Julia Sommerliebe 0023
unterwegs waren. Über ihr arbeiteten die Handwerker beständig weiter am Dach, damit Leandro die Villa so schnell wie möglich verkaufen konnte.
Sein Heim, der seit ewigen Zeiten der Wohnsitz der Familie Filametti war!
Nur dass ihm die lange Tradition völlig egal war, weil er sich nämlich gar kein Zuhause wünschte. Langsam wurde Zoe bewusst, was das für sie selbst bedeutete, und das war keine schöne Erkenntnis.
Im Gegensatz zu ihm wünschte sie sich nämlich ein Zuhause und auch eine Familie. Sie wünschte sich Kinder, wünschte sich Liebe, wollte fröhlich sein und sich an einem Ort rundum wohlfühlen. Zusammen mit Leandro.
Da hatte sich das Schicksal wirklich einen bösen Scherz mit ihr erlaubt: Dass sie sich ausgerechnet hier zum ersten Mal in ihrem Leben verlieben musste! Hals über Kopf und rettungslos …
Am besten, sie vergaß diesen irrwitzigen Traum vom schönen, glücklichen Leben miteinander so schnell wie möglich. Bevor Leandro noch entdeckte, was sie wirklich für ihn empfand. Wahrscheinlich wäre er entsetzt, wenn er wüsste, wie viel sie sich von ihm wünschte. Selbst wenn er sie nicht mehr als skrupellose Schlampe sah, ging er schließlich immer noch davon aus, dass sie kein Interesse an irgendwelchen Verbindlichkeiten hatte und lieber nach Lust und Laune von einem Ort zum nächsten zog.
Du hast es versucht, Zoe Clark, aber jetzt hat dein altes Leben dich wieder eingeholt! Gestern war sie noch so hoffnungsvoll gewesen, sie hatte wirklich gedacht, mit Leandro einen Neustart wagen zu können! Ha, von wegen!
Zoe trank noch einen Schluck Kaffee, er war inzwischen kalt geworden. Ja, sie würde auf Leandros Angebot eingehen und sich nehmen, was sie kriegen konnte … obwohl sie sich eigentlich etwas ganz anderes wünschte …
Fassungslos starrte Leandro auf den Brief, der auf seinem Schreibtisch lag. Die enge Schreibschrift war kaum lesbar. Er war schockiert, angewidert … und hatte dabei nur ein winziges bisschen Mitgefühl.
Nein, er konnte diesem Menschen nicht verzeihen. Niemals!
Außerdem war dies seit so vielen Jahren der erste Versöhnungsversuch, den sein Vater wagte, als wäre es nicht schon viel zu spät! Was er der gesamten Familie angetan hatte, war einfach ungeheuerlich, das ließ sich nicht mit ein paar Zeilen wiedergutmachen.
Sein Vater hatte – wenn man es aus der Distanz betrachtete – diese Flittchen seiner Familie vorgezogen. Er hatte sich lieber mit oberflächlichen, ordinären Frauen umgeben, um lustvolle Stunden mit ihnen zu verbringen, als seine Zeit dem zu widmen, was ihm das Wichtigste sein sollte: seiner Familie. Er hatte das gesamte Wertesystem umgestoßen, das seit Generationen bei den Filamettis herrschte. Ihren Ehrenkodex.
Leandro verdrängte den kleinen, aber dennoch verlockenden Gedanken an eine Versöhnung und schob den Brief von sich.
Wenn er ganz ehrlich war, hatte er jetzt auch andere Probleme. Nicht nur dieses Schreiben brachte ihn aus dem Konzept, sondern auch Zoe. Vor allem Zoe.
Eigentlich hatte ihr kurzes Gespräch heute Morgen für klare Verhältnisse sorgen sollen. Stattdessen fühlte er sich seitdem unzufrieden und überhaupt nicht wohl in seiner Haut.
Aber damit musste er sich wohl abfinden.
Die gemeinsame Nacht war einfach unglaublich gewesen. Nein, das traf es noch nicht ganz. Überirdisch war vielleicht ein besseres Wort. Darüber musste er grinsen – jetzt klang er schon wie ein liebeskranker Dichter.
Aber es war wirklich so: Die letzte Nacht hatte einen anderen Menschen aus ihm gemacht. Nie hätte er damit gerechnet, dass ihn Zoes Zärtlichkeit so tief berühren würde. Sie beide waren so offen und direkt miteinander umgegangen, wie er es noch nie mit einer anderen Frau erlebt hatte. Als hätten sie nicht nur ihre Körper vereint, sondern auch ihre Seelen.
Leandro seufzte laut. Was war bloß los mit ihm, er wurde ja richtig kitschig! Wahrscheinlich lag das daran, dass er schon lange mit keiner Frau mehr zusammen gewesen war. Und dass Zoe und er ausgerechnet an diesem erinnerungsträchtigen Ort miteinander geschlafen hatten, hatte ihm wahrscheinlich Gefühle vorgegaukelt, die er sonst nicht gehabt hätte.
Nähe, Verbundenheit … Liebe?
Er schnaubte verächtlich und stand vom Schreibtisch auf. Unter diesen Umständen konnte er nicht arbeiten. Über Zoe wollte er aber auch nicht nachdenken, sie hatte schon genug Raum in seinem Kopf eingenommen.
Die nächsten beiden Monate lang wollte er die Zeit mit ihr genießen, dann würde
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