Julia Sommerliebe Band 23
er sich nicht im Griff hatte! Gerade jetzt, wo alle um ihn herum darauf warteten, dass er genau den gleichen Fehler machte wie sein Vater damals: dass er sich und seine Familie bloßstellen, und damit die Ehre der Filametti in den Schmutz ziehen würde.
Eine verführerische Haushälterin war das Letzte, was er gebrauchen konnte!
Nur in diesem einen kurzen Augenblick, als er seine Finger um ihre geschlossen hatte … da wäre er beinahe schwach geworden.
Leandro fluchte leise und setzte sich an den riesigen Schreibtisch aus Mahagoni, den er von seinem Vater geerbt hatte. Obwohl er dieses Möbelstück und alles, was er damit verband, von ganzem Herzen hasste, konnte er sich nicht davon lösen. Stattdessen spürte er so etwas wie einen inneren Zwang, sich immer wieder daran zu setzen. Als würde er dadurch Buße tun oder etwas wiedergutmachen.
Er betrachtete die vielen Seiten mit Zahlen, Formeln, Berechnungen und sonstigen Notizen – die Ergebnisse jahrelanger mühsamer Forschungsarbeit. Und trotzdem konnte er sich in diesem Moment nicht darauf konzentrieren. Erneut stieß er Flüche aus.
Je weniger ich von dieser Zoe Clark mitbekomme, desto besser, sagte er sich. Ich lasse sie einfach in Ruhe fegen, wischen und putzen und komme ihr möglichst nicht in die Quere.
Es kam überhaupt nicht infrage, dass er sich von den erotischen Reizen dieser Frau ablenken ließ. Das würde er nicht zulassen, auf gar keinen Fall!
Irgendwann entdeckte Zoe den Dienstbotenaufgang und stieg vorsichtig die schmale, steile Treppe hinauf. Oben war es noch schummriger als im restlichen Gebäude. Die Decken waren mit Spinnweben verhangen, und es herrschte Totenstille. Sie hörte nur ihre Atemzüge und das Knarren der Holzdielen unter ihren Füßen.
Sie ging einen dunklen Flur entlang, in dem noch weitere verhüllte Möbelstücke standen, und erreichte schließlich die Treppe zum Obergeschoss. Hier sollte sie sich laut Leandro Filametti ein Zimmer aussuchen.
Vier standen zur Auswahl, und eines war schlimmer als das andere: klein, düster und jeweils nur mit einer Kommode und einem schmalen Bett ausgestattet. Die Matratzen machten weder einen bequemen noch einen hygienischen Eindruck …
Zu allem Überfluss herrschte hier oben eine erdrückende Hitze.
Immerhin war die Aussicht beeindruckend. Zoe stieß die klemmenden Fensterläden auf, von denen schon die Farbe abblätterte, und ließ den Blick über den riesigen Garten schweifen, der sich bis hinunter zum See erstreckte.
Auch dort gab es eine ganze Menge zu tun, aber die wild wuchernden Blumen und Sträucher hatten wenigstens etwas Romantisches an sich – ganz im Gegensatz zu der zentimeterdicken Staubschicht in den Zimmern.
Seufzend drehte Zoe sich wieder um. Schon jetzt rann ihr der Schweiß den Rücken hinunter. Ich sehe gar nicht ein, warum ich hier oben wohnen soll, wenn ein Stockwerk tiefer so viele Zimmer leer stehen, dachte sie. Wenn ich hier schon das ganze Haus grundreinigen muss, will ich wenigstens einigermaßen angenehm schlafen!
Zwanzig Minuten später hatte sich Zoe eines der kleineren Schlafzimmer im ersten Stock ausgesucht, dessen Fenster einen atemberaubenden Blick auf den Comer See bot. Die zitronengelben Wände waren von der Sonne ausgeblichen. Nachdem Zoe in einem der Küchenschränke einen verbeulten Eimer und einen alten Wischmopp gefunden hatte, verbrachte sie die nächsten Stunden damit, ihr Schlafzimmer zu wischen, die alte Matratze auszuklopfen und den Schmutz und Staub der letzten zehn Jahre zu entfernen.
Im Gegensatz zu den Dienstbotenräumen im zweiten Stock war in diesem Zimmer noch der einstige Glanz des Palazzo zu erahnen. Die massiven Echtholzmöbel waren noch relativ gut erhalten, so als hätten die feinen Spinnennetze sie konserviert.
Bestimmt hatte in diesem prächtigen Bett eine wohlhabende Tochter genächtigt. Oder vielleicht der attraktive Hausherr selbst? Ein Prickeln durchfuhr sie bei dieser Vorstellung. Sie zwang sich, an etwas anderes zu denken.
Warum ist die ganze Villa eigentlich so heruntergekommen? fragte sie sich. Als hätte das Anwesen jahrelang leer gestanden. Dabei befand sich das Gebäude in allerbester Lage und war bestimmt Unsummen wert.
Als Zoe mit ihrer Putzaktion fertig war, fühlte sie sich, als würde jetzt der gesamte Schmutz an ihrem Körper kleben. Und wahrscheinlich gab es im ganzen Haus keine funktionierende Dusche …
Allmählich sank die Sonne immer tiefer, trotzdem war es noch warm und sehr schwül. Kurz
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