JULIA WEIHNACHTSBAND Band 22
ungewöhnliche Farbe. Auf den ersten Blick schienen ihre Haare von einem matten Braun, doch wenn das Licht darauf fiel, entdeckte man noch andere Farben darin: Gold, Kupfer und einen Hauch Bronze.
Sophies Charakter spiegelte sich auch auf ihrem Gesicht wider. Beherrscht von leuchtenden Augen mit einem ungewöhnlichen Farbton zwischen Grau und Grün, wirkte es sehr ausdrucksvoll, ohne im engen Sinn schön zu sein. Ihre Augen erinnerten Bram an einen Fluss, dessen Farbe sich durch die Bewegung und das Licht ständig änderte. Sie hatte einen breiten Mund, der immer in Bewegung schien. Ihr energisches Kinn verriet ihre Sturheit, die früher immer wieder zu Auseinandersetzungen mit ihrer Mutter geführt hatte.
„Ich habe in jeder Hinsicht versagt“, meinte Sophie gerade, ohne sich bewusst zu sein, dass er sie beobachtet hatte. „Ich bin jetzt einunddreißig“, fuhr sie fort und hob für jedes ihrer Probleme einen Finger. „Ich lebe in einer grässlichen Mietwohnung, in einer Stadt, in der ich nicht leben will. Ich bin dabei, meinen Job zu verlieren – also stehen die Chancen gut, dass ich vielleicht bald nicht mal mehr diese Wohnung bezahlen kann. Ich habe die Liebe meines Lebens verloren, und mit meiner Karriere als Töpferin hat es auch nicht geklappt. Die einzige Galerie, die ich dazu überreden konnte, meine Arbeiten auszustellen, hat zugemacht.“ Sie seufzte. „Ach ja, und jetzt werde ich obendrein noch von meiner Mutter erpresst.“
Mitfühlend hob Bram eine Augenbraue. „Das klingt nicht gut.“
„Nicht gut?“ Sophie sah ihn mit einer Mischung aus Ungeduld und Zuneigung an. In seiner schmutzigen Hose, den lehmverkrusteten Stiefeln und der abgetragenen Jacke entsprach er genau der Vorstellung, die ein Städter von einem Farmer hatte. „Mehr hast du dazu nicht zu sagen?“
„Was möchtest du denn hören?“ Ein wenig amüsiert sah er sie mit seinen blauen Augen an.
„Du könntest zumindest sagen Wie schrecklich oder Du Arme. Nicht einfach nur Das klingt nicht gut .“
„Tut mir leid“, entgegnete Bram in gespielter Demut. „Ich dachte nur eben, dass deine Mutter vielleicht wieder ihre übliche Taktik fährt.“
Er hatte recht. „Wie hast du das denn erraten?“, fragte sie mit einem Anflug von Ironie.
Das war nicht schwer gewesen. Harriet Beckwith war eine Meisterin, wenn es darum ging, ihren Willen durchzusetzen. „Was hat sie denn diesmal ausgebrütet?“
„Sie will, dass ich Heiligabend nach Hause komme.“ Sophie schlang fröstelnd die Arme um ihren Oberkörper. „Sie hat schon alles geplant. Wir werden ein vergnügliches Weihnachtsfest haben, mit der ganzen Familie.“
„Aha.“ Bram hatte sofort verstanden, wo das Problem lag. „Und Melissa …?“
„Wird auch da sein“, ergänzte Sophie. Sie zupfte an der widerspenstigen Locke, die der Wind ihr in den Mund geweht hatte. „Zusammen mit Nick.“
Sie hatte versucht, gelassen zu klingen, doch Bram spürte, wie schwer es ihr fiel, den Namen ihres Schwagers auszusprechen.
„Kannst du nicht sagen, dass du bei Freunden bist, so wie letztes Jahr? Oder dass du in den Skiurlaub fährst?“
„Das würde ich ja, wenn ich es mir leisten könnte, aber ich bin völlig abgebrannt“, meinte Sophie mürrisch. „Sicher, ich könnte so tun als ob, aber das hieße, mich Weihnachten in meiner Wohnung zu verstecken. Ich müsste mich mit einer Dose Ölsardinen durchschlagen und mir nervtötende Weihnachtssendungen ansehen, bis ich schließlich versuche, mich mit Lametta zu erdrosseln.“
„Das hört sich nicht besonders lustig an“, bestätigte Bram.
„Nein.“ Sie seufzte. „Mum hat sich sowieso schon in jeder Richtung abgesichert. Sie hat mich daran erinnert, dass Dad am 23. Dezember siebzig wird, und da soll natürlich mit der ganzen Familie gefeiert werden.“
„Und deshalb fühlst du dich emotional erpresst?“
„Genau.“ Sophie verfiel in die Stimme ihrer Mutter. „‚ Wir sind schon so lange nicht mehr alle zusammen gewesen. Und dich sehen wir überhaupt nicht mehr. Es würde deinem Va ter sehr viel bedeuten. ‘“ Ein Schatten legte sich auf ihr Gesicht. „Mum hat gesagt, dass Dad sich in letzter Zeit nicht ganz wohlfühlt, obwohl er mir das Gegenteil erzählt hat. Aber du kennst ja Dad. Er würde das auch sagen, wenn man ihn gevierteilt hätte. Mum hat angedeutet, dass es unser letztes Weihnachten auf der Farm sein könnte. Meinen Eltern wird die Arbeit zu viel und sie denken daran zu verkaufen.“
Sophie zog die
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