Jura für Kids - eine etwas andere Einführung in das Recht
Jahre alt ist, kann bestraft werden –
das Jugendstrafrecht
Nur wem klar ist, dass man bestimmte Dinge nicht machen darf, kann bestraft werden. Wenn Felix, das Kleinkind, einen roten Schnuller aus dem Supermarkt mitnimmt, kann seine Mutter weder mit ihm schimpfen noch ihn dafür bestrafen. Noch weniger kann der Staat Felix bestrafen. Felix weiß gar nicht, was er tut. Wer noch nicht seinen 14. Geburtstag gefeiert hat, ist strafunmündig.Etwas vereinfacht ausgedrückt: Der Staat kann ihn nicht bestrafen, egal was er tut.
Leonie ist 13 Jahre alt. Sie braucht für die Party am Abend dringend einen neuen Lippenstift. Schließlich wird der coole Paul auch zur Party kommen. Leonie steht in der Drogerie und sagt sich: «Die haben doch so viele, da fällt doch einer weniger nicht auf.» Sie nimmt sich einen Lippenstift aus dem Regal und steckt ihn ein. Als sie den Laden verlassen will, wird sie vom Ladendetektiv aufgehalten. Leonie bricht in Tränen aus. Wenn das ihre Eltern erfahren!
Leonie hat einen Diebstahl begangen. Weil sie aber noch nicht 14 Jahre alt ist, kann ein Richter sie nicht bestrafen. Der Ladendetektiv wird vielleicht die Polizei informieren, und die wird dann Leonie nach Hause bringen. Leonies Eltern können dann entscheiden, ob und wie sie ihre Tochter bestrafen. Wahrscheinlich werden sie ihr verbieten, abends zur Party zu gehen. Oder sie werden ihr für einen Monat kein Taschengeld zahlen. Es kann auch sein, dass sie von Leonie verlangen, dass sie sich bei dem Geschäft für den Diebstahl entschuldigt. Mehr kann Leonie aber nicht passieren.
Ab ihrem 14. Geburtstag sind junge Menschen keine Kinder mehr. Sie sind Jugendliche und sollten gelernt haben, was man darf und was man nicht darf. Daher sind sie ab jetzt strafrechtlich verantwortlich, und der Staat kann sie für einen Diebstahl oder für eine Schlägerei bestrafen. Der Staat ist bei Jugendlichen aber noch nicht so streng wie bei Erwachsenen. Jugendliche sind noch keine Erwachsenen. Jugendliche sind auf dem Weg zum Erwachsenwerden, sie sind «halb Kind» und «halb Erwachsener». Auch wenn sie etwas «anstellen», sind die meisten von ihnen – nicht alle – in der Welt der Kriminalität nicht zu Hause. Die häufigsten Delikte, die Jugendliche begehen, sind Körperverletzungen, Sachbeschädigungen, und Ladendiebstähle. Oft begehen sie Straftaten aus Übermut und Leichtsinn. Auch der Gruppenzwang– «Mensch, du Feigling, mach doch mit» – spielt eine große Rolle. Das ist keine Entschuldigung, aber doch eine Erklärung dafür, warum sich Jugendliche zu Straftaten hinreißen lassen und nicht richtig überblicken, was sie eigentlich tun. Deshalb gilt für Jugendliche nicht das gleiche Strafrecht wie für Erwachsene. Für Jugendliche gilt ein milderes Strafrecht, das Jugendstrafrecht. Das Jugendstrafrecht will nicht bestrafen, es will dem Jugendlichen klar machen, warum er zukünftig keine Straftaten mehr begehen soll. Dieser Gedanke, den Jugendlichen zu einem straffreien Leben zu erziehen, zeigt sich auch in den «Strafen», die der Richter gegen Jugendliche verhängen kann. Oft sind es richtige «Denkzettel»:
Patrick Jung ist 16 Jahre alt. Er geht noch zur Schule und wiederholt die 9. Klasse. Patrick hat zwei Freunde, Niklas und Thorben. Die drei sind auf dem Schulhof gefürchtet. Wenn sie knapp bei Kasse sind, «rippen» sie ab. So zum Beispiel: Patrick, Niklas und Thorben umringen in der Pause Conrad und sagen: «Mensch, coole Jacke. Hat die dein Vater gekauft? Lass mal sehen. Richtig cool. So eine hätte ich auch gern. Mein Alter hat aber nicht so viel Kohle. Wenn du die Jacke behalten willst, dann gib uns 30 Euro. Sonst gibt’s Schläge nach der Schule. Und zwar richtige. Hast du verstanden?» Aus Angst vor den Prügeln gibt Conrad den dreien die geforderten 30 Euro.
Was die drei Freunde harmlos als «abrippen» bezeichnen, ist Erpressung. Erpressung kann mit einer Geld- oder Gefängnisstrafe bis zu fünf Jahren bestraft werden. Eine Geldstrafe macht für die Jugendlichen keinen Sinn. Sie gehen noch zur Schule und verdienen kein eigenes Geld. Ihre Eltern müssten für sie die Strafe bezahlen, was aber nicht Sinn einer Strafe ist. Es bliebe nur eine Gefängnisstrafe, die aber wäre übertrieben und auch nicht gut für die drei. Im Gefängnis wären sie dem schlechten Einfluss der Mitgefangenen ausgesetzt, die im Zweifel das «Abrippen» gut finden. Nein, die drei Jungs müssen nicht bestraft, sondern erzogen werden. Dazu hat das
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