JULIA FESTIVAL EXTRA Band 06
dich gern sehen, Jon, und mit dir reden.“
Während er mit angehaltenem Atem auf die Reaktion seines Bruders wartete, zitterte er so sehr, dass er fast Mühe hatte, den Hörer festzuhalten.
Es gab eine lange Pause, so lang, dass er wünschte, er hätte nicht angerufen. Und lang genug, um zu befürchten, dass Jon ihn zurückweisen würde.
Wie von einer Zauberkraft angezogen, kamen auch die anderen Mitglieder der Familie, die im Wohnzimmer gesessen hatten, in die Küche. Angeregt plaudernd schlenderten sie herbei, doch dann verstummten sie schlagartig, als sie wie Jenny spürten, dass etwas Bedeutsames geschah.
„Wo bist du?“, hörten sie Jon fragen. Obwohl keiner von ihnen, mit Ausnahme von Jenny, den ersten Teil des Gesprächs mitbekommen hatte, warteten sie gebannt und beobachten, wie Jon von Rührung übermannt wurde.
„Ich bin … nicht sehr weit von dir entfernt“, gab David heiser Auskunft.
„Könntest du herkommen?“, fragte Jon.
Honor hatte die Frage gehört und nickte heftig.
„Ja. Ja, das könnte ich“, sagte David. „Wann soll ich …“
„Jetzt“, erklärte Jon mit großem Nachdruck. „Jetzt sofort!“ Dann legte er auf.
Er drehte sich zu Jenny um. „Das war David“, sagte er leise. „Er … er kommt her. Jetzt sofort.“
Sein Gesicht war bleich, aber das Gefühl, das sie in seinen Augen brennen sah, entsetzte sie weit mehr als sein schockierter Ausdruck.
„David!“, wiederholten die anderen mehr oder weniger ungläubig.
„Onkel David?“, fragte Katie.
„Dad?“, wollte Jack wissen.
„Ja“, beantwortete Jon alle Fragen, dann nickte er Jenny zu. „Ich glaube, jetzt brauche ich erst einmal einen Drink.“
„Wo? … Was? … Warum?“, fragten alle durcheinander.
„Ich weiß es nicht“, erwiderte Jon kopfschüttelnd. Er fühlte sich fast wie benommen, und vielleicht war es nicht sehr vernünftig, Alkohol zu trinken. Natürlich stand er wie unter Schock. Kein Wunder. Aber warum war er so überrascht? Schließlich hatte er … nein. Das war nicht der Grund, aus dem David zurückgekommen war. Das konnte einfach nicht sein.
„Jon, hat David gesagt, wann er hier sein wird?“, fragte Jenny ihren Mann, und ihm entging nicht, wie nervös, wenn nicht gar ängstlich seine Frau war.
„Nein. Das hat er nicht, und ich habe ihn nicht … Oh, ich kann kaum glauben, dass es nach so langer Zeit wirklich passiert“, rief er aus und spürte, wie ihm die Tränen kamen. „Endlich ist er hier. David … David! Und wenn er es sich jetzt doch noch anders überlegt?“
Besorgt ging er auf und ab. „Ich hätte zu ihm fahren sollen, anstatt hier auf ihn zu warten. Er wird ebenso nervös und ängstlich sein wie ich. Ich hätte es ihm sagen sollen.“
Mit jedem Wort, das sie hörte, wuchs in Jenny das Bedürfnis, ihren Mann zu beschützen. Ihren Jon! David hatte ihm damals sehr, sehr wehgetan, und trotzdem war er außer sich vor Freude darüber, dass er seinen Bruder wiedersehen würde.
„Es wird alles gut werden“, beruhigte Honor David. „Er wäre nicht einverstanden gewesen, dich zu sehen, wenn er es nicht wirklich wollte. Ich fahre dich hin“, bot sie an.
„Nein. Ich schaffe das schon allein“, lehnte David ab, klang jedoch nicht sehr überzeugt.
„Nein, das tust du nicht“, entgegnete Honor.
„Hier musst du nach links abbiegen“, wies David sie an. Honor tat es und sah die Umrisse eines riesigen Hauses vor sich.
„Ich setze dich am Tor ab und halte dann hier, um auf dich zu warten“, sagte sie.
Als sie das Haus erreichten, schaltete sich die Außenbeleuchtung automatisch an und erhellte das Innere des Wagens. Honor sah, wie angespannt David war. Im grellen Licht war sein Gesicht kreidebleich. Eigenartigerweise wirkte er dadurch nicht älter, sondern jünger.
„Es wird alles gut werden“, wiederholte sie und küsste ihn ermutigend auf den Mund.
Alle hörten, wie es an der Haustür läutete, aber keiner rührte sich.
„Jon …“, drängte Jenny sanft.
„Ich mache auf“, bot Max an, aber Jon schüttelte den Kopf.
„Nein … nein …“, sagte er mit bebender Stimme.
Maddy berührte Max am Arm. „David will deinen Vater sehen, nicht dich“, erklärte sie sanft.
„Ja. Weil er genau weiß, was für ein weiches Herz Dad hat. Wenn er dich um Geld bittet, Dad …“ Jenny sah Jon an, wie unpassend und taktlos er Max’ Bemerkung fand.
Langsam ging Jon durch die Eingangshalle zur Haustür. Jenny sah sich in der Küche um. Joss und Jack standen zusammen.
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