Julia Sommerliebe 0023
waren belegt mit farbenfrohen Handtüchern. Erwachsene faulenzten auf den Liegen, Kinder spielten im weißen Sand oder planschten in der Brandung. Es war ein buntes und fröhliches Treiben.
Doch wie immer ignorierte Michael die vor Glück kreischenden Stimmen und wich geschickt aus, wenn jemand direkt vor ihm auftauchte. Meistens war es ein lachendes Kind mit Schaufel und Eimer oder Schwimmflügeln an den Armen, und anstatt sich darüber zu ärgern, lächelte er nur.
Als er den Turm erreichte, behielt er sein Tempo bei und umrundete ihn, um sich auf den Rückweg zu machen.
Rechts von ihm kam eine Frau den Weg entlang, der von einem der hoch aufragenden Strandhotels zum Wasser führte. Von ihr selbst war nicht viel zu erkennen, denn sie trug einen Hut mit breiter Krempe, eine große Sonnenbrille, eine Strandtasche, eine Kühlbox und quer darüber auch noch einen riesigen Sonnenschirm.
Sie sah aus wie eine der überforderten Mütter, die mit ihrem lärmenden Nachwuchs einen langen, anstrengenden Tag am Strand vor sich hatten und sich insgeheim nach Ruhe und Frieden sehnten.
Aber diese Frau schien keine Kinder im Gefolge zu haben. Im Gegenteil, wenn er sich nicht täuschte, war sie allein. Kein männlicher Begleiter half ihr, die umfangreiche Ausrüstung durch den weichen Sand zu tragen.
Michael lief etwas langsamer und ließ sie nicht aus den Augen.
Sie stellte die Kühlbox kurz ab und schnappte nach Luft. Als sie wieder danach griff, um weiterzugehen, fiel ihr der Sonnenschirm herunter. Sie hob ihn umständlich auf und stieß damit aus Versehen gegen ihr Gesicht. Die Sonnenbrille verrutschte, und der Hut segelte vom Kopf. Sie wollte ihn festhalten, griff jedoch ins Leere.
Michael konnte hören, wie sie wütend etwas murmelte, bevor sie in die Hocke ging und verzweifelt versuchte, dabei nicht umzufallen.
Lächelnd änderte er seinen Kurs und lief in ihre Richtung – noch bevor er das lange rote Haar sah, das zuvor unter dem Hut verborgen gewesen war und ihr jetzt offen über die Schultern und auf den Rücken fiel.
Bei diesem Anblick geriet er etwas aus dem Rhythmus. Er schluckte schwer. Solange er denken konnte, hatten ihn rothaarige Frauen fasziniert. Aber diese hier war etwas anders als sein üblicher Typ.
Ihr Haar war nicht annähernd so dunkel, wie es ihm gefiel, nicht kupferfarben oder kastanienbraun, sondern eher rötlich blond. Dass es höchstwahrscheinlich nicht gefärbt oder auch nur getönt war, bewiesen die Sommersprossen auf ihrer hellen Haut.
Eigentlich hatte er nur einer jungen Frau in Not helfen wollen, weil sie offensichtlich mehr zu tragen versuchte, als sie bewältigen konnte.
Aber jetzt hatte er ihr Haar gesehen – und die hinreißende Figur in dem sexy goldfarbenen Bikini, der jeden Mönch dazu bringen würde, seine Gelübde zu brechen. In ihm regte sich das Verlangen, und aus dem hilfsbereiten Kavalier wurde ein Mann, bei dem eine attraktive Frau ganz normale Bedürfnisse weckt.
„Hallo!“, rief er und wischte sich den Schweiß aus den Augen, bevor er zu ihr joggte.
Sie zuckte zusammen und drehte sich ruckartig um. Hut und Kühlbox landeten erneut im Sand, und der Sonnenschirm geriet wieder in eine gefährliche Schräglage.
„Entschuldigung“, sagte er und lächelte freundlich, um ihr zu signalisieren, dass er nichts Böses im Schilde führte. „Ich wollte Sie nicht erschrecken. Ich war gerade beim Laufen und dachte mir, dass Sie vielleicht Hilfe brauchen. Sie sehen etwas überlastet aus.“
Hinter der schiefen Sonnenbrille waren ihre Augen grün. Nein, nicht nur grün, sondern smaragdfarben mit goldenen Einschlüssen. Sie wirkten tief und unergründlich und zogen ihn fast magisch an. Faszinierend.
Als sie sich nach ihren Sachen bückte, kam er ihr zuvor und hob sie auf.
„Warten Sie, ich helfe Ihnen.“ Er setzte ihr den Hut auf und griff nach dem Sonnenschirm. „Wohin gehen Sie?“
„Oh, Sie müssen mir nicht … Ich wollte nur … Ähm … Das brauchen Sie wirklich nicht zu tun.“
Belustigt beobachtete er, wie sie nach Worten suchte und dabei errötete. „Kein Problem, ich wollte ohnehin gerade eine Pause einlegen.“
Das stimmte zwar nicht, aber die kleine Notlüge erfüllte ihren Zweck.
„Ich dachte an eine ruhige Ecke … Irgendwo außerhalb des größten Trubels, wo ich mich hinsetzen und lesen kann.“
Er schaute sich um. Je später es wurde, desto voller wurde der Strand, und dabei war noch nicht mal Hauptsaison. „Wie wäre es dort drüben?“,
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