Julia Quinn
Stunden danach, hoffte Honoria. Sie
hatte einen Plan. Für den sie – sie sah sich suchend um, schließlich war das
hier ein Garten – dringend eine Schaufel benötigte.
»Es wäre eine richtige Tragödie, wenn wir das Picknick nach innen
verlegen müssten«, fuhr Mrs Royle fort. »Schon weil man es in dem Fall
kaum noch Picknick nennen könnte.«
Honoria nickte abwesend, den Blick immer noch prüfend gen Himmel
gerichtet. Eine Wolke kam ihr etwas grauer vor als die anderen, aber segelte
sie auf sie zu oder von ihnen weg?
»Nun, ich kann wohl nichts anderes tun als abwarten«, erklärte
Mrs Royle. »Und ein echter Schaden entsteht ja nicht. Ein Gentleman kann sich
drinnen genauso verlieben wie draußen, und wenn Mr Bridgerton tatsächlich ein
Auge auf meine Cecily geworfen hat, wird sie ihn wenigstens am Pianoforte
beeindrucken können.«
»Sarah spielt auch sehr gut«, merkte
Honoria an.
Mrs Royle blieb tatsächlich stehen und drehte sich um.
»Wirklich?«
Honoria war nicht überrascht, dass sie so überrascht klang.
Immerhin war sie letztes Jahr auf der musikalischen Soiree gewesen.
»Wahrscheinlich werden wir ohnehin nicht reingehen«, fuhr Mrs
Royle fort, ehe Honoria antworten konnte. »Der Himmel sieht gar nicht so bedrohlich aus. Hmmm. Ich muss gestehen, dass ich
zwar die Hoffnung hege, Mr Bridgerton könnte sich für Cecily interessieren –
oh, ob das Dienstmädchen ihr wohl das mit dem blauen Kleid noch rechtzeitig
ausgerichtet hat, wenn sie sich umziehen muss, wird sie sich ärgern –, aber
natürlich wäre Lord Chatteris noch aufregender.«
Honoria zuckte erschrocken zusammen. »Aber der kommt doch gar
nicht.«
»Nein, das nicht, aber er ist schließlich unser Nachbar. Und wie
Cecily neulich sagte, bedeutet das, dass er in London mit ihr tanzen wird – man
muss alle Chancen nutzen, die sich bieten.«
»Ja, natürlich, aber ...«
»Er zeigt sich sonst nicht vielen jungen Damen geneigt«,
sagte Mrs Royle stolz. »Ihnen, nehme ich an, aufgrund Ihrer früheren
Verbindung, und vielleicht ein, zwei anderen. Das macht es ihr umso leichter,
seine Aufmerksamkeit zu erregen. Außerdem grenzt unser Land direkt an seines.
Bestimmt will er es haben.«
Honoria räusperte sich. Sie hatte keine Ahnung, was sie darauf
erwidern sollte.
»Nicht dass wir ihm alles geben würden«, betonte Mrs Royle .
»Der Besitz ist zwar erbrechtlich nicht gebunden, aber ich könnte Georgie nie so
ins Unrecht setzen.«
»Georgie?«
»Mein ältester Sohn.« Sie sah Honoria prüfend an und wedelte
dann wegwerfend mit der Hand. »Nein, Sie sind zu alt für ihn. Schade.«
Honoria entschied, dass es darauf keine passende Antwort gab.
»Einen Teil könnten wir aber Cecilys Mitgift zuschlagen. Das wäre mir eine
Countess in der Familie schon wert.«
»Ich bin mir gar nicht so sicher, ob Lord Chatteris auf der Suche
nach einer Frau ist«, meinte Honoria zögernd.
»Unsinn. Alle unverheirateten Männer sehen sich nach einer Frau
um. Sie wissen es nur oft noch nicht.«
Honoria rang sich ein Lächeln ab. »Ich werde
es mir merken.« Mrs Royle warf Honoria einen forschenden Blick zu. »Das
sollten Sie«, sagte sie schließlich, nachdem sie offenbar zu dem Schluss gekommen war, dass Honoria sich nicht über sie lustig
machte. »Ah, was halten Sie von diesen Blumenarrangements? Sind nicht
vielleicht zu viele Krokusse verarbeitet?«
»Ich finde sie wunderschön.« Die Lilafarbenen gefielen ihr
besonders. »Außerdem ist es ja noch früh im Jahr. Zurzeit gibt es eben fast nur
Krokusse.«
Mrs Royle seufzte tief. »Ja, schon. Aber ich finde sie doch recht
gewöhnlich.«
Mit einem verträumten Lächeln strich Honoria über die Blütenblätter.
Krokusse hatten etwas an sich, was sie mit Zufriedenheit erfüllte. »Ich
betrachte sie lieber als ländlich.«
Mrs Royle ließ sich das durch den Kopf gehen, befand anscheinend,
dass keine Entgegnung nötig war, und wandte sich zum Gehen. »Ich glaube, ich
weise die Köchin jetzt doch an, die Kekse zu backen.«
»Ist es Ihnen recht, wenn ich hierbleibe?«, fragte Honoria
rasch. »Ich arrangiere so gerne Blumen.«
Mrs Royle schaute vielsagend erst auf die kunstvoll arrangierten
Blumen und dann auf Honoria.
»Ich will sie doch nur ein wenig
aufschütteln.«
Mrs Royle zuckte mit den Achseln. »Wenn Sie möchten. Vergessen Sie
nicht, sich umzuziehen, ehe die Gentlemen zurückkehren. Aber bitte nichts
Blaues. Ich möchte, dass Cecily hervorsticht.«
»Ich habe, glaube ich, gar nichts Blaues
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