Julian und das Ende der Nacht
sie nicht angerührt“, verteidigte sich Henry entrüstet und beleidigt, dass die Frau, die er liebte, ihm so wenig vertraute.
„Er sagt die Wahrheit“, bestätigte Julian mit besorgtem Blick auf Sara.
„Und wer sind Sie, junger Mann?“ Die Neugier in Amandas Stimme war nicht zu überhören.
„Nennen Sie mich Julian.“
Gabriel erhob sich. „Die Wunde hat sich geschlossen, doch sie hat viel Blut verloren. Es kann dauern, bevor sie aufwacht. Zeit zu klären, was passiert ist.“
„Ich sehe, du hast mein Gemälde gerettet.“ Dankbar nickte Julian Henry zu.
„Ich weiß, wie viel es dir bedeutet“, erwiderte Henry leise. Er hatte nicht vergessen, wie Jared und er vor fünfhundert Jahren auf der Suche nach einer Bleibe Julians Versteck gefunden hatten. Jared hatte sich das Gemälde gegriffen, um es zu Geld zu machen. Julian hatte sie überrascht und offenbart, dass er ihr Bruder sei und wie wichtig ihm das Gemälde war. Jared hatte schallend gelacht, Julian niedergeschlagen und sich mit dem Gemälde aus dem Staub gemacht.
„Klärt mich jemand auf?“ Gabriel klang gereizt. „Ich habe herausgefunden, dass ein Gemälde, was mir vor fünfhundert Jahren gestohlen wurde, Teil einer Ausstellung sein sollte, die heute Abend stattfand. Ich wurde Zeuge, wie mein Gemälde in den Besitz dieser jungen Dame überging, und bin ihr gefolgt.“ Julian stockte.
„Und weiter“, fragte Gabriel ungeduldig. „Jared hat sie angegriffen. Gott sei Dank hat Henry Schlimmeres verhindert.“
„Ich dachte Jared wäre tot“, wandte Lara verwundert ein. Freudig eilte Diana auf Henry zu und umarmte ihn stürmisch.
„Du bist mein Held!“
„Also ist Jared mit dem Buch entkommen!“, bemerkte Rafael mürrisch.
„Was für ein Buch?“, hakte Amanda, die neben Rafael stand, nach.
„Wir haben Jared in Begleitung von einem seiner Brüder in ein Antiquitätengeschäft gehen sehen. Jared hatte ein großes goldenes Buch bei sich, als er den Laden verließ. Gabriel und ich gingen hinein, während Henry Jared folgen sollte. Wir haben herausgefunden, dass Jared seinen Bruder getötet hatte. Der Ladenbesitzer nannte es das Buch des Bösen, bevor auch er an seinen Verletzungen gestorben ist. Alles was ich über dieses Buch weiß, ist, dass es Kairons Großvater mit dem Blut seiner Feinde schrieb. Kairon hat es sicher nicht ohne Grund aus der höchsten Ebene verbannt“, besorgt atmete Rafael tief durch.
„Ausgerechnet jetzt sind Ewan, Cara und Saphira nicht hier.“ Diana klang verzweifelt.
„Stimmt“, gab Lara ihrer Schwester Recht. „Doch ich kenne jemanden, der uns helfen kann. Ich rufe Thomas an. Lara eilte zum Telefon und wählte eilig Thomas' Nummer.
8
„Richard“, eine sehnsüchtige Stimme hallte durch die Unterwelt.
„Vater.“
„Ich höre sie, mein Kind.“ Lilith wandte sich vom Standspiegel ab, in dem sie gerade ihre Schönheit bewundert hatte. „Bald wandeln wir wieder im Licht.“ Liliths Gesicht zeigte ein strahlendes Lächeln.
„So wird es sein.“ Richard erhob sich von seinem Schlaflager.
„Lass Luisa nicht warten“, drängte Lilith, die es satthatte, in einer Festung zu leben, die Kairon vor dreitausend Jahren erbauen ließ, damit ihr Vater standesgemäß leben und doch nicht entkommen konnte. Nur ein Blutruf des Bösen war stark genug, Richard für zwei Stunden die Freiheit zu schenken.
„Ich teile deine Ungeduld.“ Richard näherte sich Lilith triumphierend lächelnd und küsste sie auf die Stirn. „Alles wird gut“, versprach Richard, bevor er dem Blutruf seiner Geliebten folgte, die der Beginn einer bitteren Rache war.
9
Überglücklich kniete Jared auf dem staubigen Boden des abbruchreifen Hauses, in dem er Unterschlupf gefunden hatte. Seine Augen sprühten Funken der Begeisterung, als das Licht der Kerzen, die ihn umgaben, auf das Buch des Bösen fiel, das vor ihm lag. Mit einem tiefen Atemzug der Erleichterung legte Jared beide Hände auf den goldenen Buchumschlag, sein Herz schlug in freudiger Erwartung. Dieses Buch konnte Jared nicht nur in eine andere Welt bringen, sondern ihm ein völlig neues Leben schenken. Ein Leben, in dem er die Wärme der Sonne spüren konnte, ohne in ihren Strahlen zu verbrennen, ein Leben, das ihn befreite von der Jagd nach menschlichem Blut. Jared griff nach dem Dolch, der neben ihm auf den Boden lag. Wie ihm Lilith erklärt hatte, schnitt Jared sich in die Hand und träufelte sein Blut in die Inschrift des Buches, die ihm unverständlich war. Fest
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