JULIA FESTIVAL Band 95
Wort erfahren. Versprochen.“ Millie lächelte. „Obwohl ich glaube, dass du dir unnütz Sorgen machst. Geld bedeutet ihm nicht viel. Du solltest in Ruhe mit ihm darüber reden.“
Elissa glaubte nicht, dass dies eine gute Idee war. Cole wirkte sowieso jedes Mal verärgert, wenn er gezwungen war, mit ihr zu reden. Sie fragte sich immer häufiger, warum er nicht längst an Scheidung gedacht hatte.
Millie sah auf ihre Armbanduhr und erhob sich. „Es ist spät geworden. Ich werde noch die Post durchsehen, und dann gehe ich nach Hause. Bis morgen, Elissa.“ Sie war schon fast an der Tür, als sie sich noch einmal umdrehte. „Hast du dir eigentlich noch weitere Spendenaktionen ausgedacht?“
„Nein“, erwiderte Elissa überrascht. „Darüber habe ich überhaupt noch nicht nachgedacht.“ Auch Elissa stand von ihrem Platz auf. „Bis morgen, Millie. Ich hole mir schnell etwas zu trinken und mache dann weiter.“
Als Elissa ungefähr zwanzig Minuten später zu ihrem Arbeitsplatz zurückkam, hatte Millie ihr einige Briefe hingelegt, die noch geschrieben werden mussten. Obendrauf lag die Broschüre eines Ausbildungscamps mit einem Sonderangebot für das Waisenhaus. Doch trotz des immensen Preisnachlasses würden sie es sich nicht leisten können, allen Kindern einen Aufenthalt im Camp zu ermöglichen. Damit wäre die Sache für Cole erledigt. Er würde entweder alle oder keinen schicken.
Entschlossen griff Elissa zum Telefon. Was sie hier tat, tat sie weder für Cole noch für sich. Sie tat es einzig und allein für die Kinder. Und deshalb musste sie das Risiko eingehen, dabei erwischt zu werden.
4. KAPITEL
Cole saß im dunklen Zuschauerraum und versuchte vergeblich, sich auf das Lustspiel zu konzentrieren, das die Theatergruppe der Oberstufenschüler zum Besten gab. Erst als das Publikum um ihn herum in schallendes Gelächter ausbrach, merkte er, dass er heute Abend an nichts anderes als an Elissa denken konnte.
Wie oft hatte er seit seiner eigenen Schulzeit schon in dieser Aula der Highschool gesessen und an den verschiedenartigsten Veranstaltungen teilgenommen. Und als Direktor des Waisenhauses war es für ihn selbstverständlich, so oft wie möglich dabei zu sein, wenn eines seiner Kinder an einer Vorführung teilnahm. Dasselbe erwartete er übrigens auch von den übrigen Angestellten. Manche kamen sogar, wenn sie eigentlich dienstfrei hatten. So wie heute Abend Elissa.
Sie saß so dicht neben ihm, dass sie ihn mit dem Ellbogen berührte. Er dachte daran, seinen Arm wegzuziehen, wollte aber nicht, dass sie seine Reaktion auf ihre Nähe bemerkte. Der Duft ihres vertrauten Parfums weckte zärtliche Erinnerungen.
Ohne es zu wollen, erinnerte sich Cole an die Zeit vor ihrer Heirat. Er hatte gewusst, dass Elissa noch Jungfrau war, und sich sexuell stets um Zurückhaltung bemüht. Es war ihm schwer genug gefallen, aber er wollte sie nicht erschrecken. Auch ihre Bitte, erst nach der Hochzeit intim zu werden, hatte er schweren Herzens akzeptiert. So kam es, dass sie sich monatelang nur auf das Küssen beschränkten. Und darin hatte Elissa es zu wahrer Meisterschaft gebracht.
Cole wollte sich auf das Stück konzentrieren. Mindy, eines der Mädchen aus dem Waisenhaus, war wirklich eine begabte Schauspielerin, und das Stück selbst war ausgesprochen unterhaltsam. Trotzdem war er abgelenkt. War es nur der Duft von Elissas Parfum, der ihn verwirrte und die Erinnerungen übermächtig wieder heraufbeschwor?
Erneutes Gelächter scheuchte ihn aus seinen Gedanken auf. Cole wurde sich erst jetzt seiner wachsenden Erregung bewusst. Ein Glück, dass es dunkel war! Mindy hatte inzwischen mit ihrer fantastischen Darbietung alle Anwesenden in ihren Bann gezogen. Sie spielte ihre Rolle nicht, sie lebte sie auf der Bühne. Cole war stolz. Er war immer stolz, wenn eines seiner Waisenkinder etwas leistete und ihm anschließend gebührendes Lob zuteil wurde. Es war eine Art Entschädigung für die Schwierigkeiten, mit denen er auch Tag für Tag fertig werden musste.
Cole fragte sich, ob er ähnliche Empfindungen hätte, wenn seine eigenen Kinder dort oben auf der Bühne ständen. Ob er überhaupt jemals Kinder haben würde? Wohl kaum. Er würde kein zweites Mal heiraten. Sein Herz hatte er bereits verschenkt – und zwar an die Frau, die jetzt hier im Dunkeln neben ihm saß.
Das Stück war zu Ende. Cole und Elissa fielen in die Begeisterungsstürme der Zuschauer ein. „Waren sie nicht wundervoll“, fragte Elissa und lächelte
Weitere Kostenlose Bücher