Julia Sommerliebe Band 23
summend lief Zoe die Treppe hinunter. Wie angenommen wartete Leandro bereits unten im Foyer. Auch er hatte sich umgezogen und trug jetzt ein cremefarbenes Hemd und eine braune Hose. Eigentlich ein ziemlich langweiliges Outfit, trotzdem sah er darin umwerfend aus. Die Ärmel hatte er hochgekrempelt und damit seine kräftigen, sonnengebräunten Unterarme entblößt.
Wie kam eigentlich jemand, der sich den ganzen Tag mit seinen Unterlagen im Haus verbarrikadierte, zu dieser schönen Hautfarbe? Die Hose betonte seine schmale Taille und die langen Beine.
Zoe zwang sich, den Blick von ihm zu lösen, schließlich konnte sie ihren Arbeitgeber nicht minutenlang anstarren! Mit jemandem wie Leandro Filametti wollte sie sich sowieso nicht einlassen, für ihn war sie schließlich nur eine kleine Angestellte. Das gab er ihr durch sein herablassendes Verhalten deutlich zu verstehen. Trotzdem konnte sie nicht ignorieren, dass er ein sehr attraktiver Mann war.
„In Lornetto, dem kleinen Ort hier in der Nähe, gibt es ein Restaurant“, sagte er. „Wir können zu Fuß hingehen, wenn Sie mögen.“
„Hört sich gut an“, erwiderte Zoe sofort. Sie erschauerte, als er ihr die Hand auf den Ellbogen legte und sie die verfallenen Steinstufen vor dem Hauseingang hinunterführte. Sobald sie festen Boden unter den Füßen hatten, ließ er Zoe wieder los, aber ihr Ellbogen war immer noch ganz warm an der Stelle, an der er sie berührt hatte.
Sie versuchte, dieses seltsame Gefühl abzuschütteln – auf gar keinen Fall wollte sie sich von so etwas ablenken lassen! Schließlich war sie nicht nach Italien geflogen, um hier eine neue Beziehung anzufangen, sondern vielmehr um Abstand von einer alten zu gewinnen. Am besten, sie hielt sich das immer wieder vor Augen.
Im Licht der untergehenden Sonne, die leuchtend violette Streifen auf den Himmel zeichnete, gingen sie den Weg in den Ort hinunter. Die Luft war immer noch warm und duftete nach Lavendel, aber hin und wieder wehte eine kühle Brise von den Bergen zu ihnen herüber.
Schweigend gingen sie die alte Straße am See entlang. Die Strada Regina stammte noch aus der Römerzeit, wie Zoe in ihrem Reiseführer gelesen hatte. Damals war der antike Steinpfad eine wichtige Handelsroute gewesen.
Schließlich erreichten sie einen kleinen Ort – oder vielmehr: eine Ansammlung von Häusern an einer schmalen Straße mit Kopfsteinpflaster.
Zoe folgte Leandro, der sie in ein charmantes kleines Ristorante führte. Unter einer verblichenen gestreiften Markise standen mehrere Tische, die liebevoll mit rot-weiß-karierten Tischdecken und rustikalen hölzernen Kerzenleuchtern gedeckt waren. Inzwischen war es dunkel geworden, und die kühle Nachtluft strich ihr sanft über die Haut. Leandro rückte Zoe einen Stuhl zurecht. Die Situation hatte fast etwas Romantisches.
Das Gefühl legte sich allerdings schnell wieder, als Leandro sich ihr gegenüber setzte und ihr mit festem Blick detailliert ihre umfangreichen Pflichten im Haus schilderte.
„Ich habe vor, die Villa zu verkaufen“, erklärte er, „und zwar sobald sie sich in einem vorzeigbaren Zustand befindet. Ihre Aufgabe besteht darin, alle Räume so sauber und ordentlich wie möglich herzurichten.“
Sein strenger Gesichtsausdruck war so unbeweglich, dass Zoe sich fragte, ob es nur eine Fassade war. Oder war er einfach ein befehlsgewohnter, disziplinierter Mensch, der seinen Mitarbeitern alles abverlangte? Sie wurde das Gefühl nicht los, dass da mehr dahinter steckte.
Leandro Filametti fuhr fort: „Mir ist durchaus bewusst, dass das die üblichen Pflichten einer Haushälterin überschreitet, zumal einiges stark renovierungsbedürftig ist. Deshalb habe ich schon ein paar Handwerker angeheuert, die sich um die meisten Sachen kümmern. Das wird Ihnen die Arbeit nach und nach erleichtern.“
Zoe nickte, war sich aber nicht so sicher, ob sie ihm wirklich zustimmte: Einerseits war sie froh, bei dieser Mammut-Aufgabe nicht auf sich gestellt zu sein, andererseits würde sie nun zusätzlich den Dreck der Handwerker beseitigen und herunterbröckelndem Putz ausweichen müssen. Da konnte man sich ja gleich auf weitere Komplikationen einstellen …
In diesem Moment erschien ein Kellner am Tisch. Leandro gab ohne weitere Rücksprache die Bestellung auf – offenbar für sie beide.
Wie kann man nur so großspurig sein? fragte Zoe sich verärgert. Kein Wunder, dass dieser Mann alleine lebte! Obwohl sie zugeben musste, dass sie kaum Italienisch sprach
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