Julia Gold Band 53
hinfuhr, damit er genau planen konnte, wann und wo er sie entführen würde.
Nicht Simon Partridge, sondern Hassan. Seltsamerweise überraschte es sie nicht sonderlich. Zu ihm passte die Stimme.
Aber was wollte er von ihr? Sicher, sie hatte Der Scheich gelesen, doch das bedeutete noch längst nicht, dass sie diese Geschichte ernst nahm. Und sie glaubte auch nicht, dass Hassan sie in die Wüste entführen wollte, um sie zu vergewaltigen. Sie war Journalistin und sah die Dinge realistisch. Und warum sollte er sie gewaltsam entführen, wenn er nur mit den Fingern zu schnippen brauchte, um jede Frau zu bekommen, die er haben wollte?
„Nun?“
Rose nickte stumm, um Hassan zu verstehen zu geben, dass sie nicht schreien würde.
„Danke“, erwiderte er höflich. Aber blieb ihr eine andere Wahl? Als wollte er ihr beweisen, dass er ein Gentleman war, nahm Hassan sofort die Hand von ihrem Mund, setzte Rose ab und lockerte seinen Griff. Vielleicht war er es gewohnt, dass man ihm gehorchte, und kam gar nicht auf die Idee, dass sie sich ihm widersetzen könnte. Möglicherweise wäre es auch vergebens gewesen. Schließlich war nur noch Tim hier. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie still es um sie her war.
„Wo ist Tim? Was haben Sie mit ihm gemacht?“ Sie wirbelte herum und sah Hassan entsetzt an.
„Nichts. Er jagt immer noch Abdullahs Lieblingshengst nach.“ Seine Augen funkelten. „Vermutlich wird er eine Weile fort sein. Hier entlang, Miss Fenton.“
Ihre Augen hatten sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt, und sie erkannte die Umrisse des Landrovers, der in einiger Entfernung in der Wüste stand. Es war kein Stadtmodell wie der Wagen ihres Bruders, sondern einer jener robusten Geländewagen, wie die Militärs sie benutzten.
Sehr viel praktischer als ein Pferd, dachte Rose. Ihr war klar, dass sie Hassan ausgeliefert war, dass er sie entführen konnte, wohin er wollte, wenn es ihr nicht gelang, zu fliehen und ihm in dem felsigen Gelände vor ihnen zu entkommen. Als könnte er ihre Gedanken lesen, verstärkte Hassan seinen Griff und schob sie auf den wartenden Landrover zu.
Obwohl sie Angst hatte, war die Journalistin in ihr hellwach und neugierig auf das bevorstehende Abenteuer. Und er sollte nicht etwa glauben, dass sie freiwillig mitkam. „Das soll wohl ein Scherz sein“, erklärte sie und blieb entschlossen stehen.
„Scherz?“ Er blickte an ihr vorbei. Der Mond ging auf, und als sie sich umdrehte, erkannte sie in der Ferne die dunklen Umrisse ihres Bruders. Er hatte es geschafft, den Hengst einzufangen, und führte ihn ruhig auf den Rangerover zu, ohne etwas von ihrer Notlage und der Gefahr zu ahnen, die auf ihn lauerte.
Hassan schien zu merken, dass er Tims Fähigkeit, mit selbst den schwierigsten Pferden fertig zu werden, unterschätzt hatte, und stieß eine leise Verwünschung aus. „Ich habe keine Zeit, mich mit Ihnen auseinanderzusetzen.“
Doch sie dachte nicht daran, Tim in die Falle laufen zu lassen. Rose holte tief Atem, um ihrem Bruder eine Warnung zuzurufen, aber ehe sie dazu kam, wurde es dunkel um sie her. Blitzschnell hatte Hassan sie hochgehoben, mit seinem Umhang wie ein Bündel verschnürt und sie sich über die Schulter geworfen.
Jetzt war sie nicht mehr die kühl überlegende Auslandskorrespondentin, die sich jede Einzelheit genau für ihre Berichterstattung einprägte, sondern begann verzweifelt, sich zu wehren. Zu spät merkte Rose, dass sie hätte schreien sollen, um ihren Bruder zu warnen, damit er ihren Nachrichtenredakteur anrief und meldete, was geschehen war.
Wütend schlug sie um sich, um ihren Kopf freizubekommen, weil ihre Stimme durch den schweren Stoff nicht zu hören war. Sie schaffte es zwar, ihre Füße freizustrampeln, aber es schien Hassan nicht zu stören. Wenn sie wenigstens die Arme bewegen könnte! Doch die wurden ihr unter dem Umhang an den Körper gepresst, sodass sie hilflos war. Nein, nicht ganz. In einer Hand hielt sie immer noch das kleine Handy. Rose lächelte grimmig. Damit konnte sie die Nachrichtenredaktion anrufen …
Im nächsten Moment landete sie unsanft auf dem Boden des Landrovers. Durch den dicken Stoff konnte sie den Motor anspringen hören, den Geruch des heißen Dieselöls wahrnehmen. Dieselöl! Wo blieben die Pferde? Die Romantik?
Dem Roman nach hätte sie jetzt, an den muskulösen Körper ihres Entführers gepresst, auf einem Pferderücken durch die Wüste galoppieren und verzweifelt um ihre Ehre kämpfen müssen …
Fast hätte
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