JULIA FESTIVAL EXTRA WEIHNACHTSBAND Band 03
nicht der Hahn im Korb war, für den sie ihn hielt, auch das wäre ihr nur zu recht.
Natürlich würde all das nichts bedeuten, falls er das Interesse an ihr verlieren sollte. Sie hatte genug davon, den Tag vor dem Abend zu loben. Wie ihre Großmutter immer zu sagen pflegte, war der Spatz in der Hand besser als die Taube auf dem Dach.
Irgendwie schien diese Weisheit nicht dazu beizutragen, den bohrenden Schmerz in ihrem Kopf und in ihrem Herzen zu lindern.
6. KAPITEL
Dani träumte gerade von Vögeln, die sie über Dächer jagte, als ein Klopfen an ihrer Haustür sie aufweckte. Es war eine Erleichterung, diesem Traum entfliehen zu können. Aus irgendeinem Grund hatte sie die ganze Zeit Vögel im Kopf.
Sie blinzelte zu ihrem Wecker hinüber und sah, dass es schon fast zehn Uhr war. Aber es war Sonntagmorgen, und sie erwartete keinen Besuch. Wenn es Mrs. B. gewesen wäre, hätte sie an die Treppenhaustür geklopft, nicht an der äußeren Haustür. Es konnte also nicht Mrs. B. oder das Pärchen von oben sein. Außer natürlich, jemand hatte sich versehentlich ausgeschlossen. Das war schon öfter vorgekommen, besonders nach den heftigen Wortgefechten des Ehepaares im oberen Stockwerk.
Dani quälte sich aus dem Bett. Wenigstens waren ihre Kopfschmerzen über Nacht verschwunden. Der Morgen konnte ohne Schmerzen begrüßt werden. Dani zog sich ihren Morgenmantel über und strich sich die Haare aus dem Gesicht, um zu sehen, wer jetzt so stürmisch klopfte.
Sie traute ihren Augen kaum, als sie Cameron McFarlane auf dem Treppenabsatz stehen sah. Auf seinem markanten Gesicht erschien sofort ein freudiges Lächeln, als sie die Tür öffnete. Wegen ihres unordentlichen Aussehens hatte Dani sich halb hinter der Tür versteckt, doch bot diese keinen Schutz vor seinem Blick.
Sein Lächeln war herzlich genug, sie zu verwirren, und der Rest seiner Erscheinung – er trug Jeans und einen weißen Baumwollpullover – strahlte unbändige Vitalität aus.
„Was machst du denn hier?“, fragte Dani benommen.
„Es ist Morgen“, antwortete er. „Die Sonne scheint. Es ist ein wundervoller Tag. Ich bin gekommen, um etwas mit dir zu unternehmen.“
Dani sah ihn unverwandt an und kämpfte gegen die Versuchung, die er verkörperte. Er war zu ihr gekommen. Das bedeutete, dass er sie wirklich wollte, oder?
Aber sie wusste noch immer nicht, ob er über Nicole die Wahrheit gesagt hatte oder nicht.
„Du hast mich geweckt“, sagte sie und sprach nur das ohnehin Offensichtliche aus, während sie versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. „Ich bin noch nicht angezogen“, fügte sie hinzu und schaute etwas verlegen an sich herab.
Cameron zog die Augenbrauen hoch. „Ich habe dir acht Stunden Schlaf gelassen. Das ist mehr, als ich selbst hatte, da ich mich nur hin und her gewälzt und an dich gedacht habe. Zieh dir etwas über und lass uns gehen, Dani.“
Dani schwieg und überlegte angestrengt. Automatisch strich sie mit der Hand über ihr Haar.
„Mach dir keine Sorgen um dein Haar“, drängte er, „es ist wunderschön so.“
Wunderschön? Es muss ein furchtbares Durcheinander sein, dachte Dani. Cameron bombardierte sie mit seinem Charme. Sie runzelte die Stirn.
„Ich habe Nicole noch nicht angerufen“, sagte sie missmutig.
„Dann tu es jetzt gleich.“ Seine Augen blitzten wild. „Ich würde sie selbst auch gern einmal sprechen, wenn ich es mir richtig überlege.“
Nein, dachte Dani. Dies war eine Sache zwischen Nicole und ihr. Private Familiensache. Und eine sehr ernste Sache noch dazu. Wenigstens war sie das für sie. Wenn Nicole Cameron McFarlanes Charakter aus Bosheit und Gemeinheit verleumdet hatte, war das eine furchtbare Geschichte. Denn sie waren trotz allem Schwestern.
„Ich möchte allein mit Nicole sprechen, Cameron“, sagte Dani bestimmt.
Er zögerte, und es war offensichtlich, dass er sich dagegen sträubte. Er sah Dani fest an. Sein Blick ließ die Erinnerung in ihr aufsteigen, wie sie sich in den Armen gelegen hatten, erinnerte sie an all das, was er ihr angeboten hatte. Ihr kam unangenehm zu Bewusstsein, wie wenig sie anhatte. Unter dem weichfließenden Nachthemd und dem Morgenmantel spürte sie jede Berührung der Umarmung noch einmal, und das Verlangen, diese Erfahrung zu vertiefen, war kurz vorm Überschäumen. Vielleicht spürte Cameron das und war zufrieden mit der Wirkung, die er auf sie hatte. Er lächelte wieder.
„Dann tu das. Ich werde bei Mrs. B. vorbeischauen und ein wenig mit ihr plaudern.
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