Julia Sommerliebe Band 23
Frage war das?“
„Was hast du mit dem Geld gemacht?“
Sie stieß ein zischendes Geräusch aus. „Was glaubst du wohl, was ich damit gemacht haben könnte?“
Er blickte sie finster an. „Ich hätte dir Geld gegeben, verdammt! Aber du hast immer abgelehnt.“
Sie drehte ihm den Rücken zu. „Es von deiner Mutter anzunehmen, war weniger persönlich. Ich wollte nichts mehr mit dir zu tun haben.“
„Also, was hast du damit gemacht?“
Nach kurzem Zögern drehte sie sich zu ihm um. Ihre Miene wirkte so kalt wie die Nacht. „Ich habe es mit vollen Händen ausgegeben. Machen das nicht alle Frauen so, die nur auf Geld aus sind?“
Antonio atmete tief durch, um sein Temperament zu zügeln. Claire reizte ihn vorsätzlich, wie sie es schon so oft getan hatte. Er war felsenfest überzeugt, dass sie das Geld von seiner Mutter erpresst hatte, auch wenn sie es noch so entschieden leugnete. Er konnte sich gut vorstellen, dass sie es als eine Art Vergeltung dafür ansah, dass er nicht so oft für sie da gewesen war, wie sie es gebraucht hätte.
Inzwischen hatte er eine Phase im Leben erreicht, in der er endlich sesshaft werden wollte. Der plötzliche Tod seines Vaters trug zweifellos sehr viel dazu bei – ganz zu schweigen der gesundheitliche Verfall seiner Mutter seitdem.
Und da sein Bruder Mario nicht beabsichtigte, eine Familie zu gründen und für Erben zu sorgen, war es für Antonio an der Zeit, einige wichtige Entscheidungen über seine Zukunft zu fällen. Er konnte nicht nach vorn blicken, ohne vorher seine Vergangenheit zu bewältigen.
Der Himmel weiß, dass ich es meiner Tochter schuldig bin, der es nicht einmal vergönnt war, ihren ersten Atemzug zu tun.
Er schluckte schwer und versuchte die Gefühle zu verdrängen, die ihn zu überschwemmen drohten, wann immer er das winzige leblose Gesicht vor sich sah. Im Laufe seines langen und mühsamen Karrierewegs hatte er vielen Menschen geholfen.
Er hatte Leben gerettet, er hatte Leben verändert, er hatte Gesundheit und Vitalität von Menschen wiederhergestellt, die durch einen Unfall entstellt oder sogar dem Tod geweiht waren.
Und doch war ich nicht da, als meine Tochter und Claire mich am meisten gebraucht hätten.
Der Gedanke, dass er womöglich etwas hätte tun können, quälte ihn Tag für Tag. Claire hatte viel zu früh Wehen bekommen, doch Antonio hatte die Anzeichen ignoriert und ihre Besorgnis abgetan. Dafür gab es keine Entschuldigung.
Er war zu sehr mit dem ersten Fall auf seinem Operationsplan beschäftigt gewesen. Ein junges Mädchen, gerade einmal siebzehn und mit dem ersten lukrativen Model-Vertrag in der Tasche, war bei einem schweren Verkehrsunfall furchtbar entstellt worden. Nie zuvor hatte Antonio solche Verletzungen gesehen.
Die Operation, die darüber entscheiden sollte, ob sie jemals wieder in die Kamera lächeln konnte, hatte all seine Konzentration und Kraft erfordert. Unter seiner OP-Kleidung rann ihm der Schweiß in Strömen über den Rücken, während er mit seinem Team fast dreizehn Stunden lang arbeitete, um ihr Gesicht wiederherzustellen, so gut es nur ging, damit sie hoffentlich das Leben fortführen konnte, das sie sich wünschte.
Und es war ihm gelungen. Bianca Abraggio modelte bis zu diesem Tag. Ihr Gesicht war ihr Kapital, ihr wundervolles Lächeln intakt, ihr Leben im Lot.
Antonio hingegen hing seitdem in der Luft. Er strich sich über das Gesicht, wie um die Erinnerungen wegzuwischen, und sagte zu Claire: „Ich kann mich nicht erinnern, dich irgendwann als geldgierig bezeichnet zu haben.“
Herausfordernd hob sie den Kopf. Ihre Augen blitzten wie blaue und grüne Glasscherben im Licht. „Das musstest du auch nicht. Deine Familie hat mir mehr als deutlich zu verstehen gegeben, dass sie mich dafür hält.“
Er strich sich durchs Haar. „Ich gebe ja zu, dass meine Eltern nicht damit gerechnet hatten, dass ich ihnen so bald eine Schwiegertochter präsentiere. Ich war gerade mitten in meiner Ausbildung zum Facharzt und …“
„Sie haben mich nie akzeptiert“, unterbrach Claire ihn. „Von Anfang an waren sie der Meinung, dass ich nicht gut genug für dich bin. Weil ich Ausländerin bin. Ich konnte ja nicht mal deren Sprache sprechen. Ganz zu schweigen von meinem ausgeprägten australischen Akzent.“
„Das stimmt so nicht.“ Antonio wusste, dass seine Eltern sich nach Kräften bemüht hatten, mit ihrer Schwiegertochter auszukommen und sie in die Familie zu integrieren. Doch sie waren schließlich
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