JULIA WEIHNACHTSBAND Band 22
als Sophie ihre Jacke auszog. „Schmutzig von oben bis unten. Und deine Haare …“ Empört hielt sie inne. „Vermutlich warst du auf Haw Gill.“
Sie schaffte es immer, dass Sophie sich wie ein schäbiges Schulmädchen fühlte, das andere zur Verzweiflung brachte. In solchen Augenblicken fiel es ihr manchmal schwer, sich daran zu erinnern, dass sie einunddreißig und nicht vierzehn war.
„Ich wollte Bram einfach mal besuchen“, sagte sie beschwichtigend.
Harriet schüttelte den Kopf. „Es ist mir wirklich schleierhaft, über was ihr beide euch eigentlich unterhaltet.“
Was würde ihre Mutter wohl sagen, wenn sie wüsste, dass sie über ihre Hochzeit geredet hatten? Sie sah zu, wie Harriet die Jacke nahm, die sie selbst achtlos über den Stuhl gehängt hatte, und hektisch den Schmutz abklopfte.
Wie sie ihre Mutter kannte, würde die vermutlich seufzend anmerken: Aber du willst doch sicher nicht mit dieser Frisur heiraten, Sophie?
„Ach, weißt du, wir reden über dies und das“, antwortete sie unbestimmt.
Harriet fuhr immer noch mit der Hand über die Jacke. „Wo bist du damit nur gewesen. Die Jacke ist voller Hundehaare und Blätter.“
„Sie sind wahrscheinlich aus dem Landrover“, erklärte Sophie. „Bram hat mich nach Hause gebracht.“
Sie hatten wieder unverfängliche Themen gefunden und nett geplaudert, nachdem sie die seltsame Hochzeitsidee fallen gelassen hatten. Bram hatte nicht weiter versucht, sie umzustimmen und Sophie war erleichtert gewesen. Auch wenn sie sicher war, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, hatte sie das Gefühl, dass sie um ein Haar zugestimmt hätte.
„Dann sehen wir uns vielleicht an Weihnachten“, war alles, was Bram zum Abschied gesagt hatte. Nichts davon, dass sie sich Zeit lassen sollte, um in Ruhe über sein Angebot nachzudenken.
Das Thema war abgeschlossen.
„Ich bin froh, dass Bram dich nicht im Dunkeln herumwandern lässt“, meinte Harriet naserümpfend. „Zumindest ist er ein bisschen vernünftiger.“
Bram war immer vernünftig. Deshalb war es umso erstaunlicher, dass er die Idee mit der Hochzeit aufgebracht hatte. Er hatte es sogar geschafft, seinen Vorschlag so klingen zu lassen, als ob es die perfekte Lösung sei.
„Es ist doch erst kurz nach halb sechs“, protestierte Sophie, während sie ihrer Mutter in die Küche folgte und versuchte, diesen seltsamen Antrag aus ihren Gedanken zu verbannen.
„Und wie kommt Bram zurecht?“, fragte Harriet und machte sich wieder daran, den Teig auszurollen. „Es muss schwer für ihn sein, jetzt wo Molly nicht mehr da ist.“
Sophie schwang sich auf einen der hohen Stühle am Frühstückstresen. „Er schlägt sich durch.“
„Er sollte sich eine Frau suchen“, fuhr Harriet fort, war jedoch zu sehr mit ihrem Teig beschäftigt, um zu merken, dass Sophie zusammenzuckte. War das eine Verschwörung? „Ich habe gehört, dass Rachel nach York gegangen ist“, fuhr Mrs. Beckwith fort, ehe Sophie antworten konnte. „Ich dachte mir schon, dass das mit ihr nicht lange gut geht.“
„Du kennst sie doch kaum, Mum.“
„Das muss ich auch nicht. Man braucht sie sich doch nur anzusehen.“ Abschätzig schnalzte sie mit der Zunge. „Ich hätte Bram gleich sagen können, dass er mit dieser Frau nur seine Zeit verschwendet. Ein Mädchen aus der Stadt ist nicht gut für ihn. Er braucht eine, die ihm mit der Farm weiterhilft. Er könnte nämlich viel mehr aus seinem Land machen.“
Harriet hatte einen ausgeprägten Geschäftssinn. Vermutlich war ihr die Krise in der Landwirtschaft vor ein paar Jahren gerade recht gekommen. Das hatte Sophie schon damals vermutet. Im Grunde hatte sie sich als Farmersfrau gelangweilt und deshalb ihren eigenen Partyservice aufgemacht.
Und sie war so erfolgreich damit, dass sie Farmer wie Bram immer wieder ermutigte, ihrem Beispiel zu folgen und es mit einem neuen Erwerbszweig zu versuchen. Offenbar frustrierte es sie, dass Bram sich mit Schafen und Rindern zufriedengab, wie schon einige Generationen von Thoresbys vor ihm.
„Ich mag Bram wirklich“, sagte Harriet oft, „aber er hat keinen Ehrgeiz. So wird er es nie zu etwas bringen.“
Sophie hingegen hatte den Eindruck, dass Bram bereits genau da war, wo er hinwollte. Warum also sollte er etwas verändern?
„Deshalb konnte Melissa ihn ja auch nicht heiraten“, erklärte Harriet. „Er hätte ihr nicht das Leben bieten können, das sie gewohnt war. Sieh dir Haw Gill doch nur an. An dem Farmhaus hat sich in den
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