Julia Saison Band 13
entspannten und meditativen Atmosphäre begrenzt die Anzahl an Gästen ohnehin.“
„Interessant“, meinte Daisy. „Wahrscheinlich werden Sie viel Kundschaft anziehen können.“
„Das Hotel soll so exklusiv sein, dass die Leute darauf warten, ein Zimmer zu bekommen.“
„Verstehe. Das heißt, große Räume, aber wenige Gäste. Dazu Stille wie in einem Kloster, nur ohne die Strenge. Und mit viel Wasser.“ Sie ging zu einem der Springbrunnen. „Das gefällt mir. Ich liebe Wasser.“
Parker erinnerte sich daran, wie sie den Sprungbrunnen des ‚Bellagio‘ bewundert hatte, und freute sich. „Ein Punkt für mich“, sagte er.
„Wie bitte?“
„Entschuldigung, das war blöd. Ich habe Sie eingeladen, damit Sie das Projekt begutachten, und jetzt liste ich auf, was Sie mögen und was nicht.“
„Ich mag alles.“
„Sie haben doch noch gar nicht alles gesehen.“
„Dann zeigen Sie’s mir.“
Er führte Daisy durch lange, stille Korridore, vorbei an weiteren Springbrunnen. Dann kamen sie zu den Räumen, wo Gäste sich Schlammbäder, Massagen oder die neuesten Wellness-Behandlungen gönnen konnten, während im Hintergrund Klassik, Soft Jazz oder die jeweils gewünschte Musik spielte.
Alles war fertig. Die sanfte Beleuchtung, die weitläufigen Zimmer, das riesige Fitness-Center. Die Saftbar, die Restaurants und die Geschäfte waren noch nicht besetzt, aber vollständig ausgestattet. Das gesamte Hotel war hinreißend und hervorragend auf die ersten Gäste vorbereitet.
Parker wartete jedoch darauf, dass Daisy ihm sagte, was noch fehlte. Nachdem sie alles angesehen hatten, setzten sie sich in eins der Restaurants, wo sie gemeinsam die Pläne und Fotos durchgingen.
„Ich weiß, es sieht gut aus“, meinte er. „Design und technische Ausstattung sind in Ordnung. Aber der Rest, die Ausstrahlung. Ich bin nicht sicher, ob es ausreicht.“
„Vielleicht ist das genau das Problem“, erwiderte sie.
Über seine Kaffeetasse hinweg sah er sie an. „Was meinen Sie damit?“
„Als Sie anfingen, in der Firma zu arbeiten, für welche Bereiche waren Sie da zuständig?“
„Zuerst habe ich mit Hilfsarbeiten begonnen, danach war ich als Bote, in der Buchhaltung und schließlich in der Design-Abteilung tätig.“
„Aber die Firma ruhte nicht auf Ihren Schultern?“
„Nein, erst jetzt.“
„Vielleicht verlangen Sie einfach zu viel von sich“, sagte Daisy.
„Vielleicht bin ich nicht vielseitig genug“, widersprach er.
„Niemand kann alles. Die Hochzeitskapelle ist ein viel kleinerer Betrieb, aber jeder hat seine speziellen Aufgaben. Wir verlassen uns aufeinander.“
„ Sutcliffe’s hat viele Angestellte, doch an der Spitze steht nur einer. Sutcliffe-Kinder werden von klein auf dazu erzogen, selbstständig zu sein. Keine Tränen. Kein Gejammer. Keine Umarmungen. Angeblich verabscheute meine Mutter das zu Anfang, aber sie hat sich angepasst. Sie lernte, mich nicht zu verhätscheln. Als ich zehn war, hat einer der Bediensteten mir ein paar Zaubertricks beigebracht. Meine Eltern sagten, ein Sutcliffe würde seine Zeit nicht mit solchem Unsinn verschwenden. Am nächsten Tag war der Mann verschwunden.“
„Was für eine schreckliche Kindheit!“
Parker blickte ihr in die Augen. „Es hat mich stark gemacht.“
Nachdenklich betrachtete sie ihn. „Darum wollen Sie keine Kinder, stimmt’s? Sie möchten einem anderen Kind nicht dasselbe zumuten.“
„Härte mag einem Geschäftsmann nützlich sein, um Leute einzustellen und zu entlassen oder um mit der Konkurrenz umzugehen“, erwiderte er. „Für die Kindererziehung ist es sicher kein sinnvoller Ansatz. Meine Eltern und ich standen uns nicht sehr nahe, doch sie haben mich zu dem geformt, der ich bin. Ich besitze die Eigenschaften, die ich entwickeln sollte. Und nein, ich würde einem anderen Kind so etwas niemals zumuten.“
Daisy wirkte bedrückt, und er fuhr fort: „Aber wir sind vom Thema abgeschweift. Mir geht es vor allem darum, dass die Leute heutzutage mehr von einem Hotel erwarten als früher. Aber mir fehlt die soziale Kompetenz, um zu wissen, was sie erwarten. Sie dagegen besitzen diese Kompetenz. Auch wenn die Hochzeitskapelle nur im Team funktioniert, sind Sie diejenige, die weiß, was die Kunden wollen. Sie sind die treibende Kraft hinter allem.“
„Bis vor Kurzem war es noch Tillie.“
„Genau, und Sie sind zu ihrer Nachfolgerin geworden.“
Sie lachte. „Wenn Sie sie gekannt hätten, würden Sie das nicht sagen. Tillie war
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