Jura für Kids - eine etwas andere Einführung in das Recht
komplizierten Wort «Resozialisierung». Es wäre schön, wenn das immer so klappen würde. Leider sieht die Wirklichkeit anders aus. Viele Straftäter, die aus dem Gefängnis entlassen werden, begehen später wieder Straftaten. Man sagt, sie werden rückfällig. Und schließlich dient die Bestrafung eines Straftäters dazu, andere Menschen von Straftaten abzuhalten. Wenn einer bestraft wird, sehen die anderen, dass es sich nicht lohnt, Straftaten zu begehen. Da sind wir wieder bei der Abschreckung.
3. Wer bestimmt, wie ein Täter bestraft wird?
Die Straftatbestände bestimmen auch, wie ein Täter bestraft werden kann. Das ist deshalb wichtig, weil sich der Richter, der die Strafe verhängt, nicht einfach eine Strafe ausdenken darf. Der Richter kann nicht sagen: Diebe sind ganz schlimme Menschen, und jeder Dieb muss sieben Jahre ins Gefängnis. Der Richter muss im Gesetz nachsehen, welche Strafe das Gesetz für einen Diebstahl vorsieht. Für den Diebstahl sagt das Gesetz: Ein Dieb «wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft». Für mehr als für fünf Jahre kann der Richter einen Dieb also nicht ins Gefängnis schicken.
Na Klasse! Wie soll ein Richter einen Diebstahl denn jetzt bestrafen? Reicht eine Geldstrafe, oder soll der Dieb ins Gefängnis und, wenn ja, für wie lange? Das Gesetz sieht deshalb keine einheitliche Strafe vor, weil jeder Diebstahl anders ist und anders bestraft werden muss.
Wenn Rita Klein in einem Kaufhaus einen Lippenstift im Wert von 15,60 Euro stiehlt, kann sie dafür nicht genauso hart bestraft werden wie Michael Freitag, der aus dem Elektromarkt zwanzig DVD-Spieler im Gesamtwert von 3000 Euro abtransportiert. In beiden Fällen liegt zwar ein Diebstahl vor, der Diebstahl von Frau Klein ist jedoch weniger schwerwiegend als der von Herrn Freitag. Schließlich hat Rita Klein einen viel geringeren Schaden angerichtet. Daher müssen Frau Klein und Herr Freitag unterschiedlich hoch bestraft werden. Um dem Richter diese Möglichkeit zu geben, sieht das Gesetz keine einheitliche Strafe vor, sondern nur einen Strafrahmen. Dieser Strafrahmen gibt dem Richter die Möglichkeit, dem einen Dieb eine geringere und dem anderen Dieb eine höhere Strafe aufzuerlegen, je nachdem, ob es ein leichter oder ein schwerer Diebstahl war. So kann der Richter gegen Frau Klein eine Geldstrafe verhängen und gegen Herrn Freitag eine Gefängnisstrafe von acht Monaten.
Es gibt aber auch Straftatbestände, bei denen der Richter keine Wahl hat, weil das Gesetz nur eine einzige Strafe anordnet. Dies ist bei Mord der Fall. Es gibt keinen leichten und keinen schweren Mord, Mord ist immer gleich schlimm. Daher sagt das Gesetz: «Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.»
4. Geldstrafe oder Gefängnisstrafe?
Unser Recht kennt nur zwei Formen der Strafe, die Geldstrafe und die Gefängnisstrafe. Das war nicht immer so. Im Mittelalter gab es grausame Strafen, so grausam, dass man sie sich eigentlich gar nicht vorstellen möchte. Es gab zum Beispiel die Körperstrafe – Ohren, Nase oder Zunge wurden abgeschnitten, oder es wurde die Hand abgehackt. Oder der Täter wurde an den Pranger gestellt. Der Pranger war eine Säule mitten in der Stadt, und der Täter wurde daran festgebunden. So konnte jeder sehen, dass er etwas verbrochen hatte. Die Menschen durften den Täter auch mit Steinen bewerfen. Nicht selten wurde auch die Todesstrafe verhängt. Die Menschen wurden verbrannt, ertränkt, oder ihnen wurde der Kopf abgeschlagen. Zur Abschreckung wurde der Kopf dann auf Stangen an den Stadttoren befestigt. Weltweit werden noch heute viele Menschen mit dem Tode bestraft. In der Bundesrepublik wurde die Todesstrafe im Jahr 1949 abgeschafft, in der DDR erst 1987. Die schärfste Form der Strafe, die unser Recht heute kennt, ist die lebenslange Freiheitsstrafe.
a. Meistens verhängt der Richter
eine Geldstrafe
Es muss schon eine schlimme Tat vorliegen, wenn der Richter den Angeklagten zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. In den meisten Fällen hält der Richter eine Geldstrafe für ausreichend.
Wenn ein Richter ein Urteil verkündet, dann sagt er nie: «Der Angeklagte wird zu einer Geldstrafe von 2500 Euro verurteilt.» Für den Arbeitslosen, der im Monat 850 Euro zu Verfügung hat, sind 2500 Euro viel, für den Großverdiener, der im Monat 50.000 Euro verdient, lächerlich. Daher gilt folgende Regel: Wer wenig Geld hat, zahlt wenig, wer mehr Geld hat, zahlt mehr. Der Richter sieht sich
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