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Jungs sind wie Kaugummi - süß und leicht um den Finger zu wickeln (German Edition)

Jungs sind wie Kaugummi - süß und leicht um den Finger zu wickeln (German Edition)

Titel: Jungs sind wie Kaugummi - süß und leicht um den Finger zu wickeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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machen«, knurrte Anna. »Vielleicht solltest du ohne mich weitergehen.«
    »Kommt gar nicht infrage«, sagte ich gut gelaunt und sah auf meine Liste. Diese Müllers gleich nebenan wollten vier Stühle rausrücken. Petermanns auch und der dicke Mann mit Glatze würde sechs Gartenstühle vorbeibringen. Ellerbergs hatten nur Biertische und -bänke und die Leute aus dem blauen Haus an der Ecke nur Philippe-Starck-Designer-Stühle, die sie prinzipiell nicht verliehen. Wir brauchten also noch mindestens fünfzehn Stühle. Und jetzt hatten wir wirklich Pech. In Nummer 11 bis 7 machte uns keiner auf, bei Nummer 5 nur ein kleiner Junge, der zwar sofort alle Stühle herausgeben wollte, aber allein zu Haus war. Die geraden Hausnummern gegenüber befanden sich erst im Rohbau und waren noch unbewohnt. Nummer 11 bis 7 waren stuhlreiche Familien, hier waren wir bisher immer fündig geworden, so aber mussten wir weiter in Galaxien vordringen, die nie ein Stühlesammler zuvor gesehen hatte.
    Die Leute in Nummer 3 waren nett, sie kannten Oma zwar überhaupt nicht, erklärten sich aber spontan bereit, sieben ihrer Stühle dort vorbeizubringen.
    »Fehlen immer noch acht«, sagte Anna. »Ich hasse diesen Job. Wahrscheinlich müssen wir heute noch sämtliche Querstraßen abklappern.«
    Ich hopste fröhlich weiter, nicht ahnend, dass mir das Hopsen bald gründlich vergehen würde. Anna drückte die Klinke des Gartentörchens zu Nummer 1 herab und ich meinte zuversichtlich: »Hier gibt es bestimmt alle acht auf einmal. Lass mich nur machen.«
    Die Tür öffnete sich.
    »Guten Tag. Wir sind die Enkelinnen von Frau Mattis aus Nummer 25 a. Wir . . .« Jetzt erst sah ich, mit wem ich da sprach. Vor mir stand tatsächlich und ungelogen Konstantin, Konstantin Drücker! Er starrte mich ziemlich verblüfft an. Ich starrte genauso verblüfft zurück. Ach, du Scheiße!
    Wahrscheinlich hielt er mich spätestens jetzt für komplett bescheuert. Da stand ich einfach so vor seiner Tür und bettelte um Stühle für meine Oma! Oh, wie schrecklich! Wie fürchterlich! Wie unbeschreiblich peinlich! Ich war keines Wortes mehr fähig.
    »Hmpf«, machte ich und fiel leider nicht tot um.
    »Unsere Oma braucht ein paar Stühle für eine Familienfeier, ihre eigenen reichen nicht, und da wollten wir fragen, ob ihr uns vielleicht ein paar leihen könnt«, sagte Anna neben mir. »Sind deine Eltern zu Haus?«
    Mein Gehirn hatte eine Art Schutzwall um mich errichtet. Ich führte das auf den Schock nach erlittener Peinlichkeit dritten Grades zurück. Ich nahm meine Umgebung nur noch wie durch einen Glaskasten wahr, den man mir über den Kopf gestülpt hatte. Ich sah, dass Konstantin wortlos verschwand und wenig später eine Frau erschien, vermutlich seine Mutter. Sie war sehr freundlich und versprach Anna, dass ihre beiden Söhne sogleich acht Esszimmerstühle vorbeibringen würden. Ich in meinem Glaskasten beschloss, mich für den Rest des Tages auf Omas Klo einzuschließen. Und damit jede weitere Begegnung mit Konstantin auszuschließen.
    »Wiedersehen«, sagte die Frau freundlich, und ich machte den Mund auf, um mich zu verabschieden. Stattdessen kam wieder nur ein »Hmpf« aus mir heraus. Am liebsten wäre ich auf der Stelle in ein anderes Sonnensystem gezogen.
    »Komm schon«, zischte Anna und zog mich mit sich. »Was hast du denn?«
    »Das war Konstantin Drücker!«, flüsterte ich.
    »Dein Nachhilfelehrer? Na, der besticht aber nicht gerade durch Charme und Sex-Appeal«, sagte Anna. »Bist du sicher, dass er nicht taubstumm ist? Einen seltsamen Geschmack hast du.«
    Aber ich hörte sie kaum.

    Ein Gutes hatte mein traumatisches Erlebnis immerhin: Ich nahm die Familienfeier auch nur durch diesen imaginären übergestülpten Glaskasten wahr, alle Geräusche, das Stimmengewirr und vor allem Tante Julias durchdringendes Lachen konnten mich nur durch einen angenehm dämpfenden Filter erreichen. Ich war wie in einer anderen, einer eigenen Welt. Ich saß auf einem der Esszimmerstühle aus Nummer 1, die Konstantin und Simon vorbeigebracht hatten – Anna hatte ihnen die Tür öffnen müssen, ich hatte mich, wie beschlossen, auf dem Klo in Sicherheit gebracht. Ich schwieg und ernährte mich allein von der Hoffnung, dass dies der Stuhl sei, auf dem Konstantin sonst immer saß. Konstantin, der jetzt Gott weiß was von mir dachte.
    Erst am Abend, als man von Kaffee und Kuchen unvermittelt zu Gulaschsuppe, Brot und Salaten übergegangen war, löste sich mein Glaskasten sanft

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