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Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Titel: Modesty Blaise 05: Die Goldfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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    Die Versuchung ereilte Nowikow so plötzlich, so unerwartet wie die Kugel eines Meuchelmörders. In den annähernd dreißig Jahren seines Lebens als Erwachsener hatte er niemals mit dem aufwühlenden Gedanken gespielt, der an einem ruhigen Nachmittag über ihn hereinbrach, als er an seinem Arbeitstisch in einem der vielen kleinen Labors saß, die in den grauen Mauern der Abteilung für Satellitenaufklärung in der Schabolowka-Straße untergebracht waren. Mischa Nowikow war ein ruhiger, pflichtbewußter Mensch. Seine Akte wies ihn als absolut zuverlässigen Mann ohne politische Ambitionen aus. Seine Verläßlichkeit beruhte nicht auf Schwäche oder Angst, sondern einfach darauf, daß er sich mit den Gegebenheiten abfand, so wie sie waren und, soweit sein Gedächtnis zurückreichte, immer gewesen waren.
    Als junger Mann hatte er in der Roten Armee gedient, und bei Kriegsende war er in das KGB übernommen worden. Weil er recht gut Deutsch sprach, hatte er im Abschnitt Berlin gearbeitet und dort eine nützliche Rolle in dem blutigen und undurchsichtigen Untergrundkampf zwischen Ost- und Westagenten gespielt. Während dieser Zeit hatte er unter dem Kommando von Oberst Starow bei vielen Intrigen seine Hand im Spiel gehabt, Menschen und Informationen gekauft und verkauft, Fallen gestellt und Fallen vermieden und zwei Männer und eine Frau getötet, ohne dabei Vergnügen oder Reue zu empfinden.
    Sein Hobby war die Fotografie, und auf diesem Gebiet brachte er es zu einer Meisterschaft, die seinen Vorgesetzten nicht verborgen blieb. Er wurde für ein Jahr auf eine Schule geschickt und bekam dann einen Posten in den Laboratorien der Abteilung für Aufklärung aus großer Flughöhe.
    Innerhalb weniger Jahre ließ die rapide technische Entwicklung seine frühere Arbeit primitiv erscheinen.
    Einst hatte er mit Mosaiken aus Schwarzweißfotos gespielt. Jetzt bediente er sich eines Arsenals von Sensoren mit großer Reichweite. Satelliten kreisten um die Erde, ausgerüstet mit den neuen Spürgeräten, deren Funktionsbereich das gesamte elektromagnetische Spektrum umfaßte.
    Mischa Nowikow spielte mit den Ergebnissen von Lichtwellen und Tonwellen, Funk und Radar, Wärme und Röntgenstrahlen, Magnetismus und Laserstrahl.
    Das waren seine Augen. Sie vermochten Wolken, Wasser und Wald zu durchdringen, ja sogar die Erde selbst.
    Er hatte nie beobachtet, wie ein Sputnik in eine Umlaufbahn geschossen wurde, war nie in einem Aufklärer mitgeflogen. Nowikow befaßte sich nur mit den auf Film registrierten Daten, die ihm ins Labor gebracht wurden. Manchmal wurden die Daten per Funk aus dem Weltraum übermittelt, manchmal wurde der Film im Weltraum belichtet und in einer Kapsel an einem Fallschirm abgeworfen.
    Nowikow gehörte zu den Leuten, die diese Daten auswerteten. Auf einem Film, der aus einer Höhe von vierhundertfünfzig Kilometer belichtet worden war, konnte er noch Objekte ausmachen, die nicht größer als sein Arbeitstisch waren. Mit Hilfe eines durch Schrägsichtradar belichteten Films konnte er dichte Vegetation und die Erdoberfläche durchdringen, um Aufschluß über die darunterliegenden Gesteinsschichten zu bekommen. Mit Infrarot-Fotografie konnte er kranke Bäume oder Ernten erkennen, vulkanische Aktivität vorhersagen, Waldbrände lokalisieren.
    Er spielte mit Farbfiltern, optischen Kombinatoren und all den Instrumenten, die die rasch fortschreitende neue Technologie bereitstellte; und er hatte immer geglaubt, er sei ganz zufrieden – bis zu jenem überwältigenden Augenblick, als die Versuchung plötzlich aus dem Nichts auftauchte und ihn übermannte. In weniger als zehn Sekunden war alles überstanden. Er drehte den Projektor zurück, projizierte das eine Bild auf die Leinwand und starrte wie gebannt darauf.
    Da war er, der schmale orangefarbene Streifen. Auf der ganzen Welt gab es nur eine Handvoll Leute, denen dieser Streifen etwas sagen konnte. Und Nowikow gehörte zu diesen wenigen. Für ihn bedeutete er, daß er reich und frei sein konnte. Merkwürdigerweise war ihm nie zuvor der Gedanke gekommen, daß er Geld und Freiheit entbehrte. Doch jetzt war es, als hätte er schon immer den heftigen, bitteren Wunsch verspürt, der sich nun auf einmal in ihm regte.
    Bedenken stellten sich ein. War es möglich, daß der Film einen Fehler hatte? Das ließ sich gleich feststellen, an Hand des Films, den die zweite Kamera des Versuchssatelliten aufgenommen hatte. Vorschriftsmäßig legte er den zweiten Film ein und ließ ihn

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