JULIA FESTIVAL Band 89
Suzanne wusste sich keinen Rat. Auf einmal wurde sie wütend auf sich selbst, weil sie ihre Gefühle einfach nicht unter Kontrolle bekam. So, wie sie war, lief sie die Treppe hinunter.
Unten im Erdgeschoss traf sie auf Taylor, die in dem Raum mit den großen Fenstern zur Straße hin sauber machte. Sie sah in ihrer frischen weißen Bluse und der beigefarbenen Hose so tadellos aus wie immer. „Guten Morgen, Taylor.“
„Hallo. Guten Morgen“, erwiderte sie, ohne sich umzudrehen, während sie den Besen schwang. „Ich mach hier Klarschiff und richte alles her. Wir brauchen jemanden mit genug Geld, der hier einzieht und wieder ein Geschäft eröffnet oder was auch immer. Ich habe mir überlegt, ob … Oje.“ Im Sprechen hatte sie sich umgewandt, und erst jetzt bemerkte sie, wie aufgelöst Suzanne war. „Was ist denn los?“
„Weißt du, wo Ryan zurzeit arbeitet?“
„Lass mich nachdenken.“ Sie hob die perfekt gezupften Augenbrauen. „Wenn ich jetzt Ja sage, rennst du dann im Schlafanzug und mit einer Salatzange und Kerzen los? Ist das übrigens eine Salatzange?“
Suzanne blickte an sich hinunter. Manche Frauen trugen heutzutage weniger Stoff am Leib, wenn sie auf die Straße gingen, und ihr war es auch egal, dass sie unfrisiert und ungeschminkt war. Schließlich hatte sie nicht vor, an einem Schönheitswettbewerb teilzunehmen. „Das werde ich, ja. Er … er hat mir Geschenke gemacht, Taylor.“
„Dieser Mistkerl.“
„Ganz meine Meinung.“
Taylor verbiss sich ein Lächeln. „Was hat er dir denn geschenkt?“
„Nichts Einfallsloses wie zum Beispiel Blumen. Nein, nein, so leicht macht er’s mir nicht. Er hat genau das Richtige getroffen. Dinge, die ich liebe, mir aber niemals kaufen würde.“
„Also wirklich.“ In gespielter Empörung schüttelte Taylor den Kopf. „Das ist echt die Höhe.“
„Kommt noch schlimmer.“
„Sag bloß.“
„Ich glaube, er mag mich wirklich. Es geht ihm nicht nur um Sex.“
„Was fällt dem Typen ein!“
Jetzt musste Suzanne herzhaft lachen. Es war ihre typische Reaktion auf Stresssituationen, und es erleichterte sie auch ungemein.
„Ach, Liebes, gib’s endlich auf. Heirate ihn.“
Schlagartig verstummte Suzannes Lachen. Ungläubig sah sie Taylor an und wusste jetzt überhaupt nicht mehr, was sie sagen sollte. „Du bist genauso verrückt wie er“, erwiderte sie schließlich verlegen.
„Findest du? Was tut er dir denn noch Entsetzliches an? Abgesehen davon, dass er dir Geschenke macht und dass ihr tollen Sex habt?“
„Er geht mir nicht mehr aus dem Kopf, das tut er mir an!“
Taylor lächelte geheimnisvoll. „Er arbeitet vor dem Pasadena Target, dem Einkaufszentrum. Da muss er ein paar Palmen beschneiden.“
Das Einkaufszentrum war nicht weit entfernt. Suzanne konnte leicht zu Fuß dort hingehen, Ryan sagen, dass das alles nicht lustig sei und dass er mit den Geschenken aufhören solle. Sie wäre in nicht einmal einer halben Stunde wieder zurück. „Vielen Dank.“ Impulsiv zog sie Taylor in die Arme und drückte sie kurz.
Taylor erwiderte die Umarmung. „Wofür war das denn?“
„Dafür, dass du über mich gelacht hast. Ich habe mich viel zu ernst genommen.“
Suzanne war schon an der Haustür, da rief Taylor ihr nach: „Schickst du ihn jetzt in die Wüste, oder gibst du ihm einen dicken Kuss?“
„In die Wüste“, rief Suzanne zurück, ohne lange zu überlegen. Aber gleichzeitig sehnte sie sich danach, ihm den Kuss zu geben.
Ryan hing in einem Sicherheitsgurt in zwanzig Metern Höhe. Während er sich mit einem Fuß an der verglasten Fassade des Hochhauses abstützte, stand er mit dem anderen auf der Leiter und kappte die vertrockneten Blätter einer riesigen Palme.
Gerade überlegte er, wo er den nächsten Schnitt ansetzen sollte, da sah er etwas aus den Augenwinkeln. Unten kam jemand schnellen Schrittes auf Russ zu, der die Leiter hielt.
Es war eine Person mit aufregenden Kurven und wildem rotem Haarschopf. Sie hielt etwas in den Armen und wirkte sehr aufgebracht.
Selbst in dieser Höhe konnte Ryan ihren Ärger spüren.
„Du hast Besuch“, stellte Rafe fest, der noch ein paar Meter über ihm auf der Leiter stand.
Als ob Ryan nicht sofort gewusst hätte, dass sie es war. Sobald Suzanne in seine Nähe kam, hatte er das Gefühl, dass alles in ihm sich wie ein Radar auf sie ausrichtete. „Ich hab sie schon gesehen.“
Sie stiegen beide die Leiter hinab. Suzanne hielt den Blick unverwandt auf Ryan gerichtet, und er fragte
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