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Just Listen - Roman

Just Listen - Roman

Titel: Just Listen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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hätte ich erstmals freie Sicht auf alles und jeden   – Zuschauer, Richter, Staatsanwälte, Verteidiger   – gehabt, beschloss aber, mich einzig auf den Gerichtsdiener zu fixieren, der neben dem Zeugenstand auf mich wartete. Ich setzte mich. Spürte, wie mein Herz schlug, als ich auf seine Fragen antwortete und der Richter mir zunickte. Erst als der Staatsanwalt aufstand und sich mir zuwandte, gestattete ich mir einen Blick auf Will Cash.
    Als Erstes stach mir nicht sein schicker Anzug ins Auge oder sein neuer Haarschnitt: stoppelkurzer Bubischnitt; sollte ihn wahrscheinlich jünger und unschuldig wirken lassen. Auch sein Gesicht   – zusammengekniffene Augen,verkrampfter Mund   – nahm ich gar nicht wirklich wahr. Alles, was ich sah, war der dunkle Ring unter seinem linken Auge, seine gerötete Wange. Man hatte versucht, das Veilchen zu überschminken, aber es war trotzdem deutlich erkennbar. Klar wie der helle Tag.
    »Nennen Sie uns Ihren Namen fürs Protokoll, bitte«, forderte der Staatsanwalt mich auf.
    »Annabel Greene.« Meine Stimme zitterte.
    »Kennen Sie William Cash, Annabel?«
    »Ja.«
    »Könnten Sie ihn uns bitte zeigen?«
    Nachdem ich so lange geschwiegen hatte, kam es mir vor, als hätte ich in den letzten vierundzwanzig Stunden ununterbrochen geredet. Aber mit etwas Glück war das hier für lange Zeit das letzte Mal, dass ich reden musste. Vielleicht fiel es mir deshalb nicht allzu schwer, mich zu beruhigen, tief durchzuatmen, loszulegen.
    »Da.« Ich hob die Hand, deutete auf ihn. »Da sitzt er.«
    ***
     
    Als es vorbei war, liefen wir durch die dunkle Eingangshalle des Gerichtsgebäudes in die Mittagssonne hinaus, die so hell war, dass meine Augen einen Moment brauchten, um sich daran zu gewöhnen. Und dann, bevor ich irgendetwas anderes wahrnehmen konnte, entdeckte ich Owen.
    Er saß auf dem Brunnenrand, trug Jeans sowie ein weißes T-Shirt , hatte eine blaue Jacke darübergezogen und seine Kopfhörer baumelten um seinen Hals. Es war um die Mittagszeit, der Platz wimmelte von Menschen: Geschäftsleute mit Aktentaschen, Studenten von der Uni, eineGruppe Vorschüler, die sich an den Händen hielten und brav in einer Reihe liefen. Als Owen mich sah, stand er auf.
    »Was haltet ihr davon«, fragte meine Mutter, strich mir mit der Hand über den Arm, »wenn wir alle zusammen etwas essen gehen? Was meinst du, Annabel? Hast du Hunger?«
    Ich blickte zu Owen hinüber, der mich aus der Ferne beobachtete, Hände in den Taschen. »Ja. Nur einen Moment, bitte.«
    Als ich die Treppe hinunterlief, hörte ich, wie mein Vater fragte, wo ich hingehe, und meine Mutter antwortete, sie habe keine Ahnung. Bestimmt blickte mir meine gesamte Familie nach; doch ich schaute mich beim Überqueren des Platzes nicht um, sondern ging schnurstracks auf Owen zu. Er machte ein ganz seltsames Gesicht, trat von einem Fuß auf den anderen. So hatte ich ihn noch nie erlebt. Offenbar war ihm ziemlich unbehaglich zumute.
    »Hey«, sagte er rasch, sobald ich in Hörweite gekommen war.
    »Hallo.«
    Er holte tief Luft, wollte etwas sagen, ließ es aber, rieb sich mit der Hand übers Gesicht. »Hör mal, mir ist klar, dass du stinksauer auf mich sein musst.«
    Was jedoch merkwürdigerweise gar nicht stimmte. Als er nicht auftauchte, war ich erst überrascht, dann besorgt gewesen. Doch die ganze Erfahrung im Gericht, die hinter mir lag, hatte mich dermaßen umgehauen   – war allerdings gleichzeitig wie eine Erlösung gewesen   –, dass ich Owen, nachdem ich den Zeugenstand betreten hatte, fast vergessen hatte. Das wollte ich ihm gerade erzählen, doch er hatte bereits wieder zu sprechen angefangen.
    »Ich hätte da sein müssen. Punkt. Ich habe keinerlei Entschuldigung.« Er sah zu Boden, schabte mit dem Fuß übers Pflaster. »Ich meine, es gibt schon einen Grund. Aber keine Entschuldigung.«
    »Owen. Du brauchst   –«
    »Es ist etwas passiert.« Seufzend schüttelte er den Kopf, lief hochrot an, hibbelte peinlich berührt von einem Bein aufs andere. »Etwas Idiotisches. Ich habe einen Fehler gemacht, und   …«
    Plötzlich   – aber wirklich erst jetzt   – fiel bei mir der Groschen, konnte ich mir alles zusammenreimen: dass Owen nicht da gewesen war, jetzt vor lauter Verlegenheit fast im Boden versank und Will Cash ein blaues Auge hatte.
Ach du liebe Zeit
, dachte ich.
    »Owen«, sagte ich leise. »Das ist nicht dein Ernst.«
    »Ich habe die Situation falsch eingeschätzt«, sagte er schnell. »Und ich bereue es

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