Jungs sind wie Kaugummi - süß und leicht um den Finger zu wickeln (German Edition)
Wir können schließlich ein Geheimnis bewahren.
Aber Meinrad, der alte Verräter, hatte nichts Besseres zu tun, als sein Plastiktütchen wieder hervorzukramen und es Alyssa unter die Nase zu halten.
»Wir haben hier echt Spaß«, sagte er großkotzig.
»Was soll denn das sein?«, fragte Alyssa.
»Na, du wirst doch wohl einen Blauen Pudel erkennen, wenn du ihn vor dir hast«, sagte Meinrad.
»Einen was?«
»Hasch«, sagte Jakob.
»Feinstes Marihuana aus biologisch-dynamischem Anbau«, ergänzte das Nebelding.
»Tja«, sagte Alyssa. »Dann hoffe ich für euch, dass ihr auch alle auf Lunge rauchen könnt. Aber ich wette, von euch hatte noch niemand eine Zigarette in der Hand.«
»Stimmt«, sagte Jakob, aber Kati sagte: »Natürlich können wir alle auf Lunge rauchen, das kann doch jedes Kleinkind.«
Ich dachte auch, dass das wohl nicht allzu schwer sein dürfte. Nur musste man hinterher vermutlich husten.
»Ich rauche nicht«, sagte Jakob kategorisch.
»Och, der Kleine hat wohl Angst«, sagte Alyssa in affektierter Babystimme.
»Habe ich nicht«, sagte Jakob und sah aus dem Fenster.
»Also, du bist dabei, Alyssa, oder?«, fragte Meinrad.
»Na klar«, sagte Alyssa.
»Aber sag’s keinem weiter«, sagte Meinrad.
»Sag’s lieber selber keinem weiter«, fauchte Kati ihn an. Ich fand auch, ohne Alyssa hätte es mehr Spaß gemacht.
Das Jugendhotel, in dem wir abstiegen, lag direkt am Wannsee, Ewigkeiten von der Innenstadt entfernt, aber dafür sehr idyllisch gelegen. Es gab Viererzimmer, jeweils zwei davon mit einem Bad verbunden, richtig luxuriös für eine Jugendherberge. Leni, Kati, Valerie und ich schliefen natürlich in einem Zimmer, aber da Leni ja neuerdings die beste Freundin von Alyssa war, hatte sie darauf bestanden, dass auch Alyssa bei uns im Zimmer schlief. Und das tat sie auch, auf einer eigens für sie organisierten Matratze auf dem Fußboden.
»Ach, du liebe Güte«, sagte sie. »Wem gehört denn dieser abgenudelte Winnie-Puh?«
»Äh«, sagte Kati, die ohne ihren abgenudelten Win-nie-Puh nicht schlafen konnte. »Welchen meinst du denn?«
Leni versteckte schnell ihre Plüscheule unter dem Kopfkissen, aber Alyssa hatte sie schon gesehen.
»Oh, mein Gott«, sagte sie. »Ihr habt echt noch Kuscheltiere, oder?«
Na und? Ich nahm meinen guten alten Frotteefrosch demonstrativ in die Arme. Er hieß Pocke, und ich würde ihn ganz sicher auch noch mit ins Bett nehmen, wenn ich zwanzig war.
»Was nimmst du denn mit ins Bett, Alyssa? Lockenwickler?«, fragte ich.
»Nee«, sagte Alyssa. »Bei mir ist alles Natur.«
Dafür trug sie aber ein saublödes Nachthemd mit der Aufschrift Kiss the day goodbye .
Wir Mädchen wohnten im ersten Stock, die Jungs im zweiten. Es gab keine Probleme, hinauf-oder herunterzukommen, keinen Stacheldraht, keine Alarmanlagen, gar nichts. Aber der Alke und das Gürteltier hatten Besuche aus dem ersten in den zweiten Stock und umgekehrt nach elf Uhr abends strengstens untersagt. Dabei wurde es doch dann erst so richtig interessant. Ich weiß auch nicht, warum man auf Klassenfahrten überhaupt keinen Schlaf braucht, aber es ist nun mal so. Ein Naturgesetz, schätze ich. Die Einzigen, die müde werden, sind die Lehrer. Man muss nur lange genug warten.
Und das taten wir. Im Dunkeln erzählten wir uns Geschichten, das heißt, eigentlich erzählte Alyssa die ganze Zeit. Davon, wie cool es in Amerika war. Und wie toll sie selber war.
»Ich kotze gleich auf dein Kissen«, flüsterte Kati mir zu, die sich mit in mein Bett gequetscht hatte.
»Ja, wenn ich nicht so aufgeregt wäre, würde ich glatt einschlafen«, flüsterte ich zurück.
Endlich war es so weit. Um Viertel vor eins schlichen wir fünf Mädchen uns leise wie die Mäuse an Gürteltiers Einzelzimmer vorbei die Treppe hinauf. An Meinrads Zimmertür klopften wir das verabredete Zeichen: kurz, kurz, kurz, lang. Meinrad machte auf und zog uns in den Raum.
Wir waren natürlich nicht die Einzigen. Meinrad hatte der halben Klasse sein Tütchen gezeigt. Ich zählte vierzehn Personen, sogar Simon war da.
»Du bist ja ein supertoller Geheimnisbewahrer«, sagte Kati zu Meinrad.
»Ach, es ist doch genug für alle da«, sagte Meinrad.
»Allerdings«, sagte Jakob. »Das reicht, um eine ganze Kleinstadt high zu machen.«
»Yeah«, sagte Meinrad. »Das ziehen wir uns jetzt rein. Das wird der Jahrtausendrausch. Die volle Dröhnung.«
»Ich denke, alle, die noch nicht auf Lunge geraucht haben, sollten das erst mal an einer
Weitere Kostenlose Bücher