Julia Saison Band 13 (German Edition)
war.
Aber warum? Verdammt, es machte keinen Sinn.
Sie musste ihn anrufen, weil sie ihm ein paar Dokumente übergeben wollte, die AJ ihr durch Mattie hatte zukommen lassen. Ihre erste Reaktion war gewesen, sie nicht anzunehmen. Aber wie sähe das aus? Ihre Freunde gingen natürlich davon aus, dass sie Bryce bald wiedertreffen würde.
In den letzten Stunden war sie einige Male in Versuchung geraten, das Telefon in die Hand zu nehmen, hatte dann aber weitergekocht. Dabei übersah sie geflissentlich den Papierstapel in der Ecke, der sie buchstäblich zu verhöhnen schien.
Schließlich griff sie grummelnd zum Telefon. Sie wählte die Nummer und begann gleich darauf mit zittrigen Fingern das Gewürzregal zu sortieren. Es klingelte ein erstes Mal … ein zweites Mal … ein drittes Mal …
„Hallo?“
„Hallo Bryce, ich bin’s.“
„Hallo Eve, wie geht’s?“
Kein Zögern – war das nicht ein eher gutes Zeichen? Und er schien sich ehrlich über ihren Anruf zu freuen, noch ein Plus. Schnell fuhr sie fort.
„Großartig. AJ hat mir einige Unterlagen für den Pitch gegeben, die dich interessieren könnten.“
Es folgte eine lange, bedeutungsschwere Pause, in der ihr Herz förmlich aus der Brust zu springen schien. Wenn er sie schon nicht sehen wollte, dann wollte er doch sicherlich die Unterlagen für seine irrsinnig wichtige Arbeit haben?
„Danke, ich hole sie ab. Im Moment bin ich sehr beschäftigt.“
„Ich auch.“
„Aber ich muss mal raus und irgendwo zu Abend essen, danach könnte ich bei dir vorbeischauen. Ich verspreche auch, nicht lange zu bleiben.“
Ihr Blick fiel auf das schmurgelnde Chili auf dem Herd, dessen betörender Duft ihr in der Nase kribbelte. Sie hatte genug für eine ganze Armee gekocht, da wäre es doch nett, Bryce zum Essen einzuladen. Was würde er von ihr denken, wenn er vorbeikäme, das ganze Essen sähe – und sie hätte ihn nicht eingeladen?
Aber zusammen am Tisch zu sitzen und zu Abend zu essen roch nach Intimität, und er hatte deutlich gemacht, dass er Abstand wollte.
„Eve, wenn das ein Problem ist, kann ich auch …“
„Nein, nein. Ich habe einen riesigen Topf Chili gekocht. Wenn Du sehr beschäftigt bist, warum kommst Du nicht zum Essen vorbei, um Zeit zu sparen?“
Er zögerte, und Eve verzog verlegen das Gesicht.
„Ehrlich? Ich habe heute hart gearbeitet und noch nichts gegessen. Der Gedanke an dein Chili macht mich gerade ganz hungrig.“
Na prima! Ihre Kochkünste schienen eine Wirkung zu haben, die ihr Körper offensichtlich nicht hervorzurufen vermochte.
„Ich bin kurz vorm Verhungern. In einer halben Stunde bin ich da. Soll ich etwas mitbringen?“
Dich – nur dich.
Mit einer symbolischen Geste schüttelte sie ihre Wunschträume ab, klemmte das Telefon zwischen Ohr und Schulter und zog ein Blech frisch gebackener Tortillas aus dem Ofen.
„Ja, bring Riesenappetit mit. Ich habe genug Essen, um eine ganze Meute zu versorgen.“
„Riesenappetit, aha …“
Sie errötete unwillkürlich – weniger wegen der Hitze, die aus dem Ofen stieg, sondern wegen seines Tonfalls, der urplötzlich seine Leichtigkeit verloren, dafür aber an erotischer Intensität zugenommen hatte.
Sie schluckte. „Okay, dann bis gleich.“
Sie legte auf und stellte das Backblech auf den Herd, um sich nicht zu verbrennen.
Wenn sie schon auf eine einfache Veränderung in Bryces Tonfall reagierte, wollte sie gar nicht wissen, was außer ihren Händen noch alles zu verbrennen drohte.
Er fiel auf jedes hübsche Gesicht herein.
Das war für gewöhnlich Bryces Rechtfertigung für sein Verhalten, und er blieb auch jetzt dabei, als er über den gepflegten Gehweg zu Eves Eingangstür lief. Er hoffte, cool zu bleiben und nicht der betörenden Versuchung zu erliegen, Eve zu verführen.
Er steckte bis zum Hals in Arbeit, als sie anrief, und verwünschte das Telefon, das ihn von der Arbeit ablenkte. Aber als er ihre Stimme hörte, warm, weich und verführerisch, hatte er nur noch den Wunsch aufzulegen und sie so schnell wie möglich zu sehen.
Er war ein Trottel.
Sie beflügelte ihn intellektuell, körperlich und zum ersten Mal in seinem Leben auch emotional.
Noch nie zuvor hatte er eine solche Beziehung gehabt – und das machte ihm Angst. Doch wenn er mit Eve schon nicht ausgehen konnte, sollte es ihm wenigstens gelingen, eine platonische Freundschaft zu ihr aufzubauen.
Es war das Mindeste, was er tun konnte, nachdem sie ihm diese fantastische Möglichkeit mit AJ geboten
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