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Titel: K Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T McCarthy
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dickflüssig hält. Serge schließt die Augen und denkt sich, es sei aus Schellack und der Bug der Borromeo eine Grammophonnadel, die über die Rillen einer riesigen Scheibe hüpft. Mit der Zeit wird dieses Bild so stark, dass Serge meint, draußen vor der Kabine stünde ein Berliner Grammophon, eines, das irgendwer aus irgendeinem Grund auf dem Korridor vor seiner Tür abgestellt hat. Er hört es deutlich, hört es in sich wiederholenden Variationen:
    Tintenschwarz die Mitte
Tintenschwarz die Mitte des Landes
Tintenschwarz die Mitte des
    Immer wieder diese Worte, die schließlich einer einzigen Silbe weichen:
    klod, klod, klod, klod …
    Ein Wort oder Nicht-Wort, das sich irgendwann wandelt, Provenienz und Status ändert, bis daraus ein Klopfen an der Kabinentür wird.
    »Wer ist da?«, ruft Serge, zumindest meint er dies zu tun.
    »Thod, thod, thod, thod …«, ruft eine Stimme zurück. Die Tür schwingt auf, und ein Steward tritt ein.

    »Bodner?«, fragt Serge.
    Der Steward sagt etwas, doch ergibt seine Antwort keinen rechten Sinn. Er verhaspelt sich, stottert.
    »Bring das Berliner rinn«, sagt Serge. »Herein, meine ich.«
    »Das Was ins Was, Sir?«, fragt der Steward, der eine Art Klemmbrett in der Hand hält.
    »Das Tintenfass«, erwidert Serge.
    Der Steward geht kurz weg und kehrt mit einem Handwagen zurück, auf dem große, schwarze Maschinenteile liegen. Obwohl in Größe und Form verschieden, sind sich die Teile äußerlich ähnlich: Serge sieht ihnen an, dass sie zu einem einzigen, großen Apparat gehören. Der Steward fährt mit dem Finger die Liste auf dem Klemmbrett ab, bis er den gesuchten Eintrag gefunden hat, tippt mit der Fingerspitze zweimal auf die Stelle, wo der entsprechende Abschnitt beginnt, und sagt zu Serge: »Ist ein inset Inset.«
    »Was soll das denn sein?«, fragt Serge.
    »Ist in Sektionen«, erwidert der Steward, ohne die Lippen zu bewegen.
    Serge will ihn erneut fragen, was das für ein Ding ist, aber seine Lippen wollen sich ebenso wenig bewegen. Er kann rein gar nichts bewegen – jedenfalls nicht absichtlich. Nur dank der schlaksigen, rebellischen Bewegungen, zu denen er wie zuvor von woanders genötigt wird, sieht er sich, nachdem der Steward gegangen ist, über den Boden kriechen, mit den Fühlern nach den einzelnen Maschinenteilen greifen und den Apparat zusammensetzen. Segmente fügen sich mit umstandsloser Leichtigkeit zusammen. Er weiß auf Anhieb, wohin sie gehören, und sie wissen es auch. Bald hat er das ganze Ding in seiner vollen gewölbten, säulen-, knauf- und nadelbestückten Pracht zum Laufen gebracht. Es ist ein Rundfunkgerät wie das, mit dem er sich letzte Nacht vereinte,
nur eine bessere Version, ein verfeinertes Modell, ein Mark II. Als er die erste klare Frequenz findet, drängt eine Stimme aus dem Apparat und meldet, als wäre dies ihr Rufzeichen: »Inzest-Radio.«
    Serge ölt die Wählscheibe mit seinem Schweiß und macht sich ans Werk, spürt den Kabinenstationen nach, die er letzte Nacht empfangen hat, den Stationskammern, und verlegt sie, sobald er sie empfängt. Es geht darum, jede einzeln zu erfassen, die Parameter, die Wände zu ertasten, sie dann intakt anzuheben und im Ganzen umzusetzen: das Zimmer mitsamt der darin stattfindenden Konversation. Im Übertrag quillt einiges heraus, tröpfelt in anderes, verzerrt und verfälscht die eigene Konversation und mehrt das allgemeine Getöse – doch weiß Serge, wenn er nur methodisch eine nach der anderen erfasst und verlegt, wird er schließlich auch jene entdecken, nach der er sucht, die spezielle Kammer. Er spürt ihre Musik näher kommen, die Melodie Form annehmen; selbst die Stimmen werden klarer, der Ton präziser. Im Einklang mit diesem Näherrücken und Sich-Verschärfen und darauf eins zu eins mit perfekter technologischer Anpassung reagierend, fühlt er, wie seine Erregung, sein Verlangen wächst, bis zum Äußersten von dem Wissen angefacht, dass nichts je wichtiger ist, war oder sein wird als die erfolgreiche Erfüllung der Aufgabe, der er sich nun stellt. Und endlich, ob nach Minuten oder Stunden, wüsste er nicht zu sagen, ist es so weit: Die Kammer selbst rückt in Sicht und öffnet sich ihm, und er sieht sich von ihren Geräuschen, ihren Signalen umspült – nicht nur von den gesendeten, aus der Ferne empfangenen Geräuschen und Signalen, sondern vom Quell geräusch selbst, vom Ur signal im Moment des Entstehens –, befindet er sich doch direkt im Mittelpunkt der Zeremonie, ist ihr

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