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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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S-Bahn-Haltestelle, etwa zehn Fußminuten von zu Hause entfernt. Auf die brutalste Weise vergewaltigt, mit mehr als dreißig Stichen verstümmelt, die Augen ausgestochen, die rechte Brust abgetrennt und neben das Mädchen gelegt, das Schambein mit einem harten Gegenstand von innen zertrümmert, ein Kollege von der Spurensicherung hatte sarkastisch bemerkt, der Täter müsse einen gewaltigen Stahlschwanz haben. Bißwunden an dieser, aber auch an der anderen Brust. Bißwunden an der Zunge, an den Ohren. Bißwunden am Bauch und den unteren Genitalien, die inneren Schamlippen regelrecht abgebissen. Als ob es nicht genug der Perversion gewesen wäre, hatte der Kerl ihr die Haare auch noch zu zwei Rattenschwänzen geflochten und rote Schleifchen darum gebunden, die Arme über der Brust gefaltet, die Beine überkreuzt. Ein höchst makabres Ritual, das der Mörder schon beim ersten Mädchen zelebriert hatte. Schlimmer noch als der gräßliche Anblick der Leiche war, den Eltern den Tod ihrer Tochter mitzuteilen. Der Vater Mitte Vierzig, Deutschlanddirektor einer amerikanischen Großbank, die Mutter etwas jünger, klein und zierlich, attraktiv. Reichtum, eine prachtvolle Villa mit parkähnlicher Anlage, Pool, eine Terrasse mit Marmorboden, das gesamte Grundstück von Bäumen, Sträuchern und einer mannshohen Hecke vor neugierigen Blicken geschützt. Es war etwas Erbärmliches, Angehörigen mitzuteilen, daß der Ehemann oder die Ehefrau oder ein Kind einem Verbrechen zum Opfer gefallen waren. Zwar hatte er während seiner mittlerweile mehr als zwanzig Jahre bei der Polizei eine Reihe psychologischer Seminare besucht und war auf solche Fälle vorbereitet, doch die Theorie war nichts als Luft, sobald man den Angehörigen gegenüberstand, in ihre fragenden, hoffenden, bangenden und schließlich verzweifelten Gesichter sah. Dann waren jede Schulung, jedes noch so intensive Seminar vergessen. Jeder Fall war anders gelagert, nicht zwei Menschen, die sich in einer solchen Situation gleich verhielten.
    Maureens Mutter war zusammengebrochen, hatte geschrien, gegen die Tür und die Wand getrommelt. Zehn Minuten lang. War schluchzend auf die Knie gesunken, den Kopf zwischen den Händen vergraben. Bis der schnell gerufene Arzt ihr eine Beruhigungsspritze gab, nach der sie nur noch wimmerte. Der Arzt sagte, selbst ein Elefant würde nach dieser Dosis mindestens vierundzwanzig Stunden schlafen und hinterher weitere vierundzwanzig Stunden die Welt durch einen rosigen Schleier sehen. Doch hier erzielte die Spritze nur eine oberflächliche Wir kung. Der Vater hatte sich einer Spritze verweigert, war nur rastlos mit gesenktem Kopf in dem riesigen, mit dicken Teppichen ausgelegten Wohnzimmer von einer Ecke in die andere getigert, still mit sich und der Welt hadernd. Ein gebrochener Mann, der all seinen Besitz für das Leben seiner Tochter gegeben hätte. Auch die vor zwei Wochen ermordete Carola Preusse stammte aus bestem Haus, ein hübsches, intelligentes, blondes Mädchen. Sie hatte nur eine Kirchenversammlung besucht, wollte spätestens um zehn zu Hause sein. Wenige hundert Meter durch die anbrechende Nacht in einer der behütetsten Gegenden laufen, als zusätzlicher Schutz die bereits eingeschaltete Straßenbeleuchtung und die um diese Zeit noch nicht menschenleeren Straßen - eine trügerische Sicherheit. Nach diesem ersten Mord ging man im Präsidium zunächst von einem Einzelfall aus und glaubte nicht, daß der Täter ein zweites Mal zuschlagen könnte.
Berger hatte vieles miterleben müssen, viele Leichen gesehen, doch die beiden letzten waren etwas ganz Besonderes, im negativen Sinn. Jung und hübsch und irgendwie unschuldig - und massakriert. Von einem Wahnsinnigen, einem Psychopathen, da war man inzwischen sicher, aber einem intelligenten Psychopathen. Vielleicht ein notorischer Hasser, dessen Leben aus nichts als tiefstem Abscheu und der Vernichtung des Objektes seines Hasses bestand. Die Gründe für Haß, so hatte Berger sich belehren lassen, waren so zahlreich wie der Sand am Meer. Mancher haßt, wie jemand läuft, das Eßbesteck hält, die Zigarette anzündet, lacht oder sich schminkt, blonde Haare, kurze Röcke, auffällige Ohrringe. Selten aber, so wurde er belehrt, schlüge Haß in derart krasse physische Gewalt um. Auch heute war wieder einmal alles im Sand verlaufen. Ein paar klägliche Hinweise von Wichtigtuern, lediglich für den Papierkorb. Die Sorge, er könnte wieder zuschlagen. Aus heiterem Himmel, irgendwo in

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