Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
die Realität zu akzeptieren.
Ein Geräusch ließ sie aufschrecken. Eine Taube kehrte in ihren Käfig zurück. In die freiwillige Gefangenschaft. Entweder, weil sie es nicht besser wusste, oder weil sie kein Interesse an der Freiheit hatte und sich lieber mit dem einfacheren Weg abfand.
Das Gefühl von Hoffnungslosigkeit, das Kayleen in diesem Moment durchströmte, machte ihr die Brust eng. Sie liebte As’ad aufrichtig, würde ihn immer lieben. Aber hier gehörte sie nicht her. Sie konnte unmöglich bleiben und einen Mann heiraten, der sie nicht liebte.
Nachdem sie diesen Entschluss gefasst hatte, machte sie sich auf den Weg zu ihrer Suite. Die Tür zu den Räumen ihrer Mutter stand einen Spaltbreit offen. Ohne anzuklopfen, trat Kayleen ein. Darlene war gerade dabei, zwei Hausmädchen Anweisungen beim Kofferpacken zu erteilen. Die pompöse Abendrobe hatte sie bereits gegen einen eleganten Hosenanzug getauscht. Als sie ihre Tochter bemerkte, zwang sie sich zu einem Lächeln.
„Oh, gut, dass du hereinschaust. Das erspart mir den Abschiedsbrief. Wie du siehst, verschwinde ich von hier. Das freut dich sicher. Ich hatte wirklich eine wundervolle Zeit hier. Nur schade, dass wir doch keine Freundinnen geworden sind. Falls dich dein Weg mal in die Staaten führt, musst du mich unbedingt besuchen.“
Alles an ihr ist falsch, dachte Kayleen emotionslos. Angefangen bei ihren gefärbten Haaren bis hin zu ihrem künstlichen Lächeln.
„As’ad hat das richtige Mittel gefunden, um dich zu überzeugen, was? Vier Millionen Dollar – nicht schlecht“, sagte Kayleen ihr auf den Kopf zu. „Ich habe eure Unterhaltung mitgehört.“
„Nun, Herzchen, du weißt ja, warum ich hier bin. Um meine Zukunft zu sichern. Da kommen mir die vier Millionen gerade recht. Schlau angelegt, reichen sie ein Weilchen. Ist natürlich nichts im Vergleich zu deiner Beute, aber wir können wohl alle ganz zufrieden sein.“
„Wann reist du ab?“
„Der Flieger steht schon startbereit am Flughafen. Ach, ich liebe das Leben der Reichen und Schönen.“ Abschätzig fügte sie hinzu: „Du bist bestimmt nicht scharf auf eine sentimentale Abschiedsszene, nehme ich an.“
„Nein, ganz bestimmt nicht.“
Damit wandte Kayleen sich ab und ging in ihre Suite. Das Kindermädchen begrüßte sie mit einem fröhlichen: „Die drei Süßen waren ausgesprochen brav heute Abend.“
„Freut mich zu hören, danke.“ Kayleen zwang sich zu einem Lächeln.
Nachdem die junge Frau sich zurückgezogen hatte, empfand Kayleen fast so etwas wie Frieden. Wahrscheinlich kam der mit der Erleichterung, sich nicht länger etwas vormachen zu müssen. Die Katze war aus dem Sack, jetzt brauchte Kayleen nicht mehr zu kämpfen, wo es nichts zu gewinnen gab.
Für sie zählte nur ein einziger Grund, der eine Ehe rechtfertigte: Liebe. Also würde sie gehen, für immer. Das bedeutete leider auch, As’ad nie wiederzusehen, aber damit musste sie leben. Sie liebte ihn nach wie vor und bezweifelte, dass ein anderer Mann irgendwann seinen Platz einnehmen konnte, sosehr sie sich das auch wünschte. Ihre Sehnsucht nach einer eigenen Familie, einem Mann und Kindern würde nie aufhören. Dieses Glück zu finden, war der Sinn ihres Lebens, das wusste sie jetzt. Eine Rückkehr zur Klosterschule kam damit nicht mehr infrage. Sie musste ihren Weg in der Welt machen.
As’ad fand Kayleen in ihrer Suite. In einen seidenen Morgenrock gehüllt, saß sie in einem Sessel am Fenster, einen Stapel Papiere auf dem Schoß.
Mit leisem Vorwurf sagte er: „Da bist du ja. Ich habe schon überall nach dir gesucht.“
„Ich hatte keine Lust, noch länger zu bleiben.“
Irgendetwas stimmt da nicht, dachte er besorgt. Sie war gegangen, ohne sich mit ihm abzusprechen? „Alles in Ordnung mit dir? Du fühlst dich doch nicht etwa krank?“
„Mir geht es gut, danke.“ Kayleen legte die Papiere auf dem Tischchen neben sich ab und stand auf. „Hast du das Geld für meine Mutter schon überwiesen?“
Verdammt! „Sie hat es dir also erzählt …“
„Nein. Keine Sorge, Darlene hat nicht aus dem Nähkästchen geplaudert. Also darf sie das Kleid und den Schmuck behalten, oder? Das gehört doch zum Deal … genauso wie die vier Millionen Dollar. Hut ab, ein großzügiges Angebot. Ich hatte sie ohnehin schon aufgefordert, abzureisen, aber das konntest du ja nicht wissen. Na, für sie hat sich der Trip nach El Deharia wirklich gelohnt, so viel ist sicher.“
„Das Geld ist mir egal.“ Offensichtlich
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