrascht mich, dich hier zu sehen, Taylor. Eigentlich hatten wir gehört, dass du – wie soll man es ausdrücken? – dass du auf der sozialen Leiter ein paar Sprossen nach unten gerutscht seist.“
„Ganz nach unten“, fügte die perfekt frisierte Frau zu Taylors Rechten hinzu. „Bis zur untersten Sprosse.“
Einige der Frauen lachten, so als würden sie sich alle über den Scherz amüsieren. Doch im Grunde bestand kein Zweifel, dass sie sich alle über Taylor lustig machten.
Sie wandte sich wieder den Frauen zu und wirkte dabei so kühl und abweisend, als könnte ihr der Spott der anderen überhaupt nichts anhaben.
„Wir haben von dem Testament gehört.“ Die Frau, die das sagte, schaffte es nicht ganz, einen überzeugend mitfühlenden Blick aufzusetzen. Ihre Häme ließ sich nicht überspielen. „Hat dein Großvater wirklich sein ganzes Geld deiner Mutter vermacht und dir keinen Cent hinterlassen?“
Unbeeindruckt erwiderte Taylor ihren Blick. „Was spielt das für eine Rolle? Ich brauche kein Geld von irgendwem.“
Als sei das der beste Witz des Abends, fingen alle an zu lachen.
Taylor presste die Lippen zusammen.
„Du bist so witzig“, stellte die Rothaarige fest. „Du bringst mich immer zum Lachen.“
„Deine Mutter sieht gut aus“, stellte eine der anderen fest. „Und mit dem Geld von ihrem Daddy kann sie sich zur nächsten Wahl bestimmt eine spitzenmäßige Kampagne leisten.“
„Ganz bestimmt“, erwiderte Taylor nur.
Mac wusste nicht genau, worüber diese Frauen sprachen, aber weil er den Blick nicht von Taylor abwenden konnte, war ihm etwas aufgefallen, das ihn erschreckte.
Ihre Körperhaltung wirkte ganz gelassen, nur an ihrem Blick sah er, dass der Spott der anderen Frauen ihr doch zu schaffen machte. Offenbar spielte es für sie eine große Rolle, was diese Frauen von ihr hielten.
Wieso war er eigentlich nicht sofort weggerannt?
Eine andere Frau aus der Gruppe tätschelte Taylors Arm. „Ich jedenfalls finde, du hast dich bis jetzt tapfer geschlagen.“
„Wenigstens hast du noch all diese fantastischen Sachen zum Anziehen.“ Neidisch betrachtete die Rothaarige Taylors atemberaubendes Kleid. „Jetzt musst du einfach nur damit anfangen, jedes Teil mehr als einmal zu tragen.“
„Und keine Sorge, bei unseren monatlichen Treffen zahlen wir deinen Lunch mit“, bot eine andere an.
Mac hätte gern ein paar dieser Frauen erwürgt. Hatte er nicht gerade eben noch gedacht, dass Taylor perfekt in diese Gruppe passte? Auf einmal wirkte sie überhaupt nicht mehr wie ein Plastikpüppchen, sondern wie ein ganz normaler Mensch, der verletzt war.
„Wie nett von euch, dass ihr euch so um meine finanzielle Lage sorgt.“ Taylors Stimme klang eiskalt. „Sehr rührend.“
Jetzt lächelte nur noch Mac.
„Aber macht euch keine Sorgen um mich“, fuhr sie fort. „Ich komme sehr gut zurecht.“ Sie wandte sich um und ging von den Frauen weg. Und auch von Mac.
Den Kopf hielt sie hoch, und sie sprach mit niemandem mehr. Taylor wollte auf die Veranda und von dort in den angrenzenden botanischen Garten gehen, der von der Historischen Gesellschaft finanziert wurde.
Sie öffnete die Türen und trat hinaus in die Nacht. Mac folgte ihr wie ein Welpe, der sich nach Streicheleinheiten sehnt.
5. KAPITEL
Taylor atmete tief durch und trat in die warme Sommernacht. Nein, beschloss sie, ich werde mich zusammennehmen und das alles nicht an mich heranlassen. Sie war unendlich traurig, aber die Sticheleien dieser Frauen, die sie früher für Freundinnen gehalten hatte, hatten nur wenig damit zu tun.
Diese Frauen waren ihr unwichtig, aber Taylor fühlte sich unsagbar einsam, obwohl ihre eigene Mutter auch auf der Party gewesen war. Ja, sie hatten sich begrüßt und sich das obligatorische Küsschen gegeben, haarscharf an der Wange vorbei, denn schließlich musste man ja darauf achten, dass das Makeup
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