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0964 - Königin der Toten

0964 - Königin der Toten

Titel: 0964 - Königin der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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James Jarrel sah nicht nur diese eine Gestalt im Spiegel. Weit im Hintergrund entdeckte er eine weitere.
    Es war eine Frau mit hellen Haaren, die im Flugwind flatterten.
    Jarrel sah die Frau nicht genau, aber er wußte, wer sie war. Seine Nichte Iris, die ihn vor etwas mehr als einer Stunde aus Birmingham kommend besucht hatte und sich im Bad nur hatte kurz duschen wollen.
    Doch sie hatte nicht mit diesem Höllenloch rechnen können, das sich vor ihr aufgetan hatte.
    War das der Teufel? War diese runde Öffnung, durch die Jarrel schaute, der Eingang zur Hölle?
    Wurde seine Nichte davon verschluckt?
    Aus der Öffnung drang ihm ein feuchter, widerlicher und stinkender Geruch entgegen. Gestank, den er nicht einordnen konnte, weil er ihn nicht kannte. Selbst nicht von seinen ehemaligen Arbeitsplätzen auf den Friedhöfen von London.
    Diese Luft raubte ihm den Atem.
    Roch es nach verfaultem Fleisch? Dann waren es mindestens ein Dutzend Leichen, die von unzähligen Maden verzehrt wurden. Und in der Mitte stand er. Der Unheimliche, die Gestalt des Schreckens. Sie starrte James an, und er konnte nicht anders, als immer wieder in die beiden hellen Augen zu schauen, die kaltes Kunstlicht abzugeben schienen.
    Nicht nur der Spiegel, die gesamte Wand hatte sich verändert. Es gab sie nicht mehr. Sie war zu einer breiten Öffnung geworden, um den Blick freizugeben in eine andere Welt.
    James Jarrel hörte sich schluchzen. Er war unfähig, etwas zu tun, und er sah den Körper seiner Nichte immer kleiner werden, bis er schließlich völlig verschwunden war.
    Diese unendliche Schwärze, vermischt mit der braunen Soße, hatte sie verschluckt.
    Und die Gestalt hob die Arme langsam an. Sie wirkte wie ein Magier vor dem Altar. Über dem Kopf legte sie beide Hände zusammen. Kaum hatten sich diese berührt, flimmerte die gesamte Szenerie auf, bevor sie dunkel wurde und sich der Vorhang des Vergessens über sie legte.
    Vorbei! Die Welt gab es nicht mehr. Dafür war die normale zurückgekehrt.
    Jarrel schaute in den »Spiegel«, in dem er sich nur noch undeutlich erkannte, weil er noch beschlagen war. Rechts und links baute sich die Wand mit dem etwas angeschmutzten, beigefarbenen Anstrich auf. Nichts wies mehr auf die unerklärliche Öffnung hin.
    Jetzt erst spürte James Jarrel, daß er schwankte. Er konnte nicht mehr stehen. Er mußte sich einfach hinsetzen. Hinter ihm stand der Hocker. Darauf lag noch die Kleidung seiner Nichte, die sie vor dem Duschen abgelegt hatte. Das alles gehörte zur Realität, doch das Auftauchen dieses Unheimlichen konnte er nicht nachvollziehen.
    Oder doch?
    James Jarrel ließ sich auf den Schemel fallen. Seit der gestrigen Nacht war nichts mehr wie sonst.
    Da hatte sich die Welt für ihn radikal verändert. Er hatte in einer als Grabmal getarnten Pyramide erleben müssen, wie ein Skelett zum Leben erweckt wurde. Er hatte gesehen, wie dieses Skelett seine zwei Helfer zu Gerippen verändert hatte, um sich durch ihr Fleisch und ihre Haut einen neuen Körper aufzubauen.
    Jarrel hatte fliehen können, aber die Ungewißheit war geblieben. Er hatte immer damit gerechnet, unter Beobachtung zu stehen, und das war tatsächlich der Fall gewesen. Nur hatte es nicht ihn erwischt, sondern seine Nichte Iris.
    Das war das eigentlich Schlimme an der Sache. Hätte sich die andere Kraft ihn geschnappt, okay, dafür hätte er fast noch Verständnis gehabt, aber nicht die junge Frau, die sich so auf ihren Besuch in London gefreut hatte.
    Jarrel wußte nicht, wie lange es zurücklag, daß er zum letztenmal geweint hatte. In diesem Augenblick kam es einfach über ihn. Da konnte er nicht anders. Da mußte er sich einfach auf den Schemel setzen und den Tränen freien Lauf lassen.
    Er bedauerte nicht sich selbst, nein, er weinte um seine Nichte, die er wohl nie wieder zurückholen konnte.
    Irgendwann holte er sein Taschentuch hervor und wischte seine Augen trocken. Es hatte sich nichts verändert. Nur die feuchten Flecken auf dem Spiegel waren weniger geworden. Er sah sich wieder selbst und sein aufgedunsenes Gesicht.
    Jarrel wollte nicht mehr länger sitzen bleiben. Er stand mühsam auf und trat bis dicht an das Waschbecken heran, über dem der Spiegel hing. Das war alles normal, in dem Bad gab es nichts Außergewöhnliches. Und doch hatte er hier einen Einbruch erlebt, den er rational nicht erklären konnte.
    Das schaffte wohl niemand. Tatsache war, daß seine Nichte verschwunden war und dies auch sein Bruder und seine Schwägerin

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