Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
liebe Menschen verloren hat.“
„Die Mädchen werden uns beide brauchen, um darüber hinwegzukommen“, erwiderte er ernst.
„Stimmt.“ Erstaunt stellte Kayleen fest, dass er in diesem Punkt derselben Meinung war wie sie. „Sagtest du nicht, du willst so wenig wie möglich mit den Mädchen zu tun haben?“
„Man darf seine Meinung doch ändern, oder? Allmählich bekomme ich richtig Spaß daran, mich mit ihnen zu beschäftigen, muss ich gestehen.“
„Du ahnst gar nicht, wie sehr mich das freut.“
„Und du?“ Sein Blick wurde eindringlich. „Wie stehst du zu ihnen?“
„Ich habe sie furchtbar lieb. Warum fragst du?“
„Weil du doch planst, sie in absehbarer Zeit zu verlassen.“
„Oh …“ Verlegen starrte Kayleen ins Feuer. Sie hatte entsetzliche Schuldgefühle. Es wäre besser gewesen, As’ad hätte es von ihr selbst erfahren. Aus Feigheit hatte sie geschwiegen, aus Angst davor, was er von ihr denken würde.
„Lina hat es mir erzählt“, erklärte er nüchtern, als lese er wieder einmal ihre Gedanken. „Dass du nach Hause zurückkehren möchtest, sobald du fünfundzwanzig bist. Um dich für den Rest deines Lebens hinter Klostermauern zu vergraben.“
So, wie er das sagte, klangen ihre Pläne nichtig und bedeutungslos. „Es ist mein Zuhause.“
„Was ist mit deiner Verpflichtung den Mädchen gegenüber?“ As’ad bemühte sich um einen möglichst neutralen Ton, wollte nicht anklagend klingen, doch das gelang ihm nicht.
„Keine Ahnung“, gestand sie kleinlaut. „Ich habe das alles nicht richtig durchdacht. Meine Absicht, nach Hause zurückzukehren, steht schon lange fest.“
„Du warst es, die darauf bestand, dass ich die Pflegschaft für sie übernehme. Du bist die einzige Erwachsene in ihrem Leben, die ihnen Halt gibt. Willst du sie wirklich noch mehr aus der Bahn werfen, indem du stur auf deinen Plänen beharrst? Bedeuten sie dir so wenig?“
„Nein, natürlich nicht!“ Ihre Stimme klang schrill vor Verzweiflung. „Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll, verstehst du denn nicht? Natürlich helfe ich dir, einen Ersatz für mich zu finden, eine Nanny, die zu ihnen passt.“
„Ach ja, tatsächlich? Beabsichtigst du nicht vielmehr, die Kinder mitzunehmen?“
Sie senkte beschämt den Blick. „Ich gebe zu, mir kam der Gedanke.“
„Du bildest dir doch wohl nicht im Ernst ein, dass ich das zulasse!“ Seine Worte waren wie Peitschenhiebe. „Kein Mensch spielt mit ihrem Leben – oder mit meinem, nicht einmal du! Ich bin jetzt ihr Pflegevater, und sie bleiben hier!“
Im Stillen gab sie ihm recht. Sie konnte die Mädchen nicht nach Belieben hin- und herschieben. „Es ist alles ein furchtbares Durcheinander.“ Kayleen barg das Gesicht in den Händen und schloss erschöpft die Augen.
„Bis jetzt ist ja noch nichts entschieden“, sagte As’ad eine Spur versöhnlicher. „Wir werden gemeinsam eine Lösung finden. Aber zuerst verrate mir, ob du mir noch mehr verheimlichst.“
„Wie bitte? Nein, wie kommst du nur darauf … Ich hätte dir sowieso bald von meiner geplanten Abreise erzählt.“ Sie hob den Kopf und sah ihn an. „Bitte, du darfst nicht denken, dass ich dich hintergehen oder austricksen wollte. Aber als Tahir plötzlich im Internat auftauchte, um die Mädchen in sein Dorf zu verschleppen, musste ich doch handeln, um das zu verhindern. Na ja, du kennst meine impulsive Art inzwischen“, fügte sie kleinlaut hinzu.
Auf einmal merkte sie, dass As’ad ein gutes Stück näher gerückt war. Er saß jetzt so dicht neben ihr, dass er nur die Hand heben musste, um ihre Wange zu berühren – was er auch tat.
„Ich glaube dir“, sagte er ernst.
Kayleen seufzte vor Erleichterung. „Gut, denn es ist die Wahrheit.“ Es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren. As’ads Hand auf ihrer Wange lenkte sie viel zu sehr ab. „Ich liebe dieses Land. Es ist wunderschön. Ich liebe den Kontrast zwischen den modernen Großstädten und der Einsamkeit der Wüste. Ich liebe dein Volk, ihre Gastfreundschaft und Liebenswürdigkeit. Und ich räume ein, dass Tahir sicher nur das Beste für die Mädchen wollte, auch wenn meine Vorstellung darüber anders aussieht. Im Rahmen der Projektarbeit für das Erziehungsministerium habe ich so viel Neues über das Leben in den Dörfern gelernt. Kurz gesagt: El Deharia ist einfach fantastisch.“
„Aber du fühlst dich hier nicht zu Hause.“
Sie schüttelte bedauernd den Kopf. „Im Konvent fühle ich mich sicher und geborgen. Was
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