Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
zusammen, weil wir beide mehr und schneller essen als jeder andere Mensch, dem wir jemals begegnet sind. Außerdem finden wir beide Buffy the Vampire Slayer genial). Noch vor ein paar Stunden, als ich nach dem Frauenarzttermin in dem koreanischen Deli stand und das Gemüse anstarrte, hatte ich gedacht: »Ich bin 29, ich werde nie Kinder oder einen richtigen Beruf haben, mein Mann wird mich verlassen, und ich werde in einer ewig weit von Manhattan entfernten Bruchbude, umgeben von zwanzig Katzen, allein sterben, und es wird zwei Wochen dauern, bis der Gestank in den Hausflur dringt.« Aber jetzt, drei Suppentassen später, dachte ich zu meiner Erleichterung gar nichts mehr. Ich lag rücklings auf dem Sofa und verdaute friedlich. Julia Childs Suppe hatte mich wieder ein wenig mit der Welt versöhnt.
Eric sah eine Gelegenheit, das Gespräch zu eröffnen, und nutzte sie.
»Das war gut, Honey.«
Ich seufzte zustimmend.
»Wirklich gut. Und dabei war nicht einmal Fleisch drin.« Eric ist ein feinfühliger Mann des 21. Jahrhunderts, aber nichtsdestoweniger ein Texaner, und der Gedanke an ein Essen ohne Fleisch versetzt ihn leicht in Panik.
»Du bist so eine gute Köchin, Julie. Vielleicht solltest du einen Kochkurs machen.«
Ich hatte im College zu kochen angefangen, ursprünglich, um Eric sklavisch an mich zu binden. Seither war das Ganze allerdings ein wenig aus dem Ruder gelaufen. Ich weiß nicht, ob Eric stolz war, weil ich seinetwegen zu meiner verzehrenden Leidenschaft gefunden hatte, oder sich schuldig fühlte, weil mein Drang, seine unschuldigen Vorlieben für Weinbergschnecken und Rhabarber zu befriedigen, sich zu einer krankhaften Besessenheit ausgewachsen hatte. Was auch immer der Grund war, die Sache mit dem Kochkurs entwickelte sich zu einem unserer typischen, ausweglosen Gespräche. Ich fühlte mich nach dieser Suppe zu köstlich schlaff, um mich zu ärgern, und schnaubte nur leise und verächtlich. Doch schon dieses kleine Zeichen meiner wehrlosen Aufmerksamkeit war ein taktischer Fehler. Ich wusste es, sobald ich den ersten Laut von mir gegeben hatte. Ich kniff die Augen zu und tat, als sei ich plötzlich eingeschlafen oder taub geworden.
»Im Ernst, du könntest ins Culinary Institute gehen! Wir ziehen ins Hudson Valley, und du könntest dich von morgens bis abends zur Meisterköchin ausbilden lassen.«
Kaum hatte ich mir die Gefahr vor Augen geführt, beging ich schon den taktischen Fehler Nr. 2: »Ohne Berufserfahrung lassen sie mich da gar nicht rein. Ich muss erst einmal sechs Monate lang für 2,50 Dollar in der Stunde Kartoffeln schälen. Willst du mich so lange aus deiner dicken Brieftasche unterstützen?«
Ich hatte der Versuchung nachgegeben, die Männlichkeit meines Mannes in Frage zu stellen. Immer ein Fehler.
»Dann vielleicht eine andere Schule, irgendwo in der Stadt?«
»Das können wir uns nicht leisten.«
Eric antwortete nicht. Er saß reglos auf der Sofakante, die Hand auf meinem Schienbein. Ich überlegte, ob ich sie wegstoßen sollte, aber das Schienbein war doch eine ziemlich neutrale Stelle. Eine der Katzen sprang mir auf die Brust, roch meinen Atem und stakste mit steifen Beinen davon, das Maul in leisem Ekel verzogen.
»Wenn ich kochen lernen will, brauche ich mich nur durch Mastering the Art of French Cooking hindurchzukochen.«
Ein merkwürdiger Satz für eine sarkastische Bemerkung, aber ich kriegte ihn doch irgendwie hin. Eric saß bloß da.
»Natürlich bringt mir das nichts. Da wird kein Job draus.«
»Zumindest bekämen wir eine Zeit lang was Gutes zu essen.«
Diesmal wusste ich nichts zu entgegnen, denn er hatte natürlich Recht.
»Ich wäre dauernd hundemüde. Ich würde dick werden. Wir müssten Hirn essen. Und Eier. Ich esse keine Eier, Eric. Du weißt, dass ich keine Eier esse.«
»Ja, weiß ich.«
»Das ist eine dämliche Idee.«
Eine Weile sagte Eric nichts. Buffy war aus, jetzt kamen Nachrichten - ein Reporter stand in Sheepshead Bay auf einer überfluteten Straße und sagte was von einer geborstenen Wasserhauptleitung. Wir saßen auf dem Sofa in unserem muffigen Wohnzimmer in Brooklyn und starrten auf den Bildschirm, als ginge uns das irgendwas an. Rings um uns standen schwankende Kartontürme und gemahnten uns an den bevorstehenden Umzug.
Wenn ich mich jetzt an Erics Antwort erinnere, ist mir, als hörte ich geradezu das Knarzen der straff gespannten Angelschnur, wenn ein Fischer ein bisschen mehr Leine gibt: »Du könntest ein Blog
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