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Jura für Kids - eine etwas andere Einführung in das Recht

Jura für Kids - eine etwas andere Einführung in das Recht

Titel: Jura für Kids - eine etwas andere Einführung in das Recht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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sind verboten
    Auch wenn dir jemand Unrecht getan hat, darfst du nicht zu Hammer oder Pistole greifen, um den anderen dafür zu bestrafen oder um dich zu rächen. Recht darfst du nicht selbst sprechen. Und Recht darfst du nicht selbst durchsetzen. Das wäre Selbstjustiz, und die ist verboten. Aber wieso eigentlich? Warum darf ich mich nicht rächen, wenn mir einer etwas Böses getan hat? Warum darf ich nicht dem, der mir letzte Woche meinen Fußball weggenommen hat, eine runterhauen und mir meinen Fußball mit Gewalt zurückholen? Kurz gesagt: Weil das Mord und Totschlag geben würde.
    Fall 3: «Selbstjustiz»
    Der bekannteste Fall von Selbstjustiz ist der Fall «Marianne Bachmeier». Marianne Bachmeier hat den Mörder ihrer Tochter Anna erschossen.
    Am 5. Mai 1980 hat Klaus Grabowski die siebenjährige Anna von der Straße gelockt und mit einer Strumpfhose erdrosselt. Während der Gerichtsverhandlung ist auch die Mutter des ermordeten Mädchens, Marianne Bachmeier, anwesend. Sie zieht plötzlich eine Pistole und schießt auf Klaus Grabowski, der noch im Gerichtssaal stirbt.
    Das Landgericht Lübeck verurteilt Marianne Bachmeier am 2. März 1983 wegen Totschlags zu sechs Jahren Gefängnis.
    Wegen Selbstmordgefahr wird Marianne Bachmeier nach drei Jahren aus dem Gefängnis vorzeitig entlassen. Die Menschen haben viel über diesen Fall diskutiert. Viele hatten Verständnis dafür, dass die Mutter den Mörder ihrer Tochter umgebracht hat. Sie waren der Meinung, dass nur so Gerechtigkeit geschehen sei. Jeder Mörder komme aus dem Gefängnis irgendwann wieder heraus. Das Kind sei aber für immer tot. Andere haben gesagt, niemand dürfe über einen anderen urteilen. Dies müsse man den Richtern überlassen.
    Wenn jeder so handeln würde wie Marianne Bachmeier, gäbe es ein heilloses Durcheinander. Das schon deshalb, weil die Menschen eine unterschiedliche Vorstellung davon haben, was gerecht ist und was nicht. Marianne Bachmeier fand die Todesstrafe für den Mörder ihrer Tochter gerecht. Gegner der Todesstrafe finden das wiederum ungerecht. Was also ist gerecht und was nicht? Wenn jeder für sich selbst entscheiden dürfte, was Recht ist, würde jeder gegen jeden um sein «Recht» kämpfen. Jede Ordnung des Zusammenlebens würde in diesen Kämpfen untergehen. Und damit das nicht passiert, ist die Selbstjustiz verboten.
2. Aber wehren darf man sich – die Notwehr
    Während die Selbstjustiz verboten ist, gilt etwas anderes für die Notwehr – die ist erlaubt. Greift dich einer an, dann darfst du dich wehren, um den Angriff abzuwehren. Du musst dir den Angriff also nicht gefallen lassen, sondern du darfst das tun, was notwendig ist, um den Angriff sofort zu beenden.
    Frieder Freifuß will unbedingt einen roten «iPod». Leider kann er sich ihn nicht leisten. Deshalb nimmt er sich das Gerät heimlich aus dem Regal und rennt damit aus dem Laden. Der Angestellte Tom Fleißig sieht das und rennt Frieder Freifuß hinterher. Er erwischt ihn und wirft ihn zu Boden. Frieder Freifuß erleidet eine Gehirnerschütterung, weil er mit dem Kopf auf dem Boden aufschlägt, und einen Bluterguss am Oberschenkel.
    Tom Fleißig hat sich nicht strafbar gemacht. Zwar hat er eine Körperverletzung begangen, in diesem Fall durfte er das aber. Er musste nicht tatenlos zusehen, wie Frieder Freifuß mit dem roten «iPod» verschwindet.
    Wir leben aber nicht im Wilden Westen. Dort hat der Cowboy gleich den Revolver gezogen, den Pferdedieb erschossen und sich danach den geklauten Gaul zurückgeholt. Das erlaubt die Notwehr nicht. Wer angegriffen wird, darf nur tun, was unbedingt notwendig ist, um den Angriff zu beenden. Mehr nicht. Tom Fleißig durfte Frieder Freifuß aufhalten, auch wenn sich Frieder Freifuß dabei verletzt. Tom Fleißig hätte Frieder Freifuß aber nicht noch zusätzlich aus Wut verprügeln dürfen.
     
3. Der Staat setzt das Recht
für den Bürger durch
    Der Staat verlangt von seinen Bürgern, dass sie auf Selbstjustiz verzichten und dass sie ihr «Recht» nicht eigenmächtig gewaltsam durchsetzen. Als Gegenleistung für diesen Verzicht verspricht der Staat seinen Bürgern, dass er ihnen bei einem Streit zu ihrem Recht verhilft. Was bedeutet das konkret? Einmal, dass nur die staatlichen Gerichte jemanden verurteilen und bestrafen dürfen. Aber nicht nur das.
a. Mein Geld darf ich mir nicht selber holen
    Auch wenn ein Richter entschieden hat, dass du im Recht bist, darfst du mit diesem Urteil in der Hand nicht selber losziehen

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