Justin Mallory 01 - Jäger des verlorenen Einhorns
bräuchte ich keinen Detektiv, oder?«, sagte Murgelström gereizt.
»In Ordnung«, sagte Mallory. »Versuchen wir es mal anders. Wem gehört das Einhorn?«
»Sehr gut, John Justin!«, sagte Murgelström enthusiastisch. »Das ist eine viel bessere Frage.«
»Dann beantworte sie.«
»Das kann ich nicht.«
»Du weißt nicht, wem das Einhorn gehört?«
»Das ist richtig.«
»Woher willst du dann wissen, dass er dich umbringt, wenn du es nicht bis Sonnenaufgang zurückbringst?«
»Oh, er wird mich nicht umbringen«, sagte Murgelström. »Er erhält gar nicht die Chance.«
»Wer dann?«
»Meine Gilde.«
»Deine Gilde?«
Der kleine Elf nickte. »Wir bewachen wertvolle Habseligkeiten - Edelsteine, erleuchtete Manuskripte, diese Art Habseligkeiten. Unser Leben ist verwirkt, wenn wir in unserer Pflicht versagen.« Er schnitt eine Grimasse. »Deshalb musste ich dich beauftragen. Ich konnte nicht sehr gut zu meiner Gilde gehen und dort erzählen, was passiert ist. Sie hätten mich in Stücke geschnitten.«
»Wann wurde das Einhorn gestohlen?«
»Um die Mittagszeit. Es war das erste Einhorn, das mir anvertraut wurde. Ich dachte, ich könnte es unbedenklich für einige Minuten allein lassen.«
»Wozu hast du dich davongemacht?«, fragte Mallory.
Murgelström wurde dunkelgrün. »Das möchte ich lieber nicht sagen.«
»Also bumsen sogar Elfen.«
»Verzeihung?«, explodierte der Elf wütend. »Es war ein schönes und sehr bewegendes romantisches Stelldichein! Ich lasse nicht zu, dass du so billig und geschmacklos darüber redest.«
»Vor allem war es dumm«, bemerkte Mallory ironisch. »Sie hätten dich nicht dafür bezahlt, das verdammte Tier zu bewachen, wenn nicht die Gefahr bestanden hätte, dass es jemand womöglich stiehlt.«
»Der Gedanke ist mir auch gekommen«, sagte Murgelström unglücklich.
»Zweifellos nach dem Ereignis.«
»Als ich zu Rittersporn zurückkehrte«, räumte der Elf ein.
»Bescheuert«, fand Mallory.
»Woher sollte ich das ahnen?«, verlangte Murgelström zu wissen. »Nichts war die ersten sechs Male passiert, als ich mich aufmachte, dem Sirenengesang der Liebe zu folgen.«
»Wie lange genau war dieses Einhorn in deiner Obhut?«, fragte Mallory.
»Nicht ganz fünf Stunden.«
»Und in dieser Zeit hast du dich zu sieben romantischen Stelldicheins davongemacht?«
»Ich wirke vielleicht unnahbar und respekteinflößend«, sagte der kleine Elf, »aber ich habe Bedürfnisse wie jeder andere auch.«
»Du hast Bedürfnisse wie niemand sonst«, entgegnete Mallory beeindruckt.
»In Ordnung!«, explodierte Murgelström. »Ich bin nicht perfekt! Verklag mich doch!«
Mallory zuckte zusammen. »Schrei nicht«, sagte er. »Es war ein langer Tag, und ich habe eine Menge getrunken.«
»Dann hör auf, mich schlecht zu machen.«
»Ich kann noch viel mehr«, sagte Mallory. »Wenn du mir auf die Nerven gehst, kann ich aufhören, dir zu helfen.«
»Nein!«, schrie der Elf, und Mallory fuhr schmerzhaft zusammen.
»Bitte«, fuhr Murgelström in leiserem Ton fort. »Tut mir leid, dass ich die Nerven verloren habe. Das liegt an meinem leidenschaftlichen Wesen. Es kommt nicht wieder vor.«
»Bis zum nächsten Mal.«
»Ich verspreche es«, sagte Murgelström.
Auf einmal wurde der Zug langsamer und hielt.
»Sind wir da?«, fragte Mallory, als die Türen aufgingen.
»Nächste Haltestelle«, antwortete der Elf.
Mallory drehte sich zur Tür um und betrachtete die Fahrgäste, die einstiegen. Es waren drei Elfen, ein rotgesichtiger kleiner Mann mit rotem Schnurrbart und einem langen Mantel, der den zuckenden Echsenschwanz nicht ganz verbergen konnte, und eine elegant gekleidete ältere Dame, die ein kleines, geschupptes Mähnentier an einer Leine führte. Ein Gnom der U-Bahn stürmte noch in den Wagen, als die Türen schon zuglitten, scherte sich nicht weiter um die Ledergarnituren und lehnte sich an die Wand gegenüber, rutschte daran langsam auf den Boden hinab und starrte die ganze Zeit lang Mallory an.
»Ich wünschte wirklich, dass wir sie nicht in der ersten Klasse mitnehmen würden«, beschwerte sich Murgelström leise und deutete mit dem Kopf auf den Gnom. »Sie stören das Ambiente.«
»Andererseits«, bemerkte Mallory, »wirkt die alte Dame vollkommen normal.«
»Warum sollte sie auch nicht?«
»Sie sieht danach aus, als gehörte sie in mein Manhattan, nicht in deins.«
»Das ist Mrs Hayden-Finch«, flüsterte Murgelström. »Früher hat sie Minipudel gezüchtet.« Er seufzte
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