Julia Saison Band 17
Ist das ein Schreibfehler?“
„Nein.“ Annette verbarg ein Lächeln. „Es ist eine Kombination aus Babywanne und Wickeltisch.“
„Ach so.“
Auf einmal schien er sich noch unbehaglicher zu fühlen. Normalerweise hätte sie dies lediglich der Tatsache zugeschrieben, dass er ein typischer Mann war, der sich nicht vorstellen konnte, ein Baby zu wickeln. Doch da war auch dieser Schatten, der immer wieder sein Gesicht verdüsterte.
Jared ging zu der Kommode und fuhr mit der Hand über das glatte Birkenholz. „Dein Kind, weißt du schon, was es wird?“, fragte er, ohne sie anzusehen.
„Das Geschlecht kenne ich noch nicht“, antwortete sie. „Ich wollte mich bei der Geburt überraschen lassen. Aber …“ Sie brach ab.
Da schaute er auf, und in seinem Blick las sie etwas, das sie zutiefst berührte. Eine Art Verständnis?
Was mochte gerade in ihm vorgehen?
Mit rauer Stimme ergänzte er: „Aber du fängst jetzt schon an, dich zu fragen, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird. Du schaust dir die Babykleidung in den Geschäften an und denkst: ‚Soll ich etwas in Blau oder in Rosa kaufen?‘“
„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du weißt, wovon du sprichst, Jared.“
Er erstarrte, riss sich jedoch schnell zusammen und kniete sich vor den Karton mit dem Bade-Wickel-Tisch. „Ich habe keine Ahnung, wie es ist, ein Kind zu haben.“
Die Worte schienen wie dicker Nebel unter der Zimmerdecke zu hängen.
Nach einem Moment der Stille fing Jared an, die Anweisungen auf dem Karton zu lesen. Dann öffnete er ihn, als wäre das, was er eben gerade gesagt hatte, ohne jede Bedeutung.
„Das Ding hier ist einfach. Man muss es nur auseinanderklappen“, meinte er.
Während Annette zuschaute, hatte er es in wenigen Minuten aufgestellt.
Als er fertig war, musste sie schlucken. Sie konnte ihr Baby auf dem Wickeltisch förmlich vor sich sehen. Wie es sie anlächelte, mit seinen winzigen Händchen und Füßchen strampelte, wie es vor sich hin gurgelte und sie hingebungsvoll anschaute, als wäre sie der einzige Mensch auf der ganzen Welt, der wichtig war.
Sie warf einen Seitenblick zu Jared hinüber, der seltsamerweise ebenfalls wie gebannt auf den Wickeltisch starrte. Auch er stellte sich offenbar ein Kind darauf vor.
Doch dann wandte er sich unvermittelt ab. „Du hast gesagt, es gibt auch noch ein Babybettchen?“
„Ja, in meinem Zimmer. Allerdings dauert es sicher einige Zeit, bis man es zusammengebaut hat.“
„Kein Problem. Hast du Werkzeug?“
Etwas verlegen holte sie ihm ihren kleinen, spärlich ausgestatteten Werkzeugkasten. Trotzdem war alles darin enthalten, was sie in dem gemieteten Häuschen brauchte: Schraubenzieher, ein Hammer, Schraubenschlüssel. Ansonsten konnte sie immer den Hausbesitzer um Hilfe bitten, der zugleich auch der Geschäftsführer des Diners war.
Als sie mit dem Kasten zurückkam, war Jared bereits in ihr Schlafzimmer durchgegangen, das genauso spartanisch eingerichtet war: noch mehr Pop-Art, ein schmaler Kleiderschrank und eine Korbsitztruhe am Fußende des Einzelbetts.
Beim Anblick von Jared neben ihrem Bett musste sie schon wieder schlucken.
Eigentlich war es nur gerade groß genug für eine Person, dachte sie. Es sei denn, man wollte eine besonders kuschelige Nacht mit jemandem verbringen.
Zum Beispiel mit Jared?
Sie gab ihm den Kasten und wich dann schnell zurück. „Das Werkzeug müsste eigentlich ausreichen.“
„Es ist genau richtig.“ Sein jungenhaftes Grinsen raubte ihr den Atem. Ohne seinen Hut sah er nicht mehr aus wie ein Gangster aus dem Wilden Westen, ein harter Typ, sondern eher wie ein Mann, der einer Frau jederzeit unter die Arme greifen würde, wenn sie seine Hilfe brauchte.
Da er begann, einzelne Bauteile aus dem Karton zu nehmen, fühlte Annette sich überflüssig. Deshalb zeigte sie zur Tür. „Ich werde dann mal …“
Jetzt erst schien ihm das Ergebnis seines Lügendetektor-Tests von vorhin klar zu werden, was ihn wohl die ganze Zeit unbewusst beschäftigt hatte. „Weißt du, du hast kein besonders gutes Pokerface.“
„Was meinst du damit?“
„Annette.“ Jared zögerte. Es war das erste Mal, dass er ihren Namen benutzte.
Es gefiel ihr, wahrscheinlich sogar viel zu sehr.
„Als du mir von dem Vater deines Kindes erzählt hast, war da dieser Ausdruck in deinem Gesicht“, fuhr er fort. „So als würdest du selbst nicht glauben, dass ich dir die Geschichte abkaufe.“
Im Ernst? Als sie den Job im Diner angenommen
Weitere Kostenlose Bücher